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An Alexander von Humboldt

Gruß und Sendung durch Herrn Bredt von meinem verehrten und geprüften Freunde war mir höchst erquicklich; in Eile schlug ich den Band grad in der Mitte ohne Zaudern auf und stürzte mich mit Ihnen in die wildesten Gegenden, wo mächtige Flüsse nicht allein für sich unaufhaltsam dahin strömen, sondern sich auch, auf eine nicht entdeckte Weise, zu vereinigen suchen. Sie sehen daraus, daß ich gleich in medias res gesprungen bin; wie will man Ihnen aber nur einigermaßen beykommen, wenn man nicht so anfinge.

[237] Nun darf ich von mir mit der größten Wahrhaftigkeit sagen, daß ich Sie nie aus dem Sinne gelassen, mit frommen Wunsch und treuem Willen Sie jederzeit begleiten.

Wie ich denn hinzusetzen muß, daß unter den angenehmsten Erinnerungen früherer Zeit mir das Zusammenleben mit Ihnen und Ihrem Herrn Bruder immer ein lichtester Punct bleibt: denn wie viele hoffnungs- und thatenreiche Anfänge habe ich denn in meinem Leben so folgereich fortsetzen und glanzreich wachsen sehen?

Es thut mir sehr wohl, und ich danke Ihnen, daß Sie mir Gelegenheit geben, dieses auszusprechen; hiernach aber kann ich mich nicht enthalten, auch von mir soviel zu sagen, daß ich diesen Winter durch entschiedenste Einsamkeit und durch diäteste Schonung mich besser befunden als seit vielen Jahren und meine Zeit auf mancherley Weise genutzt habe, dergestalt, daß ich auf der Jubilate-Messe ordentlich einmal wieder als Autor erscheine. Wäre es geziemend, Käuzlein nach Athen zu tragen, so sollte Ihnen auch etwas von solcher Brut zu Hause kommen.

Von Ihrem Herrn Bruder habe lange nichts unmittelbar vernommen, durch Freunde jedoch, daß er einen meiner alten sehnlichsten Wünsche zu erfüllen gedenkt, eine anschauliche Charte auszuarbeiten, wie die Sprachen über das Erdenrund ausgetheilt sind. Er hatte früher die Gefälligkeit, mir in einem ähnlichen[238] Unternehmen beyzustehen, wovon ich noch allerliebste Mittheilungen verwahre; da ich aber von den Dämonen öfters hin und wieder geführt werde, und manches Gute durchzusetzen mir nicht immer gelingt, so bin ich höchlich erfreut, daß ich ihm als dem echten und geeigneten Freunde diese befriedigende Belehrung schuldig werde.

Und so mit aufrichtigen Wünschen und dringender Empfehlung.

Weimar den 16. May 1821.

Goethe.


[Beilage.]

Unter dem Titel: Weimarische Pinakothek ist das erste Heft der vor einem Jahre angekündigten Nachbildungen merkwürdiger, in großherzoglichen Bibliotheken, Sammlungen und Museen befindlicher Kunstgegenstände in Steindruck erschienen; es enthält vier Blätter:

1. Der lustwandelnde Sokrates nach Carstens.

2. Das Bildniß des Malers Crayen, nach A. van Dyck.

3. Studium von Leonardo da Vinci, nach Natur.

4. Das Capitol von der Seite; ein Blatt Text in gleichem Folioformat wie das Übrige.

Der Preis ist 3 Thaler Sächsisch.

Bey Professor Müller in Commission zu haben.

Weimar den 17. May 1821.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1821. An Alexander von Humboldt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6F03-3