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An Christian Gottlob Voigt

Es hat, wie beyliegendes Schreiben ausweist, der Bruder des verstorbenen Bibliotheksschreibers Färber sich zu dessen Stelle gemeldet, und ich gestehe, daß dieser mir ganz erwünscht scheint.

Denn es ist dieser, fast wie sein Bruder, durch den verstorbenen Trabitius herangekommen, und hat von jeher wenigstens eine oberflächliche Kenntniß unserer Bibliothek und Museum sich verschafft, er hat sich nachher im Dienste des Herrn von Wolzogen gut gehalten, und sich das beste Lob der Frau von Heygendorf verdient, welche ihn ungern vermißt, und ich bin überzeugt, daß er uns seinen Bruder, wo nicht gleich, doch nach und nach ersetzen kann. Seine Handschrift ist gut, und er wird also auch von dieser Seite brauchbar seyn.

Schon seit Färbers entschiedener Krankheit habe ich vielfach durchgedacht, ob es räthlicher sey, diese Stelle wie sie war zu lassen und beyzubehalten, oder[172] sie zu vertheilen, wobey mir immer das erstere vortheilhafter schien.

Denn stellte man jemand bey der Bibliothek an, gäbe Lenzen einen Diener, u.s.w. so würde sich nicht allein das Einkommen dieser mehreren Personen zerstücken, sondern auch, indem man die Personalitäten vermehrt, vermehren sich auch die Friktionen, und man giebt die Fäden ganz aus der Hand, wodurch man diesen wunderlichen Anstalten-Körper zusammen hält.

Döbereinern und Fuchsen gab man, mit Bedacht, jedem seinen Assistenten, weil man sonst, weder im anatomischen Cabinet noch in den chemischen Laboratorium, Ordnung fordern konnte, aber im Grunde hat man dadurch eigentlich das Famulat dieser beiden Männer verbessert, welches ihnen zu gönnen, und nicht schädlich ist, besonders weil solche junge Leute nicht lange bey einer dergleichen Stelle bleiben und es dem Professor daran liegen muß, sich ein brauchbares Subject, mit Vorwissen Herzoglicher Commission, an die Seite zu setzen.

Allein zu dem übrigen Complex braucht man nur ein Organ. Das physikalisch-chemische Cabinet kann man den Professor der Chemie und seinen Präparaten nicht unbedingt übergeben. Das Cabinet der Naturforschenden Gesellschaft bedarf keiner großen, aber doch einiger Aufmerksamkeit. Die Osteologie der Thiere ist von dem Cabinet der menschlichen Anatomie [173] einigermaßen getrennt, und wenn der vorseyende Bau vollendet und Alles in Ordnung ist, so bedürfen die beiden Haupt-Cabinette, das Mineralogische und das Zoologische, einer zwar stetigen aber nicht viel Zeit raubenden Besorgung.

Bleibt alles dies, wie bisher, in einer Hand, so erstreckt sich der commissarische Einfluß, mit einiger Aufmerksamkeit, überall ein, und die Aufseher selbst sind mehr gebunden, da sie sich hingegen die einzelnen Assistenten eher unterwürfig machen und sie zu eigenen Zwecken brauchen und benutzen.

Thut man zu allem diesen noch hinzu, daß Serenissimus dieses zweyten Färbers Anstellung gerne sehen werden, theils weil er sich in seinem bisherigen Dienst gut betragen, theils weil Höchstdieselben in Ihrem Jenaischen Museum einen schon bekannten Diener wohl um sich leiden mögen, so spricht auch dieses zu seinen Gunsten, wie überhaupt, daß er sich in seinen bisherigen Diensten zu Anstand und Lebensart hat bilden können. Schließlich ist auch wohl in Betracht zu ziehen, daß Mutter und Schwester, die an dem verstorbenen Bruder eine treue Stütze gehabt, sie auch an diesem finden können. Und so scheint diese Lücke sich gleichsam von selbst wieder auszufüllen und Alles bey'm Alten zu bleiben.

Vor allen Dingen wär Anstalt zu machen, daß man die verschiedenen Instructionen die ihm in verschiedenen Fächern zu geben sind, aufsetzte und redigirte, [174] da die bisherigen Bibliotheks- und Museumsdiener mehr mündlich, nach und nach, den Umständen gemäß, beauftragt worden sind, welches sich aber jetzt, da die Anstalten consolidirt sind, recht wohl auf einmal thun läßt.

s. m.

Weimar den 23. April 1814.

Goethe. [175]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1814. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-90BD-D