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An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

versäume nicht anzuzeigen, daß endlich, nach ernstlichen Forschungen, das Kästchen sich vorgefunden, und in meine Hände gelangt ist. Die darin enthaltenen Mineralien, sämmtlich interessant, und fast sämmtlich mir neu; mehrere hatte ich gewünscht, und durch allerley Hindernisse nicht erhalten. Besonders nenne ich hier den glasigen Feldspath vom Drachenfels, der mir um so wünschenswerther war, als ich eine Zinne vom Cölner Dom besitze, welche aus ebendemselben Gestein gebaut ist. Auch von den übrigen hätte ich manches zu gedenken, allein ich schränke mich ein auf einen allgemeinen Dank, den ich bin besondern allzu oft wiederholen müßte.

[256] Nun abermals eine Bitte, deren Erfüllung bisher mir durch mehrere Correspondenten nicht gewährt worden. In einem alten Tagebuche finde ich unter dem Artikel Regensburg bemerkt:

Ein wunderbar Gestein wird hier verarbeitet zu Werkstücken, eine Art Todtliegendes, oder vielmehr eine Breccienart, die ich für älter, ja für ursprünglich erkenne. Es ist gründlich, mit Quarz gemischt, und finden sich große Stücke des festesten Jaspis darin, in welchem wieder kleine, runde brecciirte Flecken sich befinden; so daß das Ganze sehr bedeutend und der Breccia d'Egitto ähnlich ist. Das Gestein ist sehr hart.

Hiernach hab ich mehrmals fragen lassen, aber niemand wollte etwas davon wissen. Da ich aber solche Steine durch Steinhauer öffentlich auf der Straße habe zu Werkstücken verarbeiten sehen, so kann es doch keine Seltenheit seyn. Vielleicht haben Ew. Hochwohlgeboren einen kenntnißreichen und sorgsamen Correspondenten. Durch meinen edlen Freund, von Trebra, wird meine Sammlung zur Zinn-Formation immer vollständiger. Er sandte mir nun auch eine sehr instructive Suite von Ehrenfriedersdorf. Es ist sehr auffallend, wie die Natur, auf so vielen benachbarten Puncten, bey denselben Elementen, ebendenselben Stoffen, immer mit der Form gewechselt. Es ist zwar dieses im ganzen Mineralreich zu bemerken, mir aber hier, bey dieser, auf viele Meilen disseminirten, gleichzeitigen Formation, auffallend, und bequem zu betrachten.

[257] Ich eile zu schließen, ob ich gleich noch manches auf verschiedene Ihrer gütigen Zuschriften zu erwidern hätte, und empfehle mich zu geneigtem Andenken.

gehorsamst

Weimar den 9. May 1814.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1814. An Carl Cäsar von Leonhard. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-789C-C