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An Kaspar von Sternberg

Die Zweifel die mich abhielten von meinen Arbeiten, bezüglich auf die Monatsschrift des Museums zu sprechen, verwandeln sich nun, da das Actenstückchen [7] abgegangen ist, in Verlegenheit und Sorge. Hievon wünschte ich mich nun durch nachstehenden Vorschlag zu befreyen. Würde nicht ein wackerer Mitarbeiter jener Zeitschrift, dem der ganze bisherige Inhalt derselben gegenwärtig und lebendig wäre, die Bemühung übernehmen und sich zu einer Art von Redaction und Ausfertigung desselben entschließen. Es würde ihm nicht schwer werden, Capitelweise, da wo ich zu weitläufig geworden, wieder zu kürzen, wo ich nur andeutete, soviel als nöthig auszuführen.

Wenn er nun endlich, mit leichter Behandlung, den Inhalt der Zeitschrift bis auf die letzten Stücke mitzutheilen beliebte, so hätten wir auf einmal das Wünschenswertheste beysammen. Erhielt ich sodann das Resultat, freylich möglichst fertig und abgeschlossen, so würde ich es gern noch einmal durchsehen und nach Berlin senden, wo ein freundlicher Empfang zu erwarten stände; der Zweck wäre erfüllt und ich von einer großen Gewissenslast befreyt; denn ich läugne nicht daß mir dieses, schon sehr weitgebrachte Vornehmen höchst unbequem vor Augen lag.

Noch habe schließlich zu melden daß ich meine Stellung gegen Geologie, Geognosie und Oryctognosie klar zu machen suche, weder polemisch noch conciliatorisch sondern positiv und individuell; das ist das Klügste was wir in alten Tagen thun können. Die Wissenschaften, mit denen wir uns beschäftigen, rücken unverhältnißmäßig vor, manchmal gründlich, oft[8] übereilt und modisch, da dürfen wir denn nicht unmittelbar nachrücken, weil wir keine Zeit mehr haben auf irgend eine Weise leichtsinnig in der Irre zu gehen; um aber nicht zu stocken und allzuweit zurückzubleiben sind Prüfungen unserer Zustände nothwendig. Komm ich mit meinem diesmaligen Unternehmen zu Stande, so theil ich es meinem edlen Freunde mit, dem es, bey seiner ruhig gesetzten, sinnig bedächtigten und durchaus folgerechten Lebens- und Studienweise, gewiß nicht unangenehm erscheinen wird.

treu angehörig

und verpflichtet

Weimar den 8. Juli 1829.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1829. An Kaspar von Sternberg. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7FE5-8