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An Johanna Antonia Josefa Brentano

Es ist eine Empfindung, verehrte Freundinn, so wunderbar als unerfreundlich wenn wir uns an werthgeschätzte vielgeliebte Personen erinnern, mit denen wir so manche glückliche Geist und Gemüth fördernde Stunde verlebt haben und fernerhin zu verleben hofften, uns nun aber nach und nach gewöhnen sollen auf ein Wiedersehen Verzicht zu thun mit dem wir uns solange schmeichelten. Man mag sich nicht gern entschließen dergleichen Gefühle auszudrucken und hierhin liegt die Ursache meines langen Stillschweigens; ja ich darf wohl gestehen daß beykommendes Packet [150] schon ein Vierteljahr geschlossen ist, ohne daß ich den Muth gehabt hätte diese wenigen Worte hinzuzufügen.

Nehmen Sie, verehrte, nachsichtige Freundinn, zum neuen Jahr diese Gabe geneigt auf; Sie haben an meinen Arbeiten so schönen Antheil genommen, daß ich eine gleiche Gunst auch wohl für die späteren hoffen darf. Leben Sie glücklich in dem schönen Franckfurt, von den theuern Ihrigen umgeben, gedencken Sie mein bey reichen Schönheiten der Natur und Kunst; lassen mich aber nicht ganz ohne Nachricht.

Meine werthen Landsleute haben sich vergangnes Jahr so höchst freundlich erwiesen daß ich über der Feyer des Alters das Alter selbst vergaß. Wie denn auch jetzt noch die schöne goldene Gabe, den trübsten Wintertag aufheitert.

Möge Ihnen alles zum Besten gedeihen! Und Sie meiner in Liebe und Neigung gedencken!

[Weimar den 19 Januar 1820.]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1820. An Johanna Antonia Josefa Brentano. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7ADA-E