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An August von Goethe

Eben als ich im Begriff bin, auf die von Jena erhaltene Sendung zu antworten, seh ich nicht weniger als sechs Engländer den Fußpfad unter meinem Fenster heraufsteigen, die sich denn nach einiger Zeit durch Charten bey mir anmelden. Man hatte sie in's Schloß geführt und ich machte ihnen dort die Gegenvisite; Lord Douro führte das Wort und ich sprach mit ihnen wohl eine Viertelstunde. Sie mochten sich noch eine Zeitlang umgesehen haben. Als ich sie wieder den Bergpfad herunterkommen sah, winkt ich ihnen aus dem letzten Fenster mit dem Schnupftuch; sie mochten's aber nicht sehen, da sie die Hüte in die Augen gegen [244] den Sonnenschein gedruckt hatten. Dieß könnt ihr ihnen zum freundlichen Abschied gelegentlich eröffnen.

Den gegenwärtigen Boten aber send ich ab hauptsächlich um des Weines willen, denn die Gäste trinken gewöhnlich drey Flaschen davon weg, und so reichen die übrigen nicht die Woche durch, besonders wenn einmal ein Freund eintritt. Sende mir durch den Boten war er von Flaschen tragen kann und Sonntags schaffe wieder heraus genugsam, denn morgen muß ich wieder zu dem gefährlichen Rothen meine Zuflucht nehmen.

Sodann wünsche zu erfahren wer wohl Sonntags kommt und ob etwa Riemer mitfährt, den ich, wie schon gesagt, auch einmal wünschte; es schadete nichts, wenn ihr auch zwey Kutschen machtet, wo ich die Fuhre gern bezahle. Die Müllerin von Dorndorf hat mir einen dreypfündigen Aal zugewiesen; vermelde dieß Ottilien, damit sie sieht daß mir so wenig die Müllerinnen als ihr die Briten abgehen.

Ferner liegt ein Reh im Sauern und was sonst noch Gutes zu haben ist. Bringt ihr irgend etwas mit, vielleicht ein vorzügliches Stück Rindfleisch, welches hier selten ist, so kann die Suppe um desto kräftiger werden.

Die beygelegten Expedienda bitte auf die Post zu schaffen.

Auch wünsche die beiden Hefte der eingegangenen Briefe, Januar, Februar, März und April; sie liegen[245] auf dem kleinen Repositorium neben dem Schreibtisch am Fenster.

Ferner wird verlangt ein vollständiges Exemplar meiner neuen Ausgabe. Die ersten Sendungen liegen in den untersten Schubladen am Ofen, die letzte in der obern.

Eckermannen ist die letzte Sendung einzuhändigen, wenn er sie nicht schon indessen erhalten hat.

Auch das Tafel-Kalenderchen wünsche, das im Futteral stickt und sich leicht irgendwo finden wird.

Herrn Geh. Hofrath Helbig grüße zum besten und sage, ich würde die Freyheit nehmen, ihm einen Brief nach Rom zu gefälliger Beförderung nach Berlin zuzustellen.

Concept- und Mittelpapier thäte mir sehr nöthig, deswegen der Schlüssel hier beyliegt. Meine Existenz erfordert Papier mehr als jemals.

Ferner erkundige dich: ob nicht im Geographischen Institut eine neue zulängliche Charte von dem jetzigen Kriegsschauplatz zwischen Russen und Türken vorhanden sey? Rolle solche um einen Stab und, in Ermangelung solcher, unsre alte, und schicke sie.

Noch eins will ich erwähnen, ob es gleich nicht Noth thut: es versteht sich daß weder in Weimar noch hier dießmal von meinem Geburtstag die Rede seyn dürfte. Von allen Freunden wird er am besten im Stillen zugebracht; bespreche dieß mit dem guten Töpfer, den du grüßen wirst, wie gesagt wenn es rgend nothwendig seyn sollte.

[246] Schließlich ersuche ich dich, nunmehr den Bericht wegen Weller zu verfassen und mir das Concept zu schicken. Manches Andere wird sich besprechen lassen, wenn du Sonntags in dem wünschenswerthen Fall bist mit hierher zu kommen.

Das Blättchen zur Hoffmannischen Buchhandlung.

Ein paar Pfund Wachslichte und einige Stangen schwarz Siegellack nicht zu vergessen.

treulichst

Dornburg d. 7. August 1828.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1828. An August von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8D17-7