Higher revision available You are viewing revision 0 of this document. A higher revision of this document has been published: Revision 2.
[78v]
An
den Privatdocenten Herrn
Doktor Müller
Wohlgeboren
in
Bonn.

Ew. p danke ich verbindlichst für die
Aufmerksamkeit, welche Sie mir
persönlich durch gefällige Zueig-
nung Ihrer neuesten von dem müh-
samsten Fleiße, einer feinen
Beobachtungsgabe, und einem um-
sichtigen Urtheile zeugenden
Schrift, die sehr schätzbare Bei-
träge zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes des Mensch[en]
und der Thiere enthält, bezeigt haben. Um Ihnen meine besondere
Zufriedenheit mit Ihren bisherigen wissenschaftlichen Leistungen
auch öffentlich zu bethätigen, habe ich Sie nunmehr zum ausser-
ordentlichen Professor in der medicinischen Fakultät der dortigen
Universität ernannt, und hege ich zu Ihrem ausgezeichneten Eifer
für die Wissenschaft eine für den Beruf eines öffentlichen
Lehrers derselben das wohlbegründete Vertrauen, daß Sie
diein der1 Stellung, welche Sie nunmehr zu der dortigen medicinischen
Fakultät einnehmen, meine Erwartungen erfüllen und Sich
dadurch Ansprüche auf weitere Berücksichtigung erwerben
werden. Ihre förmliche Bestallung wird der ausserordentliche
Regierungsbevollmächtigte (G. R. R.)Geheimer RegierungsRath Rehfues Ihnen einhän-
digen. Gar sehr bedaure ich, daß es mir für jetzt nicht möglich
war, Ihnen zugleich mit Ihrer Beförderung zum ausserordent-
lichen Professur auch eine angemessene Besoldung zu bewil-
ligen. Indessen habe ich, um Ihnen in Ihrer bedrängten
ökonomischen Lage so viel als möglich zu Hülfe zu kom-
men Ihnen aus diesseitigen allgemeinen Fonds eine
ausserordentliche Remuneration von Zweihundert Thalern
bewilligt, welche Sie bei der Generalkasse meines Mi-
nisterii gegen vorherige Einsendung Ihrer Quittung
erheben können. Ich werde bis zu dem Zeitpunkte, wo eine
feste Besoldung für Sie ausgemittelt seyn wird, Ihnen
auch fernerhin auf ähnliche Weise das Drückende Ihrer
oekonomischen Lage zu erleichtern suchen. Die von Ihnen
begonnenen Untersuchungen über den Einfluß des
gefärbten Lichtes auf die Vegetation und auf die
Lebenserscheinungen der Pflanzen und Thiere, deren Sie
in Ihrem beifallswerthen Schreiben vom 2ten Februar (d. J.)dieses Jahres
gedenken, wünsche ich von Ihnen fortgesetzt und zu
einem wo möglich entscheidenden Resultate geführt zu
sehen. Die Kosten, welche für Sie aus diesen Untersuchungen
durch den Ankauf gefärbter Gläser u. s. w. bereits erwach-
sen sind, oder noch erwachsen werden, werde ich Ihnen durch
eine ausserordentliche Bewilligung erstatten lassen,
und fordere ich Sie zu dem Ende auf, mir den Betrag
derselben demnächst anzuzeigen.

Mit Vergnügen benutze ich diese Veranlassung,
Sie meines aufrichtigen Wohlwollen zu versichern
(N. Sr Exc.)Namens Seiner Excellenz
Altenstein
diein der]

License
CC-BY-NC-SA-4.0
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2022). Vom Stein Zum Altenstein, Karl. 8. April 1826. Altenstein an Johannes Müller (Konzept). Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-4479-D