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An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

übersende mehr einen Brouillon, als ein Concept, der mir doch Nachdenken genug verursacht hat, weil ich weder gewohnt bin Belohnungen noch Gnaden auszutheilen. Haben Ew. Excellenz die Güte, die Vorschläge nach außen, d.h. gegen die übrige Dienerschaft, und nach innen gefälligst zu betrachten. Meine krankhaften Zustände sind mir dießmal im Wege, denn sonst wäre ich persönlich erschienen, weil sich im Gespräche alles schneller und leichter abthut; erlauben Sie meinem Sohn aufzuwarten, um Ihre Gesinnung zu hören und über einiges Auskunft zu geben.

Nur bemerke ich, daß bey meiner Arbeit drey naevos angetroffen, welche mir eigentlich zu schaffen gemacht.

Der erste, daß bey dem langen Leben Herrmanns unsere Bibliothekspersonen auf eine Verbesserung allzu lange geharrt und es, ungeachtet jener neuen Interimszulage, doch immer aussieht, als wenn man sie gegenwärtig zu sehr begünstigte.

Ein gleiches ist bey den Jenaischen Museen der Fall, wobey ich mir Vorwürfe mache, nicht auch in den schlimmsten Zeiten mehr zur Sublevation jener Männer in Vorschlag gebracht zu haben.

Drittens hat dagegen eine große Disproportion in unser Inneres gebracht, daß Ihro Königl. Hoheit [197] proprio motu dem Professor Jagemann 600 Rthr. zugewährt, den Bergrath Voigt durch Zulage von 100 Rthrn. auf 300 Rthr. gesetzt und eine Besoldung des Hofrath Oken von 400 Rthrn. außerhalb unseres Kreises denjenigen Personen, die innerhalb wirken, einen allzuhohen Maaßstab gesetzt hat.

Über alle diese Dinge habe ich mehrere Jahre her directe und indirecte Klagen und Vorwürfe erdulden müssen, die jedoch, als der Zeit und den Umständen angehörig, gern ertrug, gegenwärtig aber zur Sprache bringe, weil die Erwartung aller Menschen gespannt ist, und sich jedermann überzeugt hält, daß wenn er nicht bey dem neubewegten Teiche Bethesda gesundet, er wohl zeitlebens kränkeln möchte.

Nachsicht und Theilnahme erbittend

innigst verbunden

Weimar d. 21. Decbr. 1815.

Goethe.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-818F-C