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Eine Reise Meyers nach Berlin habe lange gewünscht und ich werde ihn möglichst anregen; freylich[258]verläßt er nicht gern seine beschränkten ruhigen Zustände, doch ist er gesunder als je und fühlt so gut als wir, daß nicht zu berechnen sey, was in der gegenwärtigen fruchtverheißenden Zeit ihm, Ihnen und uns, in Breite und Tiefe, für Gutes und Heilsames entspringen könne.

Mich wird freuen, was Sie über das Capitel der entoptischen Farben im Einzelnen sagen, den Hauptangel, worum sich's Ganze dreht, haben Sie gleich gefunden, man möchte sagen die Gewalt des Trüben auf's Trübe und die schönste Darstellung des eigentlich Polaren in allen diesen Erscheinungen; es ist ein ewiges Berlicke Berlocke, dessen Behendigkeit Niemand fesseln kann. Man sehe nur, wie sich die Meteorologen mit ihrem + und - E herumquälen, um es tabellarisch in Reih und Glied zu bringen.

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Nun noch zu dem wissenschaftlichen Hefte, wovon Sie den Haupttheil kennen. Sie werden mich treu finden an jeder Sache; wie ich das alles aber jetzt gedruckt sehe, so werd ich, auf dem Stuhle sitzend, wirklich müde, in Betracht des zurückgelegten Wegs und Irrwegs, der doch zuletzt wie eine Art von Weg aussieht.

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[262]So weit war ich gekommen, als Ihr lieber Brief vom 18. einlangt und zugleich Ernst Schubarth sich einstellt.

Sein Äußeres ist anfänglich nicht ganz günstig, besonders in Bezug auf mich, weil ich die Brillen hasse. Lassen Sie sich aber nur gleich seine Jugend- und Bildungsgeschichte erzählen, so wird Ihnen Breslau, das Sie kennen, noch klärer und deutlicher seyn als mir, der ich's nicht kenne. Zu bewundern ist das reine Aufnehmen der Äußerlichkeiten mit Gegengefühl ohne Widerstreit. Alles andere sey Ihnen überlassen; ich sage kein Wort weiter; denn ich bin mit allem, was Sie in Ihrem Briefe sagen, vollkommen übereinstimmend.

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Nächstens mehr! Hofrath Meyer hat sich selbst angekündigt und wird diesem Briefe bald folgen. Möge alles zum Besten gerathen!

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[263]Nach abermaliger Überlegung geht der junge Mann, der zu bestimmtem Tag in Breslau seyn muß, gerade dahin zurück; es ist in manchem Sinne besser. Man behält bey näherem Umgange die gute Meinung von ihm und sie vermehrt sich. Inniger und folgereicher habe ich nicht leicht ein Wesen gesehen.

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TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 25. u. 26. September 1820. Goethe an C. L. F. Schultz. Z_1820-09-25_c.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-3A9B-2