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An Johann Isaak von Gerning

Mein August hat auch darin gute Geschäfte gemacht, daß er mir von Ihnen, theuerster Freund, ein ausfürliches Schreiben, ein sehr angenehmes Büchlein, und eine schätzenswerthe Notiz über die vorseyende Stadt-Regiments-Veränderung mitgebracht hat. Nehmen Sie für alles und jedes den gefühltesten Dank.

Eigentlich aber haben Sie mich, mein Werthester, durch die poetische Bergfahrt und durch die derselben beygefügte Karte sehr unruhig gemacht. Ich wünschte nun, unter solchem Geleit, das in frühern Zeiten nur flüchtig und ohne die nöthigen Kenntnisse durchwandelte Gebirg aufgeklärter zu besuchen, und die, durch Ihre Sorgfalt, zu Tage liegenden historischen und antiquarischen Merkwürdigkeiten in einer geregelten Folge kennen zu lernen. Ihr Gedicht wird gewiß jedem, der jene Gegenden besucht, das angenehmste Geschenk seyn; manchen Fremden wird es anlocken, da Sie den bedeutenden Gegenständen, durch blühende und harmonische Verse, einen doppelten Reiz gegeben haben.

Sobald die neue Verfassung festgestellt ist, so er bitte mir eine detaillirte Kenntniß derselben, womöglich mit Gegenüberstellung der alten. Schon sehe ich aus dem mir zugesendeten Entwurf manche zeitgemäße Veränderung.

[154] Werden Sie Ihre glücklich angebrachten Schmetterlinge nicht selbst nach Wien geleiten? Es freut mich sehr, daß Sie diese kostbare und doch hinderliche Last endlich in guten Händen sehen.

Ich habe meine Kupferstiche, die im Hause vielfach zerstreut herumlagen, endlich, nach Schulen, zusammengeordnet. Ich kann sie nur5 in meinem Sinne, das heißt spärlich vermehren. Könnten Sie mir gelegentlich vorerst einen Mantegna und Martin Schön um billigen Preis verschaffen, so geschähe mir ein besondrer Gefallen. Hat irgend ein Händler gute Abdrücke, besonders aus den italienischen Schulen, und wollte mir das Verzeichniß mit billigen Preisen zusenden, so würde ich mir wohl etwas auslesen. Sie müssen ja, mein Werthester, in Frankfurt alle Winkel kennen.

Es ist Ihnen gewiß nicht unlieb, wenn ich Ihren Taunus den Jenaischen Literatur-Freunden empfehle. Soll man, um dessen zu gedenken, etwa die Quartausgabe abwarten?

Lassen Sie uns, da durch meines Sohnes Zwischenkunft Bahn gebrochen ist, öfter von einander hören. Deutsche müssen jetzt frische Luft bekommen, ihren Landsleuten, noch mehr aber ihren Stadtgenossen, Verwandten und Freunden etwas Angenehmes zu erzeigen. Doch dazu muß ja einer wissen, wie dem andern zu Muthe ist.

[155] Das Beste wünschend und mit Ihrem freundschaftlichen Andencken empfehlend

Weimar den 14. Februar 1814.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1814. An Johann Isaak von Gerning. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-82D9-D