34/7.

An Carl Friedrich von Both

Ew. Hochwohlgeboren

gefällige Sendung trifft mich eben in dem Augenblick, da ich den Zustand verlasse, in welchem Sie mich gefunden haben. Zum letztenmal unterhalte ich mich mit Freund Knebel in dem, nun heizbaren, Gartenstübchen, wo ich die Freude hatte, Sie mit Ihrer liebwerthen Gemahlin zu begrüßen und näher kennen zu lernen. Man ist leider zu sehr mit sich selbst, den nächsten Thätigkeiten und Pflichten beschäftigt, daß man schätzbare vorübergehende Freunde, wenn auch erkennen, doch sich ihrer Gegenwart nicht so lebhaft erfreut, als man sollte. Sind Sie nicht unzufrieden von uns weggegangen, so rechnen Sie es auf Ihre, sich so deutlich und erfreulich aussprechende Gegenwart.

Wegen des übersendeten Siegel-Abdrucks bin ich nicht so glücklich, Ihnen vollkommene Befriedigung zu geben; der werthe Kosegarten versichert zwar, daß[6] in der unteren Ecke zu unserer linken Hand der Name Mohamet ganz deutlich zu lesen sey, daß auch sonst hie und da kenntliche Buchstaben eingegraben stehen. Einen Zusammenhang aber und eine Deutung des Ganzen könne er nicht finden.

Erfreulicher kann ich sprechen von den plattdeutschen Gedichten des guten Babst. Sie interessiren mich sehr, indem ich für solche lebendige Idiotikons höchst eingenommen bin und sie, wie sie sich vorfinden, benutze und bekannt mache.

Mögen Sie die Güte haben, mir von diesem Manne, seinem Lebensgange, seiner, gewiß braven, bürgerlichen Totalität nähere Nachricht zu geben, so würden Sie mich sehr verbinden.

Er giebt mir Gelegenheit auszusprechen, was ich längst im Sinne habe, und er wird dabey nicht übel fahren, nur müßte der Sohn und Herausgeber sich entschließen, ein paar Bogen Wort-Erklärungen anzufügen. Mich lassen, die drey Abende her, die ich mich damit beschäftige, sämmtliche niederdeutsche Idiotiker in Stich, die ich um mich versammeln konnte.

Ich wollte recht gern andeuten, daß nicht zu wenig und nicht zu viel geschähe, und, wenn dieß Hinderniß gehoben wäre, müßte das Heft durch ganz Deutschland durchdringen. Haben Sie die Güte, mich von den persönlichen Verhältnissen des Herausgebers und Verlegers zu unterrichten.

[7] Wenn ich Herrn Cammerherrn von Preen, so manche Jahre her, als treuen Freund und Mitarbeiter an einem wichtigen Werke erfunden habe, so wird er mir verzeihen, wenn ich ihn um ein Bild der glücklich aufgestellten Statue und ihrer Umgebung quäle.

Leider ist man zur Zeit, wo der Geist mit großer Klarheit, in Beweglichkeit überall zu Hause ist, persönlich nicht mobil, und da kann ich, nach meiner Weise, nur immer nach Abbildungen trachten.

Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemahlin zum schönsten. Nach meinem Sinne würde ich mich noch ganz anders erwiesen haben, wenn das Alter nicht ganz zu großen Nachtheil in Gegenwart der Jugend fühlte.

Möge Ihnen alles zum Besten gedeihen, Sie meiner in Ihrem werthen Kreise gedenken, und mich nicht ganz ohne Nachricht von Ihren Zuständen lassen. Herrn von Preen die besten Empfehlungen.

gehorsamst

Jena den 3. November 1820.

J. W. v. Goethe.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1820. An Carl Friedrich von Both. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7958-B