6/1946.

An Charlotte von Stein

[Eisenach] Montags d. 14. Jun.

Ich fange wieder einen Brief an und was habe ich dir zu sagen als daß es mir immer schmerzlicher wird von dir entfernt zu seyn, daß ich vergebens meinen Geist der sich an diese Richtung so sehr gewöhnt hat nur auf Augenblicke wegzuwenden suche. [299] Noch habe ich keine fröhliche Empfindung gehabt seit ich hier bin und sie wird mir auch erst bey deinem Anblick wieder werden du lieber Innbegriff meines Schicksals.

Wenn ich mir auch vornehme dich nicht mit meiner monotonen Leidenschafft zu unterhalten; so fliest es mir widerwillen aus der Feder.


Abends.

Heute hat uns Frau v. Herda nach Creutzburg auf die Saline beordert, wäre es schön Wetter gewesen so hätten wir ihr dancken müssen, da aber starcker Regen einfiel; so ward der guten Frau die beste Mühe mit Undanck belohnt.

Gestern war der Herzog von Gotha und Prinz August hier. Letzter trug den Nahmen Charlotte von den Haaren seiner Schwägerinn in einer Nadel an der Krause, ich wollte du erlaubtest mir so auch den deinen zu tragen noch lieber in einem Ringe.

Ich habe den Prinzen in der Antichambre so laut lachen gemacht daß alles sich verwunderte. Es war nicht so wohl ein bon mot, als es ward ein's und es lässt sich nicht wieder erzählen. Mich freute es herzlich ihn so lachen zu sehn. Da es mir beynahe geht wie Carlin, der selbst traurig andern Freude machte.

Ich werde hier nicht froh. Berge und Felsen, Wälder und Wolcken vermögen nichts über mich da du mir fehlst. Wie beneid ich dich daß du mich [300] so sehr, und so viel ruhiger und glücklicher lieben kannst.

An Wilhelm habe ich hier und da eingeschaltet und am Style gekünstelt daß er recht natürlich werde und habe nun den Schluß des Buchs recht gegenwärtig. Wenn ich wieder zu dir komme wollen wir es schliesen. Ich habe Liebe zu dem Wercklein weil ich dencke es macht dir Freude.

Nun gute Nacht. Fritz hat an meine Mutter o geschrieben, und er räth mir gar sehr an sie zu besuchen er kann nicht begreifen daß ich so viel zu thun habe.


den 15. Jun.

Es geht ein Husar nach Weimar dem ich dieses Blat mitgebe und darum nichts hinzufüge. Lebe wohl. Du hörst bald wieder von mir.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1784. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9091-D