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An Johanna Frommann

Theuerste Freundinn,

Für eine recht hübsche Brieftasche hoffte ich Ihnen zu danken, nun überrascht mich eine sehr schöne, die mir ein außerordentlicher Vergnügen macht. Dank! den besten Dank! saß Sie mich auf ewig vor der Versuchung gerettet haben, meine liebsten Papierschätze, wie Beyreis seinen Diamanten, wie Werner seine Sonette, auf eine wunderliche Weise zu verwahren und zu produciren. Eben diese Sonette voll feuriger himmlischer Liebe sind nun an einen Seite des Portefeuilles eingeschoben, die sich auf diesen Gehalt schon sehr viel einzubilden scheint. Jetzt bleibt uns [479] nichts übrig als an der andern Seite, durch ein zwar irdisches und gegenwärtiges, aber doch auch warmes und treues Wohlmeynen und Lieben eine Art von Gleichgewicht hervorzubringen. In der Mitte mag dann Fremdes Platz finden, heiter gefühlvoll – wie's zutrifft. Sehr angenehm ist mir dieses Zusammensammeln und anreihen, in der Hoffnung bald etwas davon mittheilen zu können. Da es aber sehr ungewiß ist wann ich wieder zu dem Glück gelange, so mache ich einen Versuch dasjenige, was Sie an mir durch Nadeltische gethan haben, durch Lettern und Sylben zu erwiedern. Nehmen Sie die alten Bekannten freundlich auf, ich hoffe das Übrige bald nachsenden zu können.

Wie schmerzlich es war, unsre Erwartung Sie hier zu bewirthen auf einmal getäuscht zu sehen, sollten Sie mitempfinden. Möge doch die Sorge für die liebe Allwine sich immer vermindern mehr zugesichert werden. Gestern Abend, zu August Geburtstag, habe ich Sie sämmtlich hergewünscht, die theatralischen Freunde spielen ein kleines Stück wovon ich die Affiche beylege. Es war sehr artig. Auch von ich die Zettel angebotner Sämereyen. Wir lassen alle Jahre aus dieser Handlung kommen und sind sehr wohl damit zufrieden. Mögen Sie auch etwas bestellen, so verschreibe ich's mit. Hierbey bin ich nicht sie ganz uneigennützig als Sie glauben [480] könnten, diesen Sommer hoffe ich manches davon bey Ihnen zu genießen. Bey Bischoffs ist für mich eingemiethet und ich werde einmal ganz ernsthaft ein Bewohner von Jena seyn. Das Schloß soll hergestellt, das Museum heruntergeschafft, die obere Etage wohnbar eingerichtet werden. Was werde ich nicht alles dabey zu thun haben und mir zu thun machen. Leben Sie recht wohl mit den Lieben Ihrigen. Verzeichen Sie meine Schreibseligkeit, sie überfällt mich noch seltner als die Redseligkeit. Ich schließe und packe ein, in Hoffnung Herrn Frommann Gegenwärtiges mitzugeben. Viel Empfehlungen an das Seebeckische werthe Paar. Unterstützen Sie meine Bitte bey Minchen. Das Packet bringt Herr Frommann.

W. den 26. Dec. 1807.

Goethe. [481]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1807. An Johanna Frommann. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6EEA-B