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An Carl Ludwig von Knebel

Dießmal, mein lieber Freund, sind die Botenfrauen nicht schuld an der Verspätung, das Packet war durch ein Versehen bey mir liegen geblieben. Ich freue mich der guten Wirkung meiner geologischen Acten, freylich gehören die Gegenstände dazu, da alle Beschreibung und Theorie sich auf dieselben bezieht.

[114] Der Verfasser des Gedichts ist freylich ein neuer, mit Casti gleichzeitig, aber jünger; es sind zwey Bändchen galanter Novellen, unter dem fingirten Namen P. Atanasio da Verrocchio, und dem angeblichen Druckort London 1800 herausgekommen; seinen eigentlichen Namen habe ich noch nicht erfahren können.

Das kleine Gedicht ist von unserm RegirungsrathPeucer, welcher ganz in der Stille ein recht schönes Talent bewahrt.

Unsere Mechaniker beschäftigt gegenwärtig hier eine Feldfuhrküche, erfunden von einem jungen Manne, Namens Kurowski, welcher sie vor kurzem selbst producirte. Der Gedanke ist sehr glücklich und leidet Ausbildung und Anwendung in's Unendliche. Bey Henniger sind hier schon so viele bestellt, daß er sie gar nicht schaffen kann. Die Jenenser sollen sich auch damit hervorthun.

Carl hat sich recht brav bewiesen, und ich will gern am rechten Orte seiner gedenken. Dieß bemerke ich aber: daß für die junge Leute eine wahre Wohlthat ist, wenn ihnen gewisse bessere und höhere Zustände, eine Zeitlang, versagt bleiben; dadurch lernt man erst schätzen was man erhält; denn leider sieht der Mensch, nach einem jeden was ihm geworden, immer wieder was neues Wünschenswerthes vor sich, und seine Ungeduld wächst mit jedem Gelingen. Verzeihe diese allgemeine Bemerkung! ich habe sie aber [115] in meiner Pädagogik gegen meine jungen Leute immer gern zur Ausübung gebracht.

August befindet sich in Frankfurt ganz wohl, doch will es ihm nicht gerade behagen wie sonst, da er jünger war und nicht so scharf bemerkte, was für ein Unterschied in den Culturen ist. Das religios-mystische, leider oft hohle und stets dünkelhafte Wesen hat auch die besten Menschen ergriffen, und Werner findet die beste Gelegenheit, seine Spitzbübereyen auszuüben.

Wenn du das Stammbuch nicht bald expedirst, so wird man dagegen erwarten, daß du mit einer großen Anzahl Freunde darin auftretest.

Die Kugeln sind sehr interessant und ihre Formation jener genannten sehr ähnlich; vor allen Dingen müssen Chemiker um Rath gefragt werden. Das schönste Lebewohl.

Weimar den 19. Jan. 1814.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1814. An Carl Ludwig von Knebel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-92D6-7