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An Johann Heinrich Meyer

[Concept.]

Sie erhalten hiebey, mein Bester, den mir mitgetheilten Brief zurück, worauf ich, mit dankbarster Anerkennung des mir gegönnten gnädigsten Andenkens,[108] nur soviel erwidern kann: es sey wohl möglich, daß ein junger Mann solches Namens an mich geschrieben, auch, wie er andeutet, einige Gedichte geschickt habe; weil ich jedoch solche Sendungen, deren gar viele bey mir einlangen, ohne weitere Untersuchung bey Seite lege; so bin ich wirklich nicht im Stande, weder von ihm noch von seinen Talenten irgend eine Auskunft zu geben.

Hiebey erhalten Sie sodann den Catalog einer vorübergegangenen Auction mit Preisen, welchen wir der Gefälligkeit des jungen Weigels verdanken. Er ist merkwürdig, weil man die Hochschätzung gewisser Blätter daraus abnehmen kann. Die Verkäufer waren mit den Kupferstich-Preisen zufrieden, weniger mit dem Preis der Zeichnungen, welche den vorigen Besitzer weit mehr sollen gekostet haben. Ein neuer Catalog liegt bey, wo ich angefangen habe anzuzeichnen; haben Sie die Güte fortzufahren und etwa auch Preise hinzuzusetzen; sollte etwas höheren Ansichten gemäß darunter gefunden werden, so bezeichnen Sie solches besonders.

Den geschnittenen Stein erwarte mit Vergnügen; dem Abdruck gemäß, den ich mit Aufmerksamkeit beschaue, darf ich ihn wohl der Intention nach fürtrefflich nennen, sowie das Machen geschickt, resolut und verständig.

Das Brockenhaus hab ich benamset, dabey bild ich mir aber ein, es sey ein Sonnenaufgang intentionirt;[109] man geht gewöhnlich auf den Brocken in dem Wahn, man werde die Sonne aufgehen sehen, hier möcht es einmal geglückt seyn, auch scheint mir der kalte Ton des Ganzen, die leichten Wolken und der gilbliche Sonnenschein dahin zu deuten. Sehen Sie es noch einmal darauf an.

Ihrem Ermessen überlasse, mein Theuerster, bey dieser Gelegenheit, da jemand von Berlin aus Unterstützung wünscht, leise zu sondiren: ob Ihro Hoheit nicht geneigt wären, für ein junges Landeskind etwas zu thun, dessen Ältern, durch das neue preußische Zollsystem verarmt, ihm nicht mehr Hülfe reichen können. Er heißt Gräfe, ist aus Buttstädt, hat die dortige Schule frequentirt und, von dem seligen Krause examinirt, ist er löblich entlassen worden. Jetzt fehlt ihm alle Unterstützung; mir ward er zum Gehülfen auf der Sternwarte, sowohl von Professor Posselt, als von Doctor Körner empfohlen, da jedoch diese Stelle auf ein Jahr besetzt ist, so weiß ich ihm außerdem nachhaltig nicht zu helfen, denn die Museumscasse wird dieses Jahr dergestalt von dem Pflanzenreich in Anspruch genommen, daß ich an das Menschenreich weniger denken darf.

Möchten Ihro Hoheit, ein für allemal, oder vierteljährig nur auf ein Jahr, zur Museumscasse etwas verwilligen; so brächte man einen guten Menschen weiter, von dem sich etwas hoffen läßt. Mir ist es mit Mehreren geglückt, da ich die Gelegenheit [110] habe, bey den verschiedenen Anstalten sie als Gehülfen anzustellen, sie zu beurtheilen und weiter führen zu können. Wir haben jetzt einen Apotheker und einen Prosector hier, gemachte Leute, die vor vier, fünf Jahren sich in dem armseligen Zustande befanden wie der gegenwärtig bedürftige. Doch ich möchte mit diesen frommen Gesinnungen auf keine Weise beschwerlich fallen.

Jena den 11. Juli 1820.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1820. An Johann Heinrich Meyer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-70DB-7