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An Charlotte von Schiller

Wenn ich Ihnen, meine wertheste Freundin, für Ihren frühern lieben Brief noch nicht gedankt, so habe ich ihn desto öfter wieder gelesen: denn in fremden Gegenden sind Briefe der schönste Theil einer Reisebibliothek. Ehe ich von hier weggehe, gedenke ich mein Versäumniß gut zu machen dadurch, daß ich nicht allein etwas von mir hören lasse, sondern auch etwas sende. Herr Reinhard, den Sie in Weimar leider versäumten, hat sich für meine Farbenlehre interessirt und einen Brief an Herrn Villers geschrieben, um ihn zur Übersetzung aufzufordern. Dieser Brief liegt bey und zugleich der Versuch einer Übersetzung verschiedener Stellen, den Herr Reinhard selbst gemacht. In dieser sind die unübersetzlichen Paragraphen, von denen im Brief die Rede ist, mit einem # bezeichnet. Da ich Ihnen das Original aus der Hand nahm, um es diesem braven Manne mitzutheilen, so ist es billig, daß Sie auch zuerst von seinen Bemühungen etwas erfahren. Mögen Sie [394] Jemanden davon durch Vorlesung mittheilen, so soll es mir angenehm seyn. Nur geben Sie es nicht aus Händen.

Ich vermuthe Sie noch in Rudolstadt, deswegen lege ich auch ein paar Bogen bey, Die ich über das Carlsbader Gestein schrieb und gleich drucken ließ. Vielleicht finden Sie in Ihrer Nähe Jemand, den dieser einigermaßen räsonnirende Catalog unterhalten und vergnügen kann. In wenig Tagen gehe ich hier ab, und hoffe, Sie bald in Weimar wieder zu sehen. Ich habe mich dieses Vierteljahr in der Nähe der warmen Quellen zwar nicht ohne Unbequemlichkeit, doch ohne Noth und Schmerzen befunden; womit ich schon zufrieden bin. Leben Sie recht wohl, grüßen Sie die lieben Ihrigen und gedenken mein. Am 28. August, als an meinem Geburtstage, den ich im Andenken an meine abwesenden Freunde am besten zu feyern glaube. 1807.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1807. An Charlotte von Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7498-0