27/7507.

An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeb.

sind allzu überzeugt von dem Antheil, den ich an Ihnen und den theuren Ihrigen nehme, als daß Sie mein langes Stillschweigen mißdeuten sollten. Der Verlust, der mich betraf, und den Sie so freundschaftlich betrauerten, hat mich in eine ganz ungewohnte Lage versetzt. Eine unterbrochene Reise verwirrte abermals meine Pläne und Vorsätze, so daß ich einige Monate, dem Zufall preisgegeben, nach [177] außen weder Wort noch Wirkung hatte. Ihre geneigten Briefe überzeugen mich, daß ich noch immer in Ihrem Andenken lebe. Herr Geheime Kirchenrath Niethammer, der mich vor kurzem besuchte, beruhigte mich auch wegen Ihrer dortigen Einrichtung: denn freylich war Ihre Hanauer Wohnung, deren ich mich noch immer mit Freuden erinnere, so schön und für Ihre ausgebreitete Thätigkeit dergestalt geeignet, daß wohl schwerlich eine dergleichen zu finden seyn möchte.

Haben Sie ja die Güte mich immer mit dem was Sie vorhaben und vollbringen bekannt zu machen. Ihre Tabellen sind mein und meines Sohnes beständige Gefährten.

Unter Jena bey Dornburg hat man einen sehr schönen Cölestin gefunden, als in unsern Kalkflötzen gelagert. Ferner hat man bey Sulza einen neuen Schacht auf Salzquellen abgeteuft und 190 Fuß tief ein Flötz, etwa 6 Zoll stark, grauen festen Mergels gefunden, welches durchgängig, in seiner Mitte eine Lage Hornstein oder wenn man will Feuerstein mit sich führt. Es ist dieß zwar in Thüringen nichts seltenes, auch in unsern obern Flötzen, aber es ist immer merkwürdig es auch in solcher Tiefe zu erfahren. Ferner ist Farbe und Habitus ganz anders. Ich bin kein glücklicher Beschreiber und Bestimmer, deshalb von beiden Mineralien nächstens Musterstücke sende.

[178] Damit dieser Brief nicht länger liegen bleibe, schicke ich ihn ab, obgleich noch manches zu sagen wäre. Mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

gehorsamst

Weimar d. 28. September 1816.

J. W. v. Goethe.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1816. An Carl Cäsar von Leonhard. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-76C9-5