[Ich kan nicht lustig seyn/ mein traurig Hertze weinet]

Ich kan nicht lustig seyn/ mein traurig Hertze weinet/
Wenn mein verstellter Mund erfreut zu lachen scheinet/
Die Sprache zwinget sich/ das Hertze saget nein/
Es komme wie es will/ ich kan nicht lustig seyn.
Ich weiß nicht was mir fehlt; ich darff nicht Mangel leyden/
Des milden Himmels Gunst hat mir mein Theil bescheiden/
Obgleich kein Uberfluß im Kasten wird gezählt/
So reicht es immer zu/ ich weiß nicht was mir fehlt.
Mir mangelt freyer Mutt/ ich darff nicht Liebe klagen/
Kan keuscher Ehe Frucht auff beyden Armen tragen/
Die Ehrsucht plagt mich nicht/ die manchem wehe thut/
Nur das ist mein Beschwer/ mir mangelt freyer Mutt.
Der schwache Leib empfind wohl offt Beschwerligkeiten/
Und sieht ihm allgemach sein frühes Grab bereiten/
Trägt seinen Tod mit sich/ doch iedes Adams Kind
Fühlt unterweilen/ was der schwache Leib empfind.
Die krancke Seele drückt wohl auch ein schwer Geblütte/
Jedoch am meisten steckt der Mangel im Gemütte/
Durch Hoffnung naher Grufft wird offt der Geist erquickt/
Wenn matter Glieder Last die krancke Seele drückt.
Ich leide steten Zwang/ bin bey vergnügten Stunden
An stille Traurigkeit/ Verdruß und Angst gebunden/
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Bin wachend voller Schlaff/ und bey Gesundheit kranck/
Bey Leben halber Tod/ ich leide steten Zwang.
Ich bin mir selber gram/ daß ich mich nicht kan zwingen
In ungezwungner Lust ein Stündchen hinzubringen/
Und mehre den Verdruß durch Ungedult und Scham/
Doch thu ich was ich will/ ich bin mir selber gram.
Wer lindert meine Qual? Last Gold und Silber fliessen/
Last mich der Perlen Staub/ Corallen-Blutt geniessen/
Bringt saure Quellen her/ und zieht den Geist aus Stahl/
Diß alles hilfft mich nicht: Wer lindert meine Qual?
Kein Arzt verschafft mir Rath/ glückselig ist im Leben
Wem Gott ein frölich Hertz und freyen Sinn gegeben;
Wofern der Höchste diß nicht mitgetheilet hat/
Ist alle Müh umsonst/ kein Arzt verschafft mir Rath.
Ach komm gewünschter Tod/ du Artzney vieler Klagen/
Du Anfang süsser Ruh/ du Ende schwerer Plagen/
Lust-Pforte/ Freuden-Schlaff/ Besieger aller Noth/
Ich sehne mich nach dir/ ach komm/ gewünschter Tod.
Willkommen liebes Grab/ du Wohn-Hauß vieler Brüder/
Der Müden Schlaff-Gemach/ du Ruhstatt sichrer Glieder/
Ich lege meine Noth mit Freuden bey dir ab/
Und sage wohlgemutt: Willkommen liebes Grab!

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2011). Abschatz, Hans Aßmann von. Gedichte. Gedichte. Himmelschlüssel oder Geistliche Gedichte. [Ich kan nicht lustig seyn- mein traurig Hertze weinet]. [Ich kan nicht lustig seyn- mein traurig Hertze weinet]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-CD8E-5