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An Sulpiz Boisserée

Marienbad den 17. August 1821.

Ihren lieben, mir wie immer so angenehmen Brief, vom 8. August, erhalte ich erst den 15. in Marienbad; glücklicherweise geht gerade am 16. die selten-fahrende Post von Plan ab, so daß also doch das Manuscript, welches bey mir hatte, zur gewünschten Zeit bey Ihnen sich einfinden wird.

Hätten Sie es nicht abgerufen, so wäre, bey einem so müßigen Aufenthalte, mein Aufsatz darüber, wenigstens schematisch, zu Stande gekommen. Doch das thut nichts, da ich das Ganze innig und theilnehmend in Sinne und Geiste hege, und stets daran denke.

Einem vorzüglichen, von der Welt abgesonderten, mir jetzt wandnachbarlichen Manne gönnte ich die Mittheilung und das Anschauen der mir verliehenen Probedrücke; die daraus entsprungene Wirkung freute mich sehr. Auf einen gründlichen, klaren Vortrag darf man hoffen und vertrauen.

Auch die Legende soll mir Gelegenheit geben, anmuthig zu seyn; senden Sie mir die Aushängebogen, so wirkt mein guter Wille früher, da [50] Kunst und Alterthum sich langsam bewegt. Gewiß wird es des dritten Bandes zweytes Heft Ihnen wohlbehagen; die Verkündigung mußte freylich wie ein letzter höchster Lichtpunct erscheinen.

Von meinem Befinden möchte ich sagen, daß es besser ist als seit langer Zeit; der hiesige Aufenthalt in meinem Verhältniß sehr angenehm, auch währen der schrecklichen Regenzeit. Sollte die heute wiederkehrende Sonne ausdauernd beglücken, so wüßte für die vier nächsten Wochen nichts weiter zu wünschen.

Nun aber erst komme zur Meldung, daß das an dem 14. Juli abgesendete Kästchen mir schon vor vierzehn Tagen hier geworden, indem Herr v. Eckardstein, mich in Carlsbad nicht findend, einem hieher reifenden Freunde dasselbe mitgegeben. Alle Schauenden sind wie billig von dem Inhalte entzückt.

Zum Schlusse möchte ich Sie aber, in ein anderes Fach übergehend, noch freundlichst ersuchen: Herrn Hofrath Jäger für seine letzte Sendung schönstens zu danken, sie kam grade zur Zeit als wir in einem Torfmoore das beynahe vollständige Skelett eines Ur-Ochsen vorfanden. Es ist nach Jena gebracht und ich erwarte, wenn ich zurück komme, solches kunstgemäß aufgestellt zu sehen. Für genaues Maaß, so wie für allgemeine wie besondere Beschreibung, werde Sorgen tragen und sogleich mittheilen. Soviel ich bey flüchtiger Betrachtung bemerken konnte, stimmt dieses Exemplar mit denen bey Stuttgart theilweise [51] gefundenen genau zusammen, welches sich bey weiterer Untersuchung und Vergleichung bestimmter zeigen wird.

treulichst G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1821. An Sulpiz Boisserée. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-739C-E