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[18r]

[...] Was mich unendlich
gefreut hat, ist daß Frau Senstius noch lebt und daß sie noch ganz so
ist, wie sonst, aber auch ganz so, obgleich ihre Verhältnisse sehr
traurig geworden sind. Ich war gestern Morgen bei ihr [...]

Stark ist verheirathet [...] Die Seebecks
Kinder sind alle verheirathet bis auf die lezte. Die hat ein großes
Unglück gehabt. Sie sollten den Prof. Leo heirathen mit dem
sie 5 Jahre in Verbindung gestanden. Vor dem Hochzeitstage
entflieht dieser aus bis jetzt noch unbegreiflichen
Gründen und läßt in der Ferne einen fürchterlichen, teuflischen Charakter
eher ahnden als begreifen. Die Familie ist dadurch in unsegliches Elend
versetzt, die Sache ein ungeheurer allgemeiner Scandal,
und das Mädchen, Adelina heißt sie, vergeht in langsamem
Schwinden. Ich habe diesen Leo, der äußerst gescheut, liebenswürdig
und geistreich seyn [kann], zufällig in Halle kennen gelernt,
ohne von Alle dem zu wissen. Sonst ist Alles hier
wie sonst. Horkels haben mich aufgenommen als, wenn ich
gestern Abend noch da gewesen. Nur mein Buchbinder ist
todt, nach dem ich am ersten Abend noch gefragt, das
hat mich recht betäubt. Frau Kohlrausch ist in[18v]Töplitz, soll sich meiner noch mit vielem Interesse
erinnern, die Naturwissenschaften ganz und gar studiren
und in ihrer Laune von einer Reise nach den Canarischen
Inseln
in allem Ernste reden, wobei ich dabei seyn
soll. Der Sohn ist ein trauriges Abbild des Vaters. [...]

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TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 10. September 1828. Johannes Müller an seine Frau Nanny (Auszug). Z_1828-09-10_k.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-5CB1-2