Sterben ist nicht Rosenbrechen

Satz

Die betrübte Zeit bricht an/
Da die matten Kräffte schwinden/
Und der Geist die enge Bahn
Zu der Himmels Ruh soll finden.
[117]
Laß die Welt von Großmutt sprechen:
Sterben ist nicht Rosenbrechen.
Bittre Wermutt/ saure Qual
Ist der herbe Todes-Saamen:
Solche Kosten allzumahl/
Die von Adams Stamme kamen.
Drum muß ich mit Seuffzen sprechen:
Sterben ist nicht Rosenbrechen.
Leib und Seele trennen sich/
Aller Safft entgeht dem Hertzen/
Sünd und Reue drücken mich/
Bey viel tausend Angst und Schmertzen
Muß ich nicht mit Zittern sprechen:
Sterben ist nicht Rosenbrechen.
Gegen-Satz

Die gewünschte Zeit bricht an/
Da die blassen Sorgen schwinden/
Und der müde Lebens-Kahn
Soll den sichern Hafen finden:
Laß das Fleisch die Dornen stechen/
Sterbend muß man Rosen brechen.
Eine Rose blüht im Thal/
Sarons Blum in eignem Nahmen/
Diese leben allzumahl
Die zu diesem Stocke kamen:
Wenn mein Mund vergist zu sprechen/
Will ich diese Rose brechen.
Jesus/ der mein ander Ich/
Der mein Alles/ lebt im Hertzen/
Sein Blutt labt und reinigt mich/
Wenn mich tausend Schulden schwärtzen/
Daß ich wohlgemutt kan sprechen:
Sterbend muß man Rosen brechen.
[118] Nach-Satz

Edle Blütte Davids Reiß/
Das ich sah am Oelberg liegen/
Kühle mich im Todes-Schweiß/
Labe mich in lezten Zügen/
Ob des Todes Dörner stechen/
Laß mich Lebens-Rosen brechen!

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2011). Abschatz, Hans Aßmann von. Sterben ist nicht Rosenbrechen. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-D38C-D