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An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Ihren liebwerthen Brief, mein Theuerster, erhalt ich erst den 12. August, da er doch vom 5. geschrieben ist; dieser geht erst den 13. von Weimar ab, wohin ich ihn durch einen Boten sende, da reitend keine directe Communication zwischen Jena und Berlin ist.

[150] Möchten Sie doch Ihre Herreise mit Ihrem werthen Begleiter auf gut Glück unternommen haben! Sie sind mir beide herzlich willkommen; meine Zustände kennen Sie schon, Sie finden mich in den verfallenen Mauern des botanischen Gartenhauses so schlecht eingerichtet wie möglich. Keinen Tisch kann ich ihnen anbieten. Kehren Sie in dem Ihnen bekannten Gasthofe ein. Herr Rauch findet eine lustig ruhige Werkstatt bey mir, und da ich gerad in dem Fall bin, dringende Arbeiten bey Seite geschafft zu haben, so können wir die meisten guten Stunden des Tags gut benutzen.

Möge diese Verspätung Sie nicht abhalten von Ihrem Vorsatz, der für uns sämmtlich gewiß höchst fruchtbar seyn wird. An Ihrer Theilnahme, an Ihrem Mitfortleben hab ich nicht gezweifelt; man braucht sich's nicht immer zu sagen, daß man sich liebt.

Im Moment da Ihr Brief ankommt, geht die Kiste fort, der Fuhrmann hat mir die Auslagen bezahlt, wie ich den vorhergehenden. Es wird sehr schön seyn, daß Sie unser Gutachten mündlich vernehmen und uns Anleitung geben, wie wir uns diplomatisch schriftlich verhalten sollen.

Möge diese Post-Unbehülflichkeit der Jenaischen Lage, (denn in Weimar erhalten wir die Berliner Briefe schnell), Ihren Vorsatz nicht ändern!

Herr Rauch sey nochmals schönstens gegrüßt, es[151] hält mich nichts ab, seinem freundlichen Willen zu verschwindenden Formen auf die bereitwilligste Weise zu begegnen.

Auch ich denke mir manches, Sie zu bewillkommnen; mein Aufsatz über entoptische Farben ist bis zu Ihrer Ankunft abgedruckt. Die Versuche durchzugehen und den Vortrag zu revidiren wird sehr unterhaltend seyn.

Alles Gute!

treulichst

Jena den 12. August 1820.

Goethe.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1820. An Christoph Ludwig Friedrich Schultz. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-709C-6