[48r]

Den Privat-Docenten Dr
Müller betreffend.

In Folge von Euer Excellenz Res-
cript vom 27ten Juli (pr.)prioris [anni] |No 14758|
hat der Dr
Müller
seine Lauf-
bahn als Privat-Docent bey der
medicinischen Facultät mit
dem Anfang des verflossenen Semes-
ters angetreten, und sich be-
reits unter dem 8ten December
mit der, in originali beyge-
schlossenen Vorstellung wegen
einer Unterstützung an mich
gewendet.

Unerachtet mir über den
Erfolg seiner neuen Laufbahn
keine Zweifel vorschwebten, so
glaubte ich doch, erst den Schluss
des Semesters abwarten zu
müssen eh' ich (Ew.)Euer Excellenz
über dieses Gesuch Vortrag
machte. Ich kann es aber nun
mit der größten Genugthuung
thun, da die Erwartungen
[48v]welche Hochdero Scharfblick von
diesem hoffnungsvollen jungen
Gelehrten gehegt hat, sich sehr
erfreulich zu rechtfertigen an-
gefangen haben. Die Vorlesungen
des Dr
Müller
wurden nicht
nur sehr fleißig besucht, sondern
seine Zuhörer rühmten auch
allgemein seinen schönen und
lichtvollen Vortrag, und das
Interesse, welches er seinen Ex-
perimenten zu geben verstand,
und durch die er ihre Auf-
merksamkeit auf eine dop-
pelte Weise gefesselt hatte.
Ich glaube darum auch, da
ich mehr als {Eine} Gelegenheit
gehabt, eine persönliche Ueber-
zeugung hierüber, auch von
Seiten der einzelnen Profes-
soren selbst, zu begründen,
das Gutachten der Facultät
um so mehr umgehen zu
dürfen, als die Zeit eines
Semesters für ein ganzes
Collegium nicht immer hinreicht,
[49r]um die erfoderlichen Ueber-
zeugungen zu gewinnen, welche
schon überhaupt den angehenden
Docenten nie sehr günstig sind.

Mein ehrerbietigster Antrag
geht daher dahin, daß (Ew.)Euer Ex-
cellenz dem Dr
Müller
für
das verflossene Semester eine
ausserordentliche Unterstützung
von 100 (rh.)Reichthaler auf das extraordinarium
des laufenden Jahres bewilligen
möchten.
1 Der Zustand der Fonds
macht zwar freylich die Dispo-
sitionen über den Tit. XIII. etwas
bedenklich; aber die Aufmun-
terung junger Docenten, von
denen sich die Universität viel
versprechen darf, ist gewiß ei-
ne der belohnendsten Aus-
gaben, und so glaube ich um
so gewisser auf Hochdero Ge-
nehmigung meines Antrags
hoffen zu dürfen, als (Ew.)Euer Ex-
cellenz dem Dr
Müller
Selbst
die Versicherung gegeben
[49v]haben, daß er durch ausseror-
dentliche Remunerationen vor
den drückenden Nahrungssorgen
gesichert werden solle.

Der (König.)Königliche außerordentliche Re-
gierungs-Bevollmächtigte.
Rehfues
Sr Excellenz
dem (König.)Königlichen Wirklichen Geheimen
Staats- und Minister der Geistlichen
Unterrichts- u. Medicinal-An-
gelegenheiten Herrn Freiherrn
von. Altenstein
in
Berlin.
Notes
1
Am Rand durch senkrechten Strich markiert; daneben "fiat".
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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2023). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 7. April 1825. Rehfues an Altenstein (Ausfertigung). Z_1825-04-07_k.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000F-C9DD-6