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[126r]

Als ich ehegestern Abends1 Ihr sehr werthes Schreiben vom 10ten erhielt, hatte ich eben den Meyer[schen]
Aufsatz, von dem Sie schreiben, in Händen, indem mir solcher Tags zuvor von dem Herrn
von Altenstein zurückgegeben worden war. ich hatte ihn, seit dem ich denselben zuerst
gelesen, nicht wieder gesehen u entbehrte der Gelegenheit, mich nach seinem Schicksal zu [erkun-]
digen, weil ich leider seit Anfang Januar fast ganz auf mein Zimmer beschränkt [bin]
und in wenig Berührungen lebe. So war mir denn auch entschwunden, daß Sie auf [Nach-]
richt warteten, ob der Aufsatz so oder mit etwaigen Veränderungen dem Drucker
übergeben werden könne. Da derselbe die hiesigen Verhältniße so milde berührt, [wie]
wir selbst sie unter einander nicht beurtheilen, so ist dem Herrn Minister so wenig
als mir auch nur ein Wort vorgekommen, was man wünschen könnte, nicht öffentlich
gesagt zu hören; der Abdruck des Aufsatzes, wie er steht und liegt, ist gewiß [das]
wünschenswertheste, was für uns geschehen kann und wird mehr wirken und besser [als]
unsere persönlichen Bemühungen in der Sache.

ich soll nun dem Freunde Meyer ein inofficielles Danksagungs Schreiben, Na[mens]
des Hn. Ministers, ausfertigen, welches, sonst so angenehme, Geschäft mir durch
ein beschämendes Gefühl, das ich hiebey nicht überwinden kann, recht sauer wird.

[...][126v][...]

Die Angelegenheit des Museums der Kunst hat, wie zu erwarten war,
durch den Hirtschen Plan einen Stillstand erfahren, von dem ich mehr wünsche als
hoffe, daß er bald gehoben seyn möge. Alle andere Schwierigkeiten ungerechnet,
ergab es sich, bey der Untersuchung des Planes mit Rücksicht auf die Tragbarkeit des
Gebäudes, daß kaum die Hälfte des Gewichts an Marmor, welches H. der
oberen Etage zugedacht hatte, derselben ohne Gefahr anvertraut werden kann!

[127r]

[127v][...]

Daß Prof. Hegel Ihrer Farbenlehre Theilnahme geschenkt, war mir bekannt, und
doch überraschend zu hören, daß er sich selbst thätig darin erwiesen. Während ich in meinem
abhängigen Zustande in diesen Dingen fortzuschreiten aufgeben muß und mich nur auf einzelne
gelegentliche Bemerkungen beschränken kann, ist es mir tröstlich, daß ein anderer für mich
eintritt, um Sie aufzumuntern, in diesem Bemühen nicht zu ermüden.

[...]

In treuer Verehrung
Schultz
Abends]

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TextGrid Repository (2022). Schultz, Christoph Ludwig Friedrich. [15.-]17. März 1821. C. L. F. Schultz an Goethe (Auszug). Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-3C35-3