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An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

die treusten Wünsche nochmals aufrichtigst wiederholend, schicke mich an über einiges neuere Eingegangene unterthänigsten Vortrag zu erstatten.

1) Wenn auch die Höchst Dero Bibliothek zugedachte Abhandlung über die Euphorbien nicht gerade wie sie liegt Höchst Denenselben interessant seyn dürfte; so lege sie doch billigerweise mit dem Auszug eines göttingischen Schreibens vor, damit die Namen von zwey jüngeren Deutschen Dr. Ernst Meyer und Dr. Röper nach Verdienst genannt werden. Beide zeichnen sich schon jetzt unter den Botanikern sehr vortheilhaft aus und werden sich in der Folge noch mehr bemerklich machen.

[67] 2) Ein kleines Acten-Heft gibt nähere Nachricht wie der Antrag unsern Heinrich Müllern als Steindrucksbeflissenen in Stuttgart aufgenommen zu sehen erwidert worden. Wenn auch schon, wie allenfalls vorauszusehen war, die Boisseréeschen Gebrüder bey ihrem, zwar höchst bedeutenden, aber doch genau begränzten Unternehmen, die Aufnahme eines Lernbegierigen verweigert haben, so ist man doch auf diesem Wege, durch die Freundlichkeit des jüngeren Boisserée, zu einer genaueren Ansicht des ganzen Geschäftes gelangt. Zu dem fol. 9 beykommender Acten enthaltenen Schreibens Auszug glaube vorerst nichts weiter hinzufügen zu dürfen, nur bemerke daß immer noch in Überlegung gezogen zu werden verdient: ob man [verantworten könne] unsern jungen Mann, der wohl schwerlich im Französischen so geübt und von solchem Charakter und Gewandtheit ist als zu einem solchen Unternehmen nöthig wäre, dem Strudel einer Hauptstadt und einer höchst bewegten Technik zu übergeben? Ich werfe wenigstens die Frage auf ob man ihn nicht nach München senden sollte, wo Ew. Königlichen Hoheit Name schon die beste Empfehlung bleibt, wo er die Verhältnisse schon einigermaßen kennt und nicht ganz als Fremdling auftritt, wo Ritter von Martius, der bey der brasilianischen Reiseschätze selbst Hand anlegt und verschiedene Künstler, in verschiedenen Fächern gewandt, unter sich hat, gewiß, als ein sittlich höchst vorzüglicher Mann dem[68] jungen Lernbegierigen alles Wünschenswerthe erzeigen würde.

Wie man denn nur die Münchner Arbeiten ansehen darf so wird daraus hervorgehen, daß wenn wir es hier nur so weit bringen als es dort schon gebracht ist, wir gar wohl zufrieden seyn und eine gute Weile fortarbeiten können.

Doch sey dieses nur gesagt zur Überlegung und Beurtheilung Anlaß zu geben.

3) Professor Güldenapfel überreicht das Verzeichniß der jenaischen Incunabeln. Es ist, wie zu erwarten war, ein ansehnlicher Vorrath. Werden die hiesigen auf gleiche Weise catalogirt, so läßt sich alsdann gar wohl übersehen inwiefern eins oder das andere Angebotene zu acquiriren wäre.

4) Den Brief des vortrefflichen von Oppen erbitte mir als Testimonium meines Wohlverhaltens in der Tranchée. Wie es scheint, so hat der Werthe keine Kenntniß von meiner Campagnen-Chronik, wo doch auch seiner in allen Ehren gedacht wird. Möchten Höchst Dieselben ihm ein Exemplar übersenden, so würde ein sauber eingebundenes das eben vor mir steht mit einem freundlichen Vorworte alsogleich einhändigen können.

5) Die trierischen Abbildungen sind gleichfalls höchst erfreulich; nun steht zu hoffen daß man uns von dort her bey so vieler architektonischen Fähigkeit das Ygeler Denkmal in seinem jetzigen verderbten Zustande, [69] sodann aber mit kritisch-antiquarischer Restauration gleichfalls vorlegen werde.

Manches andere bescheidentlich vorbehaltend, mich zu fernern Hulden und Gnaden angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 3. Januar 1825.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1825. An den Großherzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9E9A-9