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Eine besondere Freude jedoch, die mir in diesen Tagen geworden, darf ich nicht verschweigen. Ich erhielt einen Brief vom Professor Hegel, der mir höchst wohlthätig zu statten kam. Er bezog sich auf mein letztes naturwissenschaftliches Heft, besonders auf die entoptischen Farben. Dieser merkwürdige geistreiche Mann hat, wie meine Chroagenesie überhaupt, so auch dieses Capitel dergestalt penetrirt, daß meine Arbeit mir nun selbst erst recht durchsichtig geworden. Höchst erwünscht war mir dieß gerade in dem Augenblick, da ich meine seit zehen Jahren zusammengetragenen Papiere wieder zu sichten und gewissermaßen zu redigiren begann, in Absicht das nächste Stück damit auszustatten.

Eine solche Aufmunterung ist um so nöthiger, den Glauben zu stärken, der uns bei Recapitulation von widerwärtigen Hindernissen am Ende zu verlassen droht. Die beschränkte, eigensinnige, oft unredliche Widersetzlichkeit der Gegner möchte einen, wenigstens für Augenblicke, in Verzweiflung setzen. Nun ist es denn doch tröstlich, in der Mitwelt so bedeutende Zustimmung zu vernehmen, daß also ein Appell an die Nachwelt mit einiger Zuversicht ausgesprochen werden darf.

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Bei dieser Gelegenheit wiederhole meinen Dank für die Bekanntschaft mit Purkinje; ich habe einem Auszuge seines Büchleins mancherley eigene Erfahrungen, verknüpfende und fortleitende Betrachtungen zwischen geschaltet, denen ich Ihre Aufmerksamkeit erbitte. Warum werden Sie doch, mein Theuerster, durch solch ein so mächtig bewegtes Leben, diesen friedlichen Bemühungen auch Ihren schönen Antheil zu gönnen immer mehr wie es scheint abgehalten?

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TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 10. März 1821. Goethe an C. L. F. Schultz. Z_1821-03-10_c.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-3C2C-E