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An Johann Heinrich Meyer

Ihr lieber Brief hat mir sehr viel Freude gemacht, da er mir die Nachricht von Ihrem leidlichen Befinden bringt. Ich sende Gegenwärtiges durch Herrn von Lyncker, der nach Marienbad geht; es ist ein abermaliges Exemplar vom neusten Heft Kunst und Alterthum, das Sie allenfalls einem dortigen Freunde zurücklassen können; man sollte aus Politik dergleichen Exemplare in den Bädern niederlegen, wo die Menschen aus Langerweile zu einiger Aufmerksamkeit getrieben werden.

Schinkel, Brandt und Waagen sind nach Italien und wollen im November wieder da seyn; möge dieß auch unserer Medaille zu Gute kommen! Man sieht [201] wohl, diese Generation fährt mit vollen Segeln; am Gelangen ist nicht zu zweifeln, das Gelingen macht mir manchmal bange; es geht mitunter doch ein bischen tumultuarisch zu. Das 5. Heft von Schinkel hat Rauch gleichfalls gesendet; es wird uns viel zu bedenken, viel zu besprechen geben; das Wichtige scheint mir zu leicht genommen. Sonst ist alles lobenswerth und erfreulich.

Die Genfer Medaille nimmt sich sehr gut aus, so wohl in Bronze als in Silber, von welchem letzteren Metall mir Soret ein Exemplar verehrt hat, auch ist, wer sie gesehen, zufrieden; die Exemplare an Predari kommen erst gegen Ende Augusts. Besonders auch wegen des Bestellers ist mir lieb daß die Sache gut gerathen ist.

Meine Redaction der Schillerschen Briefe geht fleißig fort; die Abschrift ist bald vollendet, doch folgt nun das Schwierigste, die Einschaltung der Briefe und Billette ohne Datum; dieß macht die letzten Jahre, die ohnehin mager sind, etwas confus; indeß ist diese Sammlung, wie Sie schon selbst bemerkt haben, höchst wichtig, wegen der unmittelbaren Äußerungen über die literarischen Angelegenheiten des Augenblicks. Und wie wundersam, ja mitunter traurig ist es! in welchen Zuständen, unter welchen Bedingungen die herrlichsten Productionen entstehen.

Wahrscheinlich treffen Sie bey Ihrer Rückkehr einen Abguß des kleinen Rauchischen Modells; das[202] erste größere wird schon in Erz gegossen. Diese Dinge, wenn es so fort geht, werden denn nächstens wie frische Semmeln zu haben seyn; junge Leute üben sich dran und verdienen was dabey und so geht das immer seinen raschen Gang.

Von Graf Sternberg muß ich noch sagen daß er für ihn und uns vortheilhafte Tage hier zugebracht hat. Auch in Dornburg und Belvedere ward er wohl aufgenommen und gefiel sich daselbst.

Die Herrschaften sind wieder zurück, der Großherzog wird erwartet und alles andere geht seinen gewohntbekannten Gang.

Die Subscription zur Medaille ist zur Hälfte schon eingegangen, wir brauchen für's Ganze nicht besorgt zu seyn, das Luftgifte ist daß die Philister nun sagen: man habe dem Großherzog eine Statue votiren sollen; sie haben freylich nicht nachgerechnet wieviel Steuern das betrüge; da es denn doch eigentlich eine Sache der Landstände wäre.

Herzlichst

Weimar den 24. Juli 1824.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1824. An Johann Heinrich Meyer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9071-4