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An Friedrich Justin Bertuch

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

diese Tage nach Wunsch einmal wieder zu sehen hält mich ein sehr böser Katarrh und manches andere widerliche Gebrechen ab, daher ich mich mit einem schriftlichen Ansuchen an Sie wende.

In meiner Lebensbeschreibung bin ich gerade an der Epoche wo unser gute Kraus, der in Weimar einen Besuch gemacht hatte, nach Frankfurt kommt, und uns von dem angenehmen und hoffnungsvollen Zustand in Weimar erzählt; es fiel in die Zeit, da der Herzog seine Gemahlin abholte. Nun wünscht ich jene Schilderung recht treu, vollständig und lebhaft, und ich finde in der Erinnerung noch manches Schöne und Gute. Weil ich aber als Fremdling eintraf, und durch neue Gegenstände afficirt und zerstreut wurde, so bringe ich kein reines Bild zusammen, und nehme[273] mir deswegen die Freyheit, mich an Ew. Wohlgeb. zu wenden. Sie waren in jenem Zustand herangewachsen, besaßen schon eine schöne Stelle, zu welcher Ihre Wirksamkeit Sie erhoben hatte; Sie kannten den Hof, die Stadt, das Bestehende, das Bewegte, das Gethane so wie die Vorsätze, sollte es Ihnen nicht ein angenehmes Geschäft seyn, sich jener Ihrer eigenen Blüthenzeit wieder zu erinnern und mir einen Aufsatz darüber mitzutheilen, von dem ich alsdann dem Gegenstande gemäß den heitersten Gebrauch machen wollte. Schon mehrere Freunde z.B. Klinger und Trebra erzeigten mir dieselbe Gefälligkeit, und ließen mich von ihrer Seite in Epochen zurücksehen, die ich von der meinen niemals eben so würde durchschaut haben. Wie wichtig es mir und überhaupt ist, die Anfänge von Weimar klar und freundlich hinzustellen davon sind Sie überzeugt; die Fortschritte werden sich alsdann schon entwickeln.

Mein Gesuch um Ihre gefällige Theilnahme wiederholend.

Weimar den 15. December 1816.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1816. An Friedrich Justin Bertuch. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9DAD-7