Warum willst du draußen stehen, du Gesegneter des Herrn?

(1. Mose 24, 31)

1.
Warum willst du draußen stehen,
Du Gesegneter des Herrn?
Laß dir bei mir einzugehen
Wohl gefallen, du mein Stern!
Du, mein Jesu, meine Freud,
Helfer in der rechten Zeit,
Hilf, o Heiland, meinem Herzen
Von den Wunden, die mich schmerzen.
[3] 2.
Meine Wunden sind der Jammer,
Welchen oftmals Tag und Nacht
Des Gesetzes starker Hammer
Mir mit seinem Schrecken macht.
O der schweren Donnerstimm,
Die mir Gottes Zorn und Grimm
Also tief ins Herze schläget,
Daß sich all mein Blut beweget.
3.
Dazu kommt des Teufels Lügen,
Der mir alle Gnad absagt,
Als müßt ich nun ewig liegen
In der Höllen, die ihn plagt;
Ja auch, was noch ärger ist,
So zermartert und zerfrißt
Mich mein eigenes Gewissen
Mit vergift'ten Schlangenbissen.
4.
Will ich dann mein Elend lindern
Und erleichtern meine Not
Bei der Welt und ihren Kindern.
Fall ich vollends in den Kot:
Da ist Trost, der mich betrübt,
Freude, die mein Unglück liebt,
Helfer, die mir Herzleid machen,
Gute Freunde, die mein lachen.
5.
In der Welt ist alles nichtig,
Nichts ist, das nicht kraftlos wär:
Hab ich Hoheit, die ist flüchtig!
Hab ich Reichtum, was ist's mehr
Als ein Stücklein armer Erd?
Hab ich Lust, was ist sie wert?
Was ist's, das mich heut erfreuet,
Das mich morgen nicht gereuet?
[4] 6.
Aller Trost und alle Freude
Ruht in dir, Herr Jesu Christ;
Dein Erfreuen ist die Weide,
Da man sich recht fröhlich ißt.
Leuchte mir, o Freudenlicht,
Ehe mir mein Herze bricht;
Laß mich, Herr, an dir erquicken;
Jesu, komm, laß dich erblicken!
7.
Freu dich, Herz, du bist erhöret,
Jetzo zeucht er bei dir ein,
Sein Gang ist zu dir gekehret,
Heiß ihn nur willkommen sein
Und bereite dich ihm zu,
Gib dich ganz zu seiner Ruh,
Öffne dein Gemüt und Seele,
Klag ihm, was dich drückt und quäle.
8.
Siehst du, wie sich alles setzet,
Was dir vor zuwider stund?
Hörst du, wie er dich ergötzet
Mit dem zuckersüßen Mund?
Ei, wie läßt der große Drach
All sein Tun und Toben nach!
Er muß aus dem Vorteil ziehen
Und in seinen Abgrund fliehen.
9.
Nun, du hast ein süßes Leben;
Alles, was du willst, ist dein.
Christus, der sich dir ergeben,
Legt sein Reichtum bei dir ein.
Seine Gnad ist deine Kron
Und du bist sein Hütt' und Thron.
Er hat dich in sich geschlossen,
Nennt dich seinen Hausgenossen.
[5] 10.
Seines Himmels güldne Decke
Spannt er um dich ringsherum,
Daß dich fort nicht mehr erschrecke
Deines Feindes Ungestüm.
Seine Engel stellen sich
Dir zur Seiten, wann du dich
Hier willst oder dorthin wenden,
Tragen sie dich auf den Händen.
11.
Was du Böses hast begangen,
Das ist alles abgeschafft.
Gottes Liebe nimmt gefangen
Deiner Sünde Macht und Kraft.
Christi Sieg behält das Feld,
Und was Böses in der Welt
Sich will wider dich erregen,
Wird zu lauter Glück und Segen.
12.
Alles dient zu deinem Frommen,
Was dir bös und schädlich scheint,
Weil dich Christus angenommen
Und es treulich mit dir meint.
Bleibst du deme wieder treu,
Ist's gewiß und bleibt dabei,
Daß du mit den Engeln droben
Ihn dort ewig werdest loben.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Gerhardt, Paul. Gedichte. Gedichte. Warum willst du draußen stehen. Warum willst du draußen stehen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-A97A-B