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An Caroline von Woltmann

[Concept.]

[Ende November 1813.]

Als ein gutes Wahrzeichen muß ich es ansehen daß Ihr freundlicher Brief zu eben Zeit unterwegs [52] war, als Ihr Herr Gemahl den wir lieber noch zurückgehalten hätten zurück zu den Seinigen eilte. Ich hoffe er ist glücklich angekommen und genießt nun der Früchte seines Anstrengens und Aufopfers in einem getrosten Bewußtseyn und froher Mittheilung.

Die Heilung so vieler dem Vaterland geschlagner Wunden kann nicht sicherer von Statten gehen und aus so manchem Verderben ein frisches Leben nicht schneller hervordringen als wenn die Deutschen sich nicht nur im Stillen und Einzelnen anerkennen und schätzen, sondern wenn sie es sich auch liebevoll uns vertraulich bekennen und aussprechen; denn fürwahr der Unglaube und der Unwille der Volksglieder unter einander, die Mißhelligkeiten, welche aufzuregen und zu schärfen gar viele sich zum Geschäft machen, weil es ein leichtes ist, wogegen sich aber wenige fanden, welche Mäßigkeit und Billigkeit zu bewirken suchten, weil es schwer ist; der aus gleichgültigen Dingen hervortretende Conflict zwischen Personen und Untersuchungen, welche gar wohl unter einander bestehen können, und was sonst noch alles die traurige Litaney unserer deutschen Literatur enthalten mochte, dieses zusammen hat mehr geschadet als der fremde Einfluß, denn es hat den wechselseitigen Glauben zerstört und so viele vertrauliche Bande gelöst.

Kann die gegenwärtige große Epoche die deutschen Geister zu wechselseitiger Anerkennung stimmen so[53] bedarf die Nation kaum etwas weiter um sowohl sich aus der Gegenwart heraus zu reißen als der Zukunft getrost zu gehen.

Diese vielleicht etwas sonderbar scheinenden Bemerkungen werden Sie hier gar wohl an ihrem Platze finden, wenn Sie bedenken daß ich eigentlich dadurch ausdrucken wollte, mit wie viel Vergnügen ich die Annäherung Ihres Herrn Gemahls und nun auch die Ihrige erfahren. Mögen Sie beyde den großen und wichtigen Gehalt der letzten Jahre in Ihre schätzbaren Productionen ferner aufnehmen und ihn unter liebenswürdiger Form zum Genuß und zur Bildung Ihrer Landsleute glücklich verbreiten. Bleiben Sie meiner aufmerksamen Theilnahme überzeugt und lassen mich manchmal von Ihrem Wohlbefinden und Ihrer Thätigkeit vernehmen.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1813. An Caroline von Woltmann. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9F2D-A