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An Carl Friedrich Zelter

Ob ich gleich weiß, daß ihr Berliner euch dem Leviathan gleichstellt, welcher den Strom verschlingt uns sein nicht achtet; so schicke ich doch von Zeit zu Zeit einen Bissen, und wenn ihr ihn auch im Schlunde nicht empfinden solltet.

Vor allen Dingen vermelde ich also, daß deine Schülerin mir sehr wohl gefallen, und daß ich ihr noch freundlicher begegnet hätte, wenn ich, bey den vielen Freunden, die ich sehe, und nur einmal sehe, mir nicht eine gewisse gleichgültige Praktik hätte einrichten müssen. Wie sie weg waren, schrieb ich Beykommendes, womit du dir und ihr einen Spaß machen magst. Es ist dieß ein freundliches Schnippchen im Sack, das nicht oft vorkommt.

Nun aber ersuche ich dich um deine Composition zu dem famosen Bekenntniß der Epimeleia! Prometheus taucht gerade wieder einmal in Weimar auf; man erfreute sich an dem Gedanken, daß du dich einmal damit abgegeben habest. Itzt ersuche ich nur [322] um gedachtes Einzelne, magst du mehr senden, so wird es auch freundlichst willkommen seyn.

Nächstens schicke wieder einen Heft Naturwissenschaft, Morphologie pp., da nimm dir heraus, was dir gemäß ist, und wenn auch nur Bild und Gleichniß.

Geh. Rath Wolf war diese Tage bey mir, zu beider Behaglichkeit. Wenn man selbst Grund gefunden hat und Grund sucht, so ist es höchst erfreulich, mit einem auf eignem Grund und Boden gegründeten Manne hin und wider zu sprechen, zu streiten und sich zu verständigen.

In wenigen Tagen denk ich von Jena abzugehen. Es ist, verhältnißmäßig zu unsern Kräften und zu den meinigen, dieses halbe Jahr viel geschehn und ich werde in allem ganz rein, ehe ich scheide.

Die Localität deiner neuen Wohnung, mit der du mich so freundlich bekannt machst, hat viel Reiz, und wenn ich, gegen so viele Mährchen, die ich in Curs gebracht habe, von den Feen den Ring beliebiger Unsichtbarkeit hätte erwerben können, so würdest du mich bald auf deinem Territorium herumwandelnd spüren.

Hofrath Meyer bleibt gewiß bey euch die gerechte Zeit, und wenn er wiederkommt, so wollen wir bis Sylvesterabend an euren Tugenden und Gebrechen zehren.

[323] Die letzten können mich nicht besonders interessiren, denn mir ist von dorther dieses Jahr nichts als Liebes und Gutes gekommen.

Gegen Neujahr schüttle auch du dein Füllhorn, damit Veni, creator spiritus mitten im Winter ein Pfingstfest bereite.

treulichst

Jena den 26. October 1820.

Goethe.


Eben als ich endigen will, kommen beyliegende Revisions-Blätter bey mir ein. Du verlangtest das Gedicht schon vor einigen Jahren, wo ich es verweigerte; nun hat es den Stachel verloren und, wie ich hoffe, die Anmuth behalten.

Meinem Wunsch nach blieb' es jetzt geheim, du componirtest es für die Liedertafel, mit Rücksicht auf die vorhandenen Stimmen und Charaktere; und wenn Ostern das Heft erscheint, brächtest du diesen Scherz sogleich mit in's Leben. Möge es überall zur guten Stunde hervortreten.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1820. An Carl Friedrich Zelter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-87D2-6