44/177.

An Ottilie von Goethe

[Concept.]

Vielfältig dankbar, meine Gute, sende das Mitgetheilte zurück. Deine Tagebücher einzuheften ist angefangen worden, die nächsten finden sich irgendwo unter meinen Papieren; hebe die letzten auf; es ist immer interessant, wenn selbst von kleinen Ereignissen unseres Lebens und von zarten Gefühlen eines gebildeten geselligen Umgangs ein Merkmal zurückbleibt.

Antwortest du Herrn v. Fouqué etwas Freundliches, so füge auch ein gutes Wort von mir hinzu. Das kleine Gedicht das er mir vor einiger Zeit sendete ist wirklich recht anmuthig und man vergnügt sich, wie er bey einem angebornen Talent immer an der augenblicklichen Gegenwart verweilt und die vom Leben herangeführten Ereignisse dichterisch zu behandeln weiß.

Wenn du von dem Carlsbader Aufenthalt Nachricht gibst, kann ich recht wohl an deiner Seite wandeln und begreife, wie dir gar wunderlich zu Muth seyn mußte. Bey allem dem jedoch kommt dir dein englisches Wesen zu Gute. Es ist keine Frage daß man sich immermehr auswärts umsehen muß, um Interesse zu nehmen und zu geben.

Den Tasso betreffend sag ich Folgendes: allerdings habe Carlyle wegen der Übersetzung befragt, um über das Verhältniß derselben zu den englischen Sprachforderungen [214] gewisser zu werden; seine Erwiderung war nicht günstig, und da ich die Sache mit leeren Phrasen nicht abthun wollte, so hielt ich inne um zu erwarten, wie die Foreign Reviews sich darüber allenfalls auslassen würden. In diesen hatte ich aber bis zu später Erscheinung meines Heftes nichts gefunden und so mußte ich schweigen, bis etwa die Folge das Weitere ergäbe. Ich hätte gewünscht daß dir für Antheil und Bemühung ein freundlicheres Resultat wäre zu Theil geworden.

Hier auf diesem alten Schlößchen finde ich alles wornach ich mich so lange gesehnt habe; bequeme heitere Wohnung, gute Hausleute, gesunden und wohlschmeckenden Tisch; dabey hab ich denn in dieser vollkommenen Abgeschiedenheit seit vierzehn Tagen soviel zu Stande gebracht daß, wie die Thätigkeit im Augenblick mir tröstlich war, das Resultat mich wenigstens von einer Seite beruhigt.

Meinen ersten Gedanken, mich nach Freyberg zu begeben, um in der vollkommensten Abgeschlossenheit eines begränzten Zustandes mich in alte Zeiten und Neigungen zu versetzen, habe ich vorerst beseitigt und will versuchen, wieweit ich die hiesige Gelegenheit zu sinnen und zu sammeln noch einige Zeit benutze.

Ulriken habe nach Wilhelmsthal geschrieben, indem ich der Mama ein Buch zurücksendete.

Grüße Hofrath Vogel zum allerschönsten und sage ihm, er gehe mir über Erwartung gut. Ich wünschte[215] freylich daß er mir das Gleiche von dir sagen könnte; ersuch ihn aber dringend, er möge mir was er von Wilhelmsthal vernahm baldigst mittheilen, auch von August, dir und den Kindern eine freund-ärztliche Nachricht geben.

Dornburg den 18. Juli 1828.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1828. An Ottilie von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-80BE-A