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An Sulpiz Boisserée

Durch Ihren reich ausgestatteten Brief haben Sie mich erfreut und gefördert. Das Beyspiel moderner Mutterfreude ist erbaulich, und brachte mir jene angenehmen Stunden vollkommen wieder in's Gedächtniß. Ich läugne nicht, daß eine Schilderung jenes geselligen Vereins, von Palamedes Hand, mir sehr erwünscht wäre und wenn auch der Prinz von Gavre[137] etwas parodirt werden müßte. Am Liebchen war nichts auszusetzen.

Nun aber von unserm Hauptwerk, welches durch jene Episoden, mehr als billig, retardirt wurde. Die zwey ersten Bogen find schon revidirt, der dritte wird es zunächst. Mit diesem gelange ich bis Maynz. Sodann wird Frankfurt, Hanau, Darmstadt wieder soviel betragen, wann aber die Sonne über'm Heidelberger Schlosse aufgeht, wird es der längste Tag seyn. Ausführlich schematisirt ist schon, was ich über Ihre Sammlung zu sagen gedenke. Riemer, dem ich es vortrug, war sehr damit zufrieden. Ich hoffe, es soll nicht nur wahr, sondern auch plausibel werden. Ich halte mich an die ganze Arbeit ununterbrochen, doch mit Bedacht.

Denn ich kann im Vertrauen vermelden, daß der Hauptzweck schon erreicht ist. Durch Herrn Staatsrath Süvern veranlaßt hat Herr Staats-Minister von Schuckmann von mir eine schriftliche Mittheilung verlangt, dessen, was am Rhein von mir beobachtet und verhandelt worden. Ich schicke ihm nunmehr die Aushängebogen, als Text, mit vertraulichen Noten, und so ist die Sache im Gange. Man tritt aufgefordert heran, und kann auf doppelte Weise zeigen, daß man unterrichtet ist, indem man dem Publicum sein Theil zu geben weiß, einwirkenden Geschäftsmännern aber das Ihrige. Ich hoffe, diese für uns alle so wichtige Angelegenheit soll einen erwünschten Erfolg haben.

[138] Nun aber ersuche ich Sie, mir auch etwas über Schwetzingen zu sagen, mir Namen und Titel des dort angestellten Botanikers zu schreiben und was Sie sonst noch für nöthig halten. Hanau wird auch einen recht hübschen Artikel geben. Es macht überhaupt einen vergnüglichen Eindruck, wie an jedem Orte immer dasselbe unter einer andern Gestalt hervortritt.

Der Domriß hat noch einige Kunstfreunde erbaut, und geht nunmehr, wohl eingepackt, mit der fahrenden Post ab, das Schwänchen soll bald folgen, hiebey bemerk ich, daß ich leider den Schlüssel zum Schreibtisch mitgenommen, er soll beygelegt werden.

Schreiben Sie mir bald, wie man sich etwa vorläufig benehmen könnte, wenn von Berlin aus etwas Ernstliches angetragen würde, ich hoffe das Beste.

Nun leben Sie wohl, grüßen Sie alles.

Es war sehr freundlich, daß Sie das Fest des heiligen Wolfgang feyerten, die Meinigen haben es auch gethan, einigermaßen verdrießlich, daß ich den 28. Aug. immer auswärts zubringe. And hiermit sey denn für dießmal geschlossen.

Herzlichst

Weimar den 6. Nvbr. 1815.

G.


[Beilage.]

Rheinischer Antiquarius. S. 789. 790.

Gegen dem Rathhaus überzeigt sich die sogenannte Jerusalems Capelle, so vor diesem die Judenschule gewesen [139] und worinn ein Gemälde zu betrachten ist, das von Mahlereykennern des Apellis Arbeit gleichgeschätzt wird.

Das ist ja wohl das Dombild?

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Sulpiz Boisserée. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7809-3