[171] ... Indem an {die} Stelle des Herrn von Schuckmann der Herr Minister von Altenstein mein Chef geworden ist, dem ich seit vielen Jahren innig zugethan bin, sind mit meinen besten Wünschen und Hoffnungen zugleich Sorgen wieder lebendig geworden, die ich lange nicht mehr kannte, und ich sehe noch nicht klar in die Zukunft. Möge dieser ungewisse Zustand bald einer heiteren Zuversicht weichen!

Ihr werthes Schreiben vom 24. v. M. schließt mit dem erfreulichen Wunsche des Wiedersehens, und erlaubt mir, ihn auf das Günstigste dahin auszulegen, daß es unverändert bei der Absicht Ihrer Herkunft im Frühjahr verbleibt. Sollte noch irgend ein Bedenken für Sie in den hiesigen Verhältnissen obwalten, so bin ich jetzt, noch mehr als vorher, gewiß, es heben zu können; so wie überhaupt der Eintritt des Herrn von Altenstein in seine jetzige Stellung Ihren hiesigen Aufenthalt für Sie angenehmer, für uns wohlthätiger zu machen verspricht, als es je zu hoffen war, indem derselbe stets eine innige Hochachtung gegen Sie hegt. Jetzt haben wir endlich auch eine sichere Hoffnung, Seebeck hieher zu ziehen, wie gespenstisch sich auch die Scheelsucht seiner Gegner dawider erheben wird; wenn er nur bis zum Frühjahr schon hier wäre! Herr von Altenstein hat mir gestern zwei ganz vortreffliche große schwarze Spiegel und neun Glastäfelchen zur Bildung eines Würfels eingehändigt, welche er schon vor einem Jahre von Seebeck erhalten, und seitdem verlegt hatte. Dieser Apparat ist von außerordentlicher Wirkung; ich freue mich schon auf die nächsten heiteren Stunden!

Vor einigen Tagen befand ich mich in Gesellschaft mehrerer Newtonischer Optiker, die denn ihre Consternation und ihren Unmut nicht bergen konnten, daß die vortreffliche Biot'sche Gelehrsamkeit durch Ihre einfache Lehre vom directen und obliquen Lichte so ganz zu Wasser gemacht sein sollte, daß es der mit so viel Kosten nach Biot's Angabe verfertigten Apparate im Mindesten nicht bedürfe, und alle ihre Arbeit vergebens sei. Vorzüglich erhob sich Professor Tralles, dessen akademischer Dünkel nun hoffentlich nicht mehr, wie sonst, schädlich sein wird.

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TextGrid Repository (2023). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 13. Dezember 1817. C. L. F. Schultz an Goethe. Z_1817-12-13_k.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-B976-C