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An Carl Liebich

Für den an mich ergangenen sehr ehrenvollen Antrag hab ich alle Ursache meinen lebhaftesten Dank abzutragen, wobey mir sehr angenehm ist, daß ich Ihren Wünschen, wo nicht unmittelbar doch mittelbar, entgegenzukommen im Stande bin.

Es ist nähmlich vor einigen Monaten die angesehene Generaldirection des Berliner Theaters von mir ein Festspiel verlangt zur Feyer der Ankunft ihres Königs und seiner höchsten Gäste. Ich habe diese Gelegenheit benutzt, um alles zur Sprache und zur Darstellung zu bringen, was in den Gemüthern seit so vielen Jahren vorging, und was sich nun in diesen letzten Zeiten so glücklich entfaltet hat. Mein Bemühen nichts zurückzulassen, was man fordern [310] und erwarten könnte, hat jenes Stück zu einer solchen Vollständigkeit gebracht, daß ich, wenn ich ein neues fertigen sollte, mich nur wiederholen müßte. Mein stiller Wunsch, diese Arbeit nicht nur für Berlin, sondern für das ganze Vaterland, nicht nur für den Augenblick, sondern auch für die Zukunft unternommen zu haben, scheint sich durch Ihren Antrag der Erfüllung zu nähern.

Jenes Drama ist dergestalt eingerichtet, daß ganz reine Recitation, Recitation mit melodramatischer Begleitung, Recitativ, Cavatine, Arie, Duett, Terzett und Chor mit einander abwechseln, so daß die vorzüglichsten Schauspieler sowohl als die Sänger darin ihre Talente entwickeln können.

Herr Capellmeister Weber arbeitet an der dazu nöthigen Composition, welche, nach denen mir bekannt gewordenen Musterstücken, von großer und schöner Wirkung seyn muß.

Das Stück wird gleich nach der Aufführung gedruckt erscheinen, und Sie werden alsdann selbst urtheilen ob es werth sey ein Secularstück zu werden, und ob es Ihren Wünschen entspreche.

Haben Sie alsdann die Güte mir ganz offen Ihre Meinung zu sagen, und erhalten mir bis dahin Ihr freundliches Andenken.

Weimar d. 6. Jily 1814.

Goethe. [311]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1814. An Carl Liebich. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7803-F