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An Charlotte von Stein

Apolda d. 5. [März] Abends. Sie haben sehr wohlgethan mir ein Briefgen hier einzulegen, denn ich hatte mir unterweegs vorgenommen böse zu werden wenn ich nichts von Ihnen anträfe. Ihr Bote ist schon wieder fort. Mein Coffre ist noch nicht ausgepackt drum schreib ich auf ein ander Blätgen.

Besser hätt ich gethan noch heut in Dornburg zu bleiben da wars schön, offen und ruhig. Hier ist ein bös Rest und lärmig, und ich bin aus aller Stimmung. Kinder und Hunde alles lärmt durch einander, und seit zwölf uhr Mittag lass ich mir schon vorerzählen von allen Menschen, eins ins andre, das will auch wieder theils vergessen, theils in sein Fach gelegt seyn. Mir ists auf dieser ganzen Wandrung wie einem der aus einer Stadt kommt wo er aus einem Springbrunnen auf dem Marckte lang getruncken, in den alle Duellen der Gegend geleitet werden, und er kommt endlich spazierend einmal an eine von diesen Quellen an ihrem Ursprung, er kann dem ewig rieselnden Wesen nicht genug zusehn und ergözt sich an denen Kräutern und Kieseln. Meine Gedancken spielen ein schön Conzert, und Gott geb Ihnen einen guten Abend, sagen Sie dem Herzog dass ich mancherley mitbringe, dass sich der Schimmel gut hält, biss aufs scheuen, und dass ich ihm so viel [17] freye Luft und gutes leben wünsche wie mir. Grose Lust hätt ich morgen zu Ihnen hinein zu reiten. Will mich aber halten.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1779. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-73A7-3