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An Johann Kaspar Lavater

[Mit Nachschrift Wielands.]


Freytag d. 21. [22.] Dez. [1775.] Nach einem herrlichen Wintertag, den ich meist in freyer Luft Morgens mit dem Herzog, Nach Mittag mit Wielanden zugebracht habe, ziemlich müd und ausgelüfftet von der Eisfahrt siz ich bey Wieland und will sehn was ich an dich zusammenstopple.

Deine Phisiognomik liegt mir am Herzen. Die mir beschiednen Capitel will machen. Kurz genug und wills Gott bündig und treffend, das ist alles. Denn Ausspinnens ist iezt nicht Zeit, der ich in verbreiteter Wirthschafft, und Zerstreuung von Morgens zu Nacht umgetrieben werde. Ich seh auch fleisig die übrigen Kupfer an, rede mit allerley Leuten drüber, Wieland hat mir seine Gefühle gegeben und so wird alles gut werden. Ich geh auch wohl nach Leipzig, hast du nun da was so schreibs bey Zeiten und lass michs ausrichten.

Weiter braucht der Herzog einen General Superintendenten. Er fragte mich drum ich nannt ihm Herdern. Der wie du vielleicht weißt noch nicht ganz gewiss nach Göttingen geht. Der Herzog trug mir auf dich zu fragen wen du vorschlügst? sag mir also schnell ein Wort hierüber, und wen du sonst in Ermanglung Herders vorschlagen könntest.

[5] Ich bin hier wie unter den meinigen, und der Herzog wird mir täglich werther, und wir einander täglich verbundner.

Grüs mir alles! Von Passavant hab ich liebe Briefe. Auch von Zimmermann der mir deinen guten Muth und frischen Weeg über die Schurcken von Landsleuten meldet.

Morgen geh ich über Jena nach Waldeck, wilde Gegenden und einfache Menschen aufzusuchen. Addio. Mir geht alles nach Herzens Wunsch, so auch dir.

Weimar.

G.


Bäbe kann sich auch wieder einmal erheben mir zu schreiben. Grüs dein Weib. Sey mir nicht gar zu Lakonisch.

In dem mir zugeschickten Plan der Phisiognomik sind die hintersten Zahlen falsch, dass es nur in den Tafeln keine Unordnung giebt, du hast Nummern doppelt gesezt.


[Nachschrift von Wieland:]

Liebster Lavater, ich bin in schrecklichen Ängsten, mein lezter Brief mit dem gezeichneten Kopfe Sebastian Brands und einem Dutzend wehmüthiger Bitten möchte auf der Post mir ganz irregangen, oder gar verlohren seyn. Reissen Sie mich sobald als möglich aus der Ungewisheit.

[6]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1775. An Johann Kaspar Lavater. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-93A1-6