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An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Ew. Wohlgeboren

muß ich voe allen Dingen um Entschuldigung bitten, daß unsere Bestellungen dießmal die Kräfte der Caffe überschritten. Sollte es einigermaßen unbequem seyn, so haben Sie ja die Güte mir anzuzeigen, was ich schuldig geworden, und ich will alsobald durxch eine Anweisung die Lücke wieder ausfüllen, und mir dadurch, auf die Zukunft, bey meinem werthen Freunde und gefälligen Geschäftsträger neuen Credit verschaffen. Sodann sage meinen verbindlichsten Dank für die klare und einsichtige Darstellung der jetzigen Lage unserer Vaterstedt. Man glaubt sich schon über unerfreuliche Dinge getröstet, wenn man sie klar einsehen lernt. Freylich ist es gegenwärtig, im Ganzen wie im Einzelnen, nicht erwünscht, daß man bey den glücklichsten Erfolgen doch für die Zukunft besorgt seyn muß, und daß wir da, wo consequente Weisheit, wenigstens Klugheit herrschen sollte, der Leidenschaft und dem Zufall soviel hingegeben sehen.

Die Zeichnungen erwarte ich mit Verlangen; sie sind mir dießmal doppelt angenehm, da ich sie mit[253] meienm Freunde, dem Hofrath Meyer, genießen kann, den ich darauf schon sehr begierig gemacht habe.

Das Mißverständniß wegen Ihres Herrn Bruders mag daher entstanden seyn, daß mein würdiger alter Feund Herr von Humboldt nicht selten manche Stelle seines Briefs dem Scharfsinn des Lesers überläßt; trifft dieß nun gerad ein nomen proprium; so kann leicht eine Verwechselung statt haben.

Und nun muß ich Sie zunächst um eine abermalige Gefälligkeit bitten. Ich habe diesen Sommer keine sonderliche Neigung die böhmischen Bäder zu besuchen; wohin ich mich jedoch wenden soll, ist mir noch nicht ganz klar; möchten Sie mir aber eine Schilderung von Wiesbaden geben, und von der Lebensart daselbst, nicht weniger, was etwa eine Person mit einem Bedienten auf einen vier- odersechswöchentlichen Aufenthalt zu verwenden hätte; so würde ich es dankbar erkennen, um so mehr, als ich die Hoffnung hege, meine werthesten Freunde auch einmal wieder zu begrüßen.

Hievon bitte nichts laut werden zu lassen, indem es von gar manchen Umständen abhängt, ob ich mich losmachen, und jenen Weg einschlagen kann, der mir jedoch in so vielen Betracht höchst angenehm wäre. Von Sulpiz Boisserée habe ich einen lieben einladenden Brief, und einen schon trefflichen Probedruck der Seite des Cölner Doms. Auch dieser Unternehmung, so wie allem Guten, kann man in der [254] gegenwärtigen Epoche Glück wünschen. Mich angelegentlichst empfehlend

Weimar den 8. May 1814.

G. [255]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1814. An Johann Friedrich Heinrich Schlosser. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-94CB-F