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Mit Staatsrath Schultz in Berlin ist die Correspondenz eine Zeither sehr lebhaft. Es geschieht wohl, daß manche Epochen sich in einem reichern wechselseitigern Interesse hervorthun, und da muß man denn nicht feyern; eh' man sich's versieht, tritt wieder etwas wo anders ein und lockt uns vielleicht auf die entgegengesetzte Seite. Diesmal ist der Moment für beide Theile höchst fruchtbar, wovon Du nächstens vernehmen wirst.

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Purkinje wird Dich gleichfalls sehr interessirt haben. Merkwürdig war mir, wie er sich aus dem Abgrund des Pfaffthums durch eigene Kräfte herausgehoben, sich autodidaktisch entwickelt und gebildet, dabey aber die Richtung in den Abgrund des eigenen Daseyns genommen; deshalb er denn ein freywilliges Märtyrerthum untergangen und sich an sich selbst im Einzelnen und im Ganzen zu belehren und zu begreifen gesucht. Ich sah ihn mit Riemer und Rehbein; gar wunderlich nimmt sich ein solches Wesen unter Protestanten aus, die sich doch immer zwischen der Außen- und Innenwelt im Gleichgewicht zu halten suchen. Ich hätte wohl gewünscht, ihn einige Tage festzuhalten;[234]die große Treue gegen sich selbst, seines innern Wesens und consequenten Wirkens in aller Eigenthümlichkeit zu schauen wäre vieles werth gewesen.

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TextGrid Repository (2022). Goethe, Johann Wolfgang von. 14. Dezember 1822. Goethe an Knebel (Auszug). Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-408E-9