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An Nikolaus Meyer

Weimar den 25. Dec. 1805.

Es ist wohl billig, da ich ihnen so eigentlich nichts zum Heil. Christ schicken kann, saß ich Ihnen wenigstens an diesem Tage schreibe, und für manches zeither Übersendest danke. Ich weiß kaum, wie weit hinaus ich Ihnen noch dank schuldig bin; Franzwein, Malaga, Lachs und sonst manches für die Tafel, Arbeiten von Menken, Alberts und besonders Ihr [84] Henning und was noch sonst, ist alles zu seiner Zeit richtig angelangt. Abgegangen ist vor kurzem an Sie: Ein Kasten mit Gemälden von Menken, ein dritter mit einer Tieckischen Büste. Der Fuhrmann hat mir 66 Groschen restituirt, indem Herr Albers sich erbot, das Porto seiner Sachen von Hannover bis hieher zu ersetzen, weshalb die Adresse hier mit beyliegt.

Was die Kunstwerke betrifft, so finden Sie unsre freundliche Meinung in dem Programm, das zu Neujahr mit der Jenaischen Litt. Zeitung ausgegeben wird.

Herr Menken hat mir vor Kurzem einen zwar ganz brav gedachten, aber nicht durchaus höflichen Brief geschrieben. Er hat ein schönes Talent, aber doch nur ein einseitiges, und kann freylich nicht begreifen, daß es noch einen höhern Kreis giebt als den, in dem er sich recht lebenswürdig beweist.

Herr Albers hat einen schönen Sinn, aber es fehlt seinem glücklichen Naturell noch gar sehr an Ausbildung. Er müßte noch einen ganzen Cursus der höheren und niedern Technik machen.

Wir konnten uns nicht enthalten, ihn mit Herrn Rohden zu vergleichen, dessen schöne Landschaft, seitdem sie den Preis erhalten, noch bey uns hängt. Da Herr Albers selbst ein wohlhabender Mann ist, und in Bremen so wenig gute Bilder sind, so würde ich ihm rathen, dieses vorzügliche Bild sich anzuschaffen, welches der Vater Künstlers, der sich noch in [85] Rom befindet, vielleicht für 25 bis 30 Louis'dor weggiebt. Ich würde es selbst dafür behalten, wenn sich nicht ohnehin bey mir so viel häufte, und ich auch überhaupt nicht gerne jeden Schein vermiede, von der Ausstellung Vortheil ziehen zu wollen.

Vielleicht wäre es auch eine Acquisition für Sie, mein lieber Herr Doctor. Wir können nach und nach abrechnen. Das Werk ist erfreulich und Herr Albers wird auf alle Weise ein Bild vor sich sehen, mit dem er wetteifern könnte.

Was Henning den Hahn betrifft, so ist es immer ein schätzbares Überbleibsel älterer Zeit, aber freylich mit Reineke Fuchs sowohl wegen dem Gehalt als der Form nicht wohl zu vergleichen. Ihre Übersetzung ist heiter und bequemer; doch würde ich immer rathen, sie vor dem Druck nochmals, besonders wegen des Sylbenmaßes, durchzugehen. Unsrer ganzes prosodisches Wesen hat seit einigen Jahren eine vortheilhafte Umwandlung erlitten, und wenn die Herren von der strickten Observanz vielleicht hie und da zu weit gehen, so kann man doch gewissen aufgestellten Gesetzen seinen Beyfall nicht versagen, und sich ihrer Befolgung nicht entziehen. Freylich sind es jetzt für Sie keine akademische Zeiten mehr. Ihre Stunden sind zu genau abgezählt. Wären Sie in unserer Gegend, so ließe sich das, worauf es ankömmt, bey gesellschaftlicher Unterhaltung mittheilen, so aber weiß ich nicht, wie man sich hierüber im kurzen verständlich machen [86] könnte. Doch will ich darüber nachdenken. Leider ist Vossens Prosodie schwer geschrieben und zu einem heiteren Selbstunterricht nicht geeignet.

So viel für diesmal, nach einer langen Pause. Die Meinigen empfehlen sich bestens, und ich wünsche von Herzen zu Ihrer Thätigkeit das beste Befinden. (Das Bild ist 4 Fuß Rheinisch breit und 3 Fuß hoch, in einem schönen goldenen Rahmen.)

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1805. An Nikolaus Meyer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9268-0