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An Christiane von Goethe

Deinen lieben Brief vom 19. Juni habe zu rechter Zeit erhalten, den meinigen vom 17ten wirst du auch empfangen haben. Möge dir es recht wohl gegangen seyn! Persönlich habe mich auch recht gut befunden, leider ist mir aber mir aber Carl kranck geworden, wodurch denn freylich manche Unbequemlichkeit entsprang. Da wir aber einen sehr geschickten Arzt haben; so war die Sorge geringer, ich suchte meine Zeit möglichst zu nutzen und nun geht alles wieder ganz leidlich und wird nächstens im alten Wege seyn. Besuche von Franckfurt hab ich mehrere gehabt. Jetzt ist [34] Chr. Schlosser bey mir zu sehr angenehmer und nützlicher Unterhaltung. Die, bey immer trüben und kaltem Wetter, um so erwünschter ist. Einige schöne Tage habe auf dem Lande zugebracht. Sonntags fahre nach Bieberich. Gestern war ich mit Frau von Lyncker dort. Durch diese habe ich Briefe und Nachrichten von Weimar erhalten, auch ein sehr artiges Tässchen von Granit mit Stahlarbeit, von der Erbprinzess Hohheit.

Wegen des Treuterischen Hauses ist Vorsehung getroffen. Daß August zum Cammerjuncker erhoben worden, weiß ich zu schätzen. Er aber genösse der Ehre noch lieber, wenn auch was klingendes dabey gewesen wäre. Das wird auch kommen.

Kreuter höre ich benimmt sich sehr gut, August lobt ihn. Es war nicht anders zu vermuthen. Solch ein Wesen ist mir höchst nöthig.

Ehe Carl kranck wurde habe ich ihm viel dicktirt und das korrigirte abschreiben lassen, daß ich also doch nicht ganz leer nach Hause komme. Wenn wir nur erst wieder zusammen sind wird sich manches schicken und richten.

Vielleicht ist ein Brief von dir unterwegs. Wenn du diesen erhältst, schreibe mir noch einmal was du zu thun gedenckst, und dann nicht weiter. Ich dencke noch ein Stückchen Badekur mitzunehmen, in Franckfurt wenige Tage mich herum zu komplimentiren und dann nach Hause zu eilen. Die Menschen sind alle [35] so erstaunend in Agitation daß ich mich recht wieder zum Kappenfelsischen Giebel sehne.

Brentanos fahren fort sehr freundlich zu seyn, sie haben mir Wein und alles erfreuliche gesendet und gebracht. Georg hat seine schöne Frau verlohren. Er ist nach Ems und wollte mich auf's freundlichste mit sich. Franz und Frau waren schon zweymal hier.

Eine große stille und laute Freude ist in dieser Gegend wegen des errungenen Siegs. Wäre die Schlacht verlohren gegangen, so hätte man die unruhige, unglückliche Nachbarschaft schon wieder auf dem Halse. Unterdessen bedauert jede Familie einen todten, verwundeten, vermißten, verstummten. Und dies giebt bey so großem Glück dem Aufenthalt eine traurige Stimmung, auch blessirte kommen nach und nach. Die vorjährigen Vereine sind wieder in voller Thätigkeit. Und doch ist alles froh weil man bedenckt daß diese Übel von dem allergrößten hätten verschlungen werden können.

Nun lebe recht wohl an deinen Böhmischen Felsen. Grüße alles zum schönsten. Namentlich der Herzoginn v. Curland Durchl. Frau v. Reck und Tiedge. Schützen auch die wohl noch da sind. Deine Gesellschaft zum besten. Schöbe sich nicht so manches dazwischen was ich nicht wegräumen kann; [36] so wäre ich Anfangs August in Weimar. Schreibe mir wann du dort zu seyn gedenckst.

Wb. d. 11. Jul. 1815.

G.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Christiane von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7992-5