1788, 20. October.


Mit Caroline Herder

Die Seckendorf fängt's doch auch gar zu toll an... Goethe ist diesen Augenblick bei mir gewesen. Er findet es ebenso unverständig, wie ich. Er glaubt, daß sie aus Knickerei nicht nach Frascati gefahren sind; es freute ihn, daß Du hingefahren bist. Er will nur sehen, wie die Römer, die so beißende Zungen haben, den ganzen unverschämten und ungewöhnlichen Auftritt ansehen und bereden werden. Einem reichen Mylord ist von Seiten der päpstlichen Polizei an die Hand gegeben worden, seine Maitresse wegzuschaffen, weil es [108] nicht Sitte in Rom sei. Gegen den Bruder des künftigen Kurfürsten werden sie freilich schonender sein, aber Goethe glaubt doch, daß man sie's wird empfinden lassen. Einmal erscheint sie doch als Dalberg's Maitresse; der ganze Zuschnitt ihrer Einrichtung zeigt's deutlich genug. Eine ehrliche Frau treibt's nicht so. Eine reiche schlesische adelige Frau mit ihrem Mann haben nur wenige Zimmer zusammen gehabt, wofür sie monatlich vielleicht nur zehn Zechinen gegeben haben, und haben doch ein sehr gutes Haus ausgemacht, wie mir Goethe erzählte. Ich hoffte noch immer, daß sie sich zur Herzogin schlagen wird; er meint, sie wird eine größere Rolle zu spielen suchen, als die Herzogin. Er bedauert Dich unsäglich, doch glaubt er gewiß, daß es nach und nach besser gehen wird ..... Die Angelica wird ihre Pfiffe schon durchschauen. Goethe hat der Angelica ihren Namen nicht genannt, auch Dalberg's nicht. Dich hat er ihr aber sehr empfohlen, auch die Herzogin-Mutter mit dem Zusatz: »Ihr eigner Verstand wird das Gute an ihnen am besten selbst beurtheilen.«

Die Preußen ziehen einen Cordon gegen die Dänen; des Herzogs Regiment ist aber nicht dabei. Er ist noch nicht hier, wird immer von einer Woche zur andern erwartet. Vor Dresden hat er wieder einen so heftigen Sturz gethan, als voriges Jahr vor Berlin. Er hatte das Pferd den ganzen Tag geritten, es war endlich müde, er wollte es nach Hause forciren, und es überschlug wieder mit ihm. Goethe hat mir's selbst erzählt.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Gespräche. 1788. 1788, 20. October. Mit Caroline Herder. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-A23E-F