Das beliebte und gelobte
Kräutlein Toback
oder
Allerhand auserlesene
Historische Merckwürdigkeiten
Vom Ursprung / Beschaffenheit / Würckung, sonderbaren Nutzen, Gebrauch und Mißbrauch des Tobacks,
aus
Berühmter Männer Schrifften gesammlet, und allen seinen Liebhabern zur ergötzenden
Vergnügung und Zeitvertreib mitgetheilet von J.G.H.

Geneigter Leser

Geneigter Leser /

Ob mir wohl nicht verborgen / daß nach dem Urtheil eines gelehrten Mannes das Bücher-Schreiben vor eine theils unbesonnene, theils verwegene / und aus einer kleinen Philavtie herrührende Sache gehalten werde / alldieweil man sich ohne Noth vor so vieler unterschiedlich-urtheilender Ingeniorum Richter-Stuhl stellet: So erkühne ich mich doch / mit diesem schlechten Wercklein dir vor die Augen zu treten; Doch nicht in der Meynung / als ob ich meine Feder mit dererjenigen ihrer vergleichen wolle / welche mit ihren angenehmen / schönen und nützlichen Materien der curieusen Welt bißhero gnugsames contentement verschaffet / denn meine Profession ist eben nicht das Bücher-Schreiben / vielweniger finde mich capable /diese curieuse Materie vom Toback ex fundamento zu untersuchen / worzu Männer von profonder Gelehrsamkeit und Erfahrung gehören; Sondern meineraison ist diese: Ich habe nach meinen zurückgelegten ordentlichen Verrichtungen die bißweilen mit unterlauffenden mißvergnügten Stunden mit Lesung guter und nützlicher Bücher zu versüssen getrachtet / auch hie und da einige angenehme Curiosa aus selbigenexcerpiret. Da ich nun in meinem schlechten apparatu einige merckwürdige Dinge von dem edlen Kraute des Tobacks angetroffen / als habe vermeynet / es würde nicht undienlich seyn / wenn ich erwehnte Merckwürdigkeiten in eine gewisse Ordnung brächte /und selbige denen Liebhabern dieses Krauts zum vergönnten Zeit-Vertreib mittheilete. Und in solcher Absicht nehme ich mir die Freyheit / diese schlechte Arbeit unter die Presse zu geben / den geneigten Leser aber aufrichtig zu versichern / daß ich mich nach Mögligkeit befliessen / durchgehends in diesem Wercklein nicht durch einige sündlich geartete Redens-Art frommen und Gottseeligen Augen Anstoß oder Aergerniß zu geben / gegentheils aber einem jedweden Lust und Nutz zu ertheilen. Ubrigens gebe ich dir / geneigter Leser / freye Macht / von diesem Büchlein gut oder böse zu urtheilen / auch wird es mir einerley seyn / ob du diese Blätter deines Anschauens würdigest / oder dich derselben bey dem Gebrauch des Tobacks an statt der fidibus bedienest / indem ich nicht eben gesinnet / wie der bekannte Engelländische Poet Owenus / welcher von seinem Buche also wünschet:


Tabificum non aceendat liber iste Tabacum, Terge libro potius posteriora meo.

Cap. I. Vom Ursprung / Nahmen - Beschaffenheit und mancherley Arten des Tobacks

[7] Cap. I.

Vom Ursprung / Nahmen / Beschaffenheit und mancherley Arten des Tobacks.

Dieses edle Kraut ist denen Europäern vor Entdeckung der Neuen Welt unbekannt gewesen. Nachdem aber Jean Nicot, Königs Francisci II. in Franckreich Abgesandter am Königl. Hof in Portugall Anno 1560. von einem Edelmanne etliche junge Pflantzen dieses Krauts (als welche diesem neulich aus Florida / einer neu-erfundenen herrlichen Landschafft in America /zugeschicket worden) verehrt bekommen / und selbige in seinem Lust-Garten fortgepflantzet / ist dieses Kraut zuerst in Portugall bekannt worden. Und weil gedachter Nicot der Würckung dieses Krauts mehr und mehr nachgeforschet / auch dessen vortreffliche Krafft und Tugend in Ausheilung offener Schäden /gefährlicher Wunden und Geschwüre [7] gnugsam kennen lernen / hat er solches nebst dessen Saamen seinem Könige / der alten Königin / und etlichen Ministris am Frantzösischen Hofe zugeschicket / allwo man es gleichfalls heilsam befunden / und in verschiedene Gärten hin- und wieder verpflantzet. vid. Wittichii Bericht von unterschiedenen fremden Kräut. cap. 2. p. 93. In Engelland hat man dieses Kraut etwa ums Jahr 1585. kennen lernen / indem es der berühmte Engelländer Sir Walther Rawleigh / welcher den gantzen Erdboden mühsamst durchkrochen / zur Zeit der Königin Elisabeth aus Virginien zuerst mit sich dahin gebracht. Oldmixons Groß-Brittann. Americ. p. 279. Nachgehends ist es in viele andere Länder versendet worden / daß es also in Europa nunmehro eben so bekannt ist / als es vormahls in America mag gewesen seyn.

Der rechte und eigentliche Nahme desselben sollPetum seyn; also wird es von denen Einwohnern der reichen und mächtigen Landschafft Peru in America genennet / und hat es von gewissen Personen / so es zuerst in unsere Europäische Länder gebracht und bekannt gemacht / auch verschiedene Nahmen bekommen. In Portugall nennte man es l' Herbe de l' Ambassadeur, oder des Gesandten Kraut / vielleicht /weil dessen eigentlicher Nahme daselbst [8] noch nicht bekannt war. In Franckreich wurde es der alten Königin zu Ehren / welche es von gedachten Nicot zuerst zugeschickt bekommen / Herbe de la Royne Mere, Herba Catharinaria, Herba Medicæa, genennet /gleichwie es auch sonst Herbe du grand Prieur, von einem Groß-Prior, der selbiges von seiner Reise über Lissabon nach Franckreich gebracht / geheissen wurde. Die Spanier nennen es Tabacco, von dem Americanischen Ländgen Tabaco oder Tabasco, in der Neu-Hispanischen Provintz Jucaton, allwo vormahls / nach dem Bericht des Engelländischen Ritters Dampiers, vortreffliche Pflantz-Städte gewesen / welche aber nachgehends von denen wilden Indianern dermassen verderbet und verwüstet worden / daß dieses Ländgen / so herrlich und fruchtbar es sonsten ist / doch noch biß auf den heutigen Tag unbebauet lieget. vid. Dampiers Reise um die Welt P. I. cap. 17.p. 881. In Italien führet es verschiedene Nahmen / alsTorrabonna, von Nicolao Torraboni, einem Bischoff der Römischen Kirchen / und Herba St. Crucis, von einem Cardinal a St. Cruce, welcher selbiges als Päbstlicher Nuncius aus Portugall nach Rom gebracht. Lateinisch wird es genennet Herba Nicotiana von mehrgedachten Nicotio; Und von seiner sonderbaren Krafft und Tugend [9] Herba divina, Consolida Indica, oder auch Sana Sancta. Die Teutschen nennen es Toback / Nicotian, Indianisch Wunder-Kraut / Heil-Kraut / Indianisch Beinwoll / etc. wiewohl keiner unter allen diesen Nahmen gewöhnlicher ist als Toback / oder / wie andere schreiben /Taback.

Es gleichet dieses Kraut einiger massen dem Bilsen-Kraut / wächset grün auf einem geraden Stengel 4. biß 5. Ellen hoch / auch niedriger; Seine Blätter hangen an einem Stiel / sind wollicht / länglicht / dick und safftig. Es sind aber vornehmlich zweyerley Geschlechter desselben / nehmlich das Männlein und das Weiblein; Das Männlein ist so wohl an dem Stengel als auch an den Blättern weit grösser als das Weiblein wächset 3. biß 4. Ellen in die Höhe / hat wie die Arme ausgebreitete Zweige / länglicht gantz grüne Blätter / in der Mitten breit / am Ende etwas spitzig zu / und wird von einigen Autoribus Nicotiana latifolia genennet; da hingegen das Weiblein einen sehr niedrigen Stengel und schmale Blätter hat / und heist etlichen Potanicis Nicotiana angustifolia. Es wird im Herbst gepflantzet / und muß in steter Wärme gewartet / sein Saame auch überhaupt in einen fetten Grund gestecket werden. Sonst ist ein recht guter Toback aus [10] folgenden Eigenschafften zu erkennen /wenn er nehmlich an der Farbe bräunlich und wie Castanien-Schalen aussiehet / am Geruch erstlich wie frisch Heu oder Rosen / hernach / wenn er geschnitten und in die Nase kriecht / annehmlich scharff ist.

Durch die chymische Auflösung hat man befunden / daß der Toback viel von unzeitigen Schwefel in dem stinckenden Oel bey sich habe / so mit einem scharffen flüchtigen Saltz vermischet ist. Das erste bezeuget seine Schmertz-stillende / Schlaff- bringende und fast dumm-machende Krafft. Das Sal volatile acre aber zeiget an theils der Pfeffer-Geruch / theils sein Geschmack und resolvirende auch oben und unten evacuirende Krafft / und nach dessen ungeziemenden Gebrauch erfolgende convulsiones. Uber das findet sich auch ein saures phlegma oder Wasser / und die terrestrischen Theilgen bezeuget die beym Rauchen zurück bleibende Asche. vid. Thebesii Nachricht vom Toback / cap. 2. p. 12.

Gleichwie aber das Erdreich sehr unterschieden ist / und die Pflantzen sich gerne nach seinem natürlichen Climate richten; Also ist es um so viel weniger zu verwundern / wenn dieses Land bessern Toback hervor bringet als jenes. Jedoch hat man aus der Erfahrung erlernet / [11] daß manches Erdreich / wo man anders die Kräffte fleißig dran strecket / sich bißweilen gefallen lasse / eine Pflantze oder Frucht hervor zu bringen / welche derjenigen / so aus seinem natürlichen Erdreich ohne angewendete Mühe hervor wächst / an Güte ziemlich nahe kömmt. Und dieses erkennen wir aus unsern geseegneten teutschen Aeckern / welche durch unverdrossenen Fleiß der arbeitsamen Einwohner dahin gebracht worden / daß sie sich nunmehro der mode der Zeiten ziemlich zu accommodiren scheinen / wovon unten etwas mehrers zu vernehmen seyn wird / wenn wir vorhero einige andere Arten des Tobacks / so an unterschiedenen ausländischen Orten gepflantzet wird / betrachtet werden haben.

Auf der Americanischen Küste Caraccos lieget ein kleines Dorff / Verine genannt / woselbst die Spanier eine Plantation haben. Solcher Ort ist wegen seines vortrefflichen Tobacks sehr berühmt / als welcher vor den besten in der gantzen Welt gehalten wird. Dampiers Reise um die Welt P. I. cap. 3. p. 123. Wiewohl Thebesius in seiner Nachricht vom Toback cap. 2. p. 14. versichert / es werde der Ost-Indische oder Japanische vor den angenehmsten und besten gehalten / weil daselbst ein süsses Erdreich sey /daher auch nicht so viel grobes Oel und penetrant [12] scharffes Saltz bey ihm anzutreffen. Dabey aber sey er auch der allertheuerste / weil er wegen des weiten Weges / und weil sie drey Tage unter der Sonnen oder Linie fahren müsten / verderben soll / und also in unsere Länder nicht gebracht werde.

Nächst diesem behält der Virginische Toback ausser allem Zweifel den Preiß. Dieser ist in Virginien so gemein / und dem Pflantzer so nützlich / dem Erdboden aber so natürlich / daß man sich sonst auf nichts so sehr daselbst geleget. In Europa muß man den Toback mit Sorge fortziehen / in Virginien aber lassen sie ihn frey in der Lufft stehen. Man steckt ihn wie bey uns den Kohl / läßt ihn einen Monat stehen /und jäthet ihn indeß fleißig. Wenn er etwa einer Hand breit / versetzt man ihn beym ersten nassen Wetter in die so genannte Tobacks-Hügel. Ist er zu 4. Wochen 1. Schuch hoch / brechen sie den Gipffel ab / beschneiden so denn alle unterste Blätter / daß ihr nur 7. biß 8. am Stängel bleiben / damit sie bey dem Kopff oben desto bessere Nahrung haben / da denn diese Blätter in 6. Wochen zu ihrer völligen Reiffe gelangen. Man bricht die Neben-Schößling ab / und säuberts wöchentlich 2. mahl vom Horn-Wurm. Dieses dauret 3. Wochen oder 1. Monat / wornächst die Blätter [13] anfangen ihre Grünigkeit in eine Bräune zu verändern / spitziger und dicker zu werden / woran man die Zeitung abnimmt. So bald er reiff / muß man ihn abschneiden / einen halben Tag im Felde liegen / hernach auffhäuffen / und eine Nacht schwitzen / Tags darauf ins Toback-Hauß führen lassen / allwo eine Pflantze neben die andere in gewisser Weite auf 4. oder 5. Wochen aufgehänget wird. Nach diesen nimmt man ihn bey feuchten Wetter herab / wenn die Blätter geschlacht / sonsten er zu Pulver würde / legets denn auf Stecken / und beschwerets 14. Tage lang zum Schwitzen / nachgehends thun die Knechte an einem feuchten Tage den Klumpen voneinander /streiffens ab / und suchens aus / massen die obersten Blätter die besten / die untersten aber den schlechtesten Toback geben. Die letzte Arbeit ist / ihn in Fässer zu packen / oder aufzuballen / so gleichfalls bey nassen Wetter geschicht / massen man zum Toback das nasse Wetter eben so nöthig hat / als das trockene / weil er sonst zumalmet. Sonsten ist der Virginische Tobacks-Handel einer der vortheilhafftesten vor die Engelländische Nation, indem jährl. über 200. grosse Schiffe dazu gebraucht / und ein Jahr ins andere 3. biß 400000. Pfund Sterling der Königl. Kammer bezahlet werden. Neben dem ungemeinen Nutzen [14] der Ausfuhre ist dieser Handel auch deswegen hoch zu achten / weil er so viele tausend Mäuler und Hände in Engelland und Virginien ernähret. Der beste Virginische Toback aber wächset am York-Fluß. Oldmixons Groß Britt. America, p. 394.

Der Toback auf der Americanischen Provintz Maryland ist stärcker als der Virginische / und der ihn rauchen will / muß ein starck Gehirn haben. Doch hat der Pflantzer schon seinen Nutzen davon / indem er in denen Ost- und Norder-Theilen Europæ mehr verlanget und lieber getruncken wird / als der angenehm-riechende Virginische von James- und Yorck-Fluß. Die Leute haben sich Profits halber hier so starck auf das Toback Pflantzen geleget / daß man meynet / es wachse hier mehr als in Virginien. Oldmix. Groß-Britt. Amer. p. 269.

In Brasilien wächset vortrefflicher Toback / welcher weit und breit verführet wird / und zu dessen Verpflantzung und Verarbeitung viel Sclaven von Angola und Gvinea dahin gebracht werden. Dellons Ost-Ind. Reisebesch. P. II. cap. 26. p. 394. & 404. Dieser Toback hatte vormahls den Rang / ietzo aber der aus Virginien und Maryland. Old. Groß-Britt. Amer. p. 394. Und dieses sind die bekanntesten und besten Arten des Tobacks.

[15] Hiernächst findet man auch an andern Orten Toback / so ebenfalls nicht zu verachten. Manilla, eine Stadt auf der Insul Lucon, welche zu denen Philippinischen Insuln in Asia gehöret / bringet einen vortrefflichen Toback hervor / welcher lieblich und anmuthig zu rauchen ist. Er hat eine lichtgelbe Farbe / und mittelmäßig-grosse Blätter. Die Spanier zu Manilla wenden grossen Fleiß an bey diesem Toback / und haben eine gar sonderliche Art / die Blätter davon nett zusammen zu packen. Sie nehmen 2. kleine breit geschnittene Stecken / jeden ungefehr eines Fusses lang / legen hernach die Stiele an denen Blättern fein ordentlich 40. oder 50. auf einmahl dazwischen / und binden die Stecken fest zusammen / daß die Blätter abwerts hangen. Ein solch Paqvet gilt in der FestungSt. Georg einen Real. vid. Dampiers Reise um die Welt P. I. cap. 12. p. 610.

Auf der Insul Mindanao, so gleichfalls zu denen Philippinischen Insuln gerechnet wird / wachset ein Toback von vortrefflicher Art / die Einwohner wissen sich aber dieser Waare und des vermuthlichen Nutzens davon nicht zu bedienen / wie die Spanier zuManilla des Ihrigen. Der Unterscheid unter diesen beyden Toback-Gattungen ist / daß der von Mindanao bräuner ist / auch breitere und dickere Blätter [16] hat / als der zu Manilla, dessen Ursache / daß das Erdreich zu Mindanao fetter ist. Zu Mindanao bekömmt man vor einen Real 10. biß 12. Pfund / und zwar / der eben so gut / ja vielmehr besser ist / als der zu Manilla, welches daher kömmt / daß er zu Mindanao nicht so sehr abgehet / als in Manilla. vid. Dampiers Reise um die Welt P. I. cap. 12. p. 610.

Die Insul Mauritius, welche an Africa lieget / und denen Holländern zustehet / bringet Toback hervor /welcher gantz unvergleichlich starck ist. Leguats Reisen P. II. p. 267.

In Persien bey der Stadt Brampour, zwischen Suratte und Agra, wächset der Toback so häufig / daß er zu gewissen Jahren wegen seiner grossen Menge nicht einmahl eingesammlet wird. Tavernier Ind. Reise Lib. II. cap. 12. Ob aber dieser von sonderbarer Güte sey / wird eben nicht dabey gemeldet.

Zu Jamaica, welches eine von denen Antillischen Insuln in America ist / pflantzet man auch Toback. Weil aber der Boden daselbst sehr salpetrisch / so will der Toback / der auf dergleichen Grund wächset /keine so gute Farbe bekommen / noch so lange dauren / als anderer. Daher die Kauff Leute ihren Toback öffters verliehren / indem er ihnen unter Wegens nach Engelland oder Irrland verfaulet. Auf einigen [17] Erdreich / so voll Salpeter / giebts Toback / welcher beym Rauchen gleichsam wetterleuchtet. Oldm. Groß Britt. Amer. p. 845. Doch mag man an einigen Orten noch guten Toback antreffen / weil daselbst ein grosser Handel damit getrieben wird / wie Gage in seinerReise nach Neu-Spanien P. II. cap. 5. p. 159. berichtet.

Der allerschlimmste aber unter allen / so in der Welt anzutreffen / mag wohl der seyn / so auf der Gold-Küste Gvinea in Africa, in Pflantzen zwey Fuß hoch / mit 2. biß 3. Qver-Händen-langen und einer Hand breiten Blättern wächset. Dessen Blumen sind weiß / wie kleine Glöcklein / so nach Erreichung ihres vollkommenen Wachsthums den Saamen setzen. Es ist aber dieser Toback so heßlich und schlecht / daß es einem nur wenig eckelhafften Menschen unmöglich ist bey denen Mohren zu dauren / wenn sie dieses garstige Kraut rauchen / zumahlen es unnatürlich stincket; Gleichwohl hindert es die Mohren selbst im geringsten nicht. Bosmanns Reise nach Gvinea, p. 362.

Daß auch manche Länder in Europa nicht ungeschickt seyn / Toback hervorzubringen / ist gnugsam bekannt. Engelland / Holland / Franckreich / Italien / etc. können hiervon deutliche Zeugnisse ablegen /als woselbst der [18] Toback in grosser Menge erzeuget /und an viele fremde Oerter verhandelt wird. Daß aber absonderlich Teutschland denen Ausländern hierinnen nichts nachgebe / bezeugen die glückseeligen Aecker um Bremen und Hanau / in Hessen / um Franckfurth an der Oder / an dem Hertzogthum Magdeburg / wie nicht weniger um Dessau / und / nach dem Bericht des bekannten Melissantes, (Geograph. Tom. I. p. 760.) Wasungen / einer kleinen Stadt in der Graffschafft Henneberg am Fluß Werne / welche allerseits Toback von solcher Güte hervor bringen / daß man den ausländischen gar wohl entrathen kan. Die Art und Weise aber / wie er in unsern Landen erzeuget werde / ist deutlich und weitläufftig zu ersehen inD. Thebes. Nachricht vom Toback cap. I. p. 9.

Unter denen gemeinsten Arten des Tobacks / so in hiesiger Gegend verbrauchet werden / behält der schwartze wohl seinen Vorzug / als dessen Krafft nicht sattsam zu beschreiben ist. Wiewohl nicht aller schwartzer Toback zu rühmen / noch aller gelber deswegen zu verwerffen ist. Der schwartze Schub-Kärner Toback / da man 3. Ellen vor einen Pfennig bekömmt / ist freylich nichts nutz / und hat keine sonderliche Krafft; Aber ein guter Brasilien-Toback / der nicht gar zu dicke ist / wird allerdings werth gehalten. [19] Worinne aber der schwartze Toback dem gelben vorzuziehen ist / weil dessen Blätter vorhero wohl zubereitet / und mit allerhand Speciebus angefeuchtet werden / da hingegen des gelben Tobacks Safft und Krafft ausgetrocknet / und nicht anders ist / als ob man Papier in kleine Stückgen schnitte / und die Tobacks Pfeiffe damit anfülle / es ist wohl ein Rauch / aber der Geschmack ist sehr schlecht / und giebet wenig Safft; wiewohl zwar auch unter dem gelben derjenige nur /so fast bräunlich / nicht zu verwerffen / denn in demselben ist noch die Krafft und Safft enthalten / aber der schlechte gelbe ist nicht anders als Heu oder geschnitten Stroh zu æstimiren v. Polit. Tobacks-Bruder cap. 3. p. 33. Ausser diesem wird auch der Canaster- oder / wie er insgemein ausgesprochen wird / der Knaster-Toback / bey uns gebrauchet / welcher aber ziemlich theuer / und dahero auch sehr menagiret werden muß. Dem Zapffenberger Brieff-Toback wolte man vor einigen Jahren zuschreiben / als wenn selbiger schwache Augen verursache / weil der Fabricant, so sich Zapffenberg nennet / ihn ietzo nicht mehr in solcher Güte nach Teutschland schickte. Nun kan es zwar wohl seyn / daß dieser Toback unter Zapffenbergs Nahmen von einigen Mißgünstigen nicht von dergleichen Sorte sey gemachet [20] worden; Jedoch ist ihm keinesweges dieser schädliche effect zuzueignen /weil er von vielen hin- und wieder gerauchet / und solche Würckung doch niemahls verspüret worden. Kan es also gar wohl seyn / daß solches zum Nachtheil und Verkleinerung dieses Mannes und seiner Fabrique von einigen Mißgünstigen fälschlich erdacht /oder aus Unverstand nachgeredet worden. Oder woferne ja einigen Personen / welche diesen Toback zu rauchen gewohnt gewesen / ihre Gesichte geschwächet worden / konnen wohl besondere und individuale Umstände das vornehmste beygetragen haben. vide Thebesii Nachricht vom Toback cap. 5. p. 50. Sonst werden über ietzt erzehlte auch noch andere Arten des Tobacks in unsern Gegenden angetroffen /welche aber meistentheils nur dem Nahmen nach bekannt / dahero wir auch uns um deren Recension weiter unbekümmert lassen / und von dem Toback überhaupt noch dieses anmercken / daß nach dem Rath eines berühmten Medici derjenige Toback zu erwehlen sey / welcher 1) in demjenigen Lande oder Orte gewachsen / wo die Person / so ihn brauchen will /auferzogen und gebohren / 2) der frisch und nicht verfaulet / und 3) der nicht verfälschet ist.

Cap. II. Vom Nutzen und Würckung des Tobacks

[21] Cap. II.

Vom Nutzen und Würckung des Tobacks.

Diejenigen / welche die Natur und Eigenschafft des Tobacks untersuchet / haben selbigen nicht unrecht mit dem Nahmen Sana Sancta beleget / sintemahl er /vermöge seiner vortrefflichen Krafft / so wohl denen innerlichen als äuserlichen Gliedern des menschlichen Leibes grossen Vortheil schaffet / und wider allerhand gefährliche Zufälle sehr heilsam und dienlich ist.

Zwar ist nicht unser Vorhaben / desselben Krafft und Tugenden allhie zu recensiren / denn solches läuffet nicht in unser forum; wir verweisen vielmehr diejenigen / welche genaue Nachricht von denen Eigenschafften des Tobacks verlangen / an die vielenAutores, welche ex instituto hievon gehandelt haben. Jedoch da wir einmahl die Materie vom Toback vorgenommen / wird es nicht undienlich seyn / nur etwas weniges von dessen sonderbaren Würckungen hier zu gedencken.

Was seinen innerlichen Gebrauch anlanget / hat der Toback eine zertheilende Krafft / dahero der Toback-Safft und Syrup in Keichen und schwerem Athem / in Seiten-Stechen / in Lungen- [22] und Schwind-Sucht innerlich zu gebrauchen recommendiret wird. Ingleichen das Decoctum von frischen Blättern in desperaten Brust-Geschwüren und in dem Husten / wenn er schon auch zur Lungen-Sucht incliniret. Mit diesemDecocto sich gewaschen oder gebadet vertreibet die Krätze und Haar-Würme / heilet die Frantzosen und Aussatz / und stillet das Reissen in allen Gliedern. Der Syrup soll auch die Würme tödten und abführen; Und ein Wasser süchtiger Bauer soll durch 8. biß 10. Loth Safft curiret worden seyn. Das davon destillirte Wasser soll in Brust- und Lungen-Beschwerungen gleichfalls dienlich seyn. Nächst dem hilfft auch der ordentlich-gebrauchte Toback dem aufgeschwollenen Zahn-Fleisch / und hebet den davon entstehenden Schmertz / dienet auch wider die flüßigen Augen /und soll ein vornehmer General, nach dem Bericht des Hn. Thebesii, in Berlin seyn / der fast völlig um sein Gesicht kommen / und dennoch auf den Gebrauch des Tobacks / Morgens / Mittags und Abends sein Gesicht völlig erhalten. Desgleichen durch noch mehr Exempel / sonderlich einer 60. jährigen Frauen /die sich eben so curiret / bekräfftiget wird. Nicht weniger hat er seinen Nutzen im Reissen und Flüssen an Ohren / in Brust-Beschwerungen / im [23] Husten / im schmertzhafften Reissen der Glieder / Podagra, Gonagra, Chiragra etc. Præservative dienet er auch bey Hartleidigkeit / Erhitzung des Leibes und harten ungesunden Speisen / und haben in dem 30. jährigen Kriege sonderlich die Soldaten bey Mangel der Victualien sich dessen an statt der Speise bedienet / faules Wasser und übles Geträncke dadurch corrigiret /und in ungesunder Lufft ihre Gesundheit erhalten. Wie er denn wider die ansteckende Seuche der Pest sehr gelobet wird / und allerdings wichtiger Ursachen halber wohl zu rathen / auch ausser dem zur Frühlings- und Herbst Zeit und sonst bey trüben und neblichten Wetter guten Nutzen schaffet. Er hat auch die Krafft / daß er wohl-schlaffend macht / und wenn ein-oder der andere Schmertzen verhanden / daß man denselben gar nicht fühlet. Er bringet auch diejenigen / so sich müde und krafftloß gearbeitet / wieder zu ihren vorigen Kräfften. Dannenhero die Americaner / wenn sie sich müde gefochten oder gerungen / daß sie weder Arm noch Bein regen können / und gleichsam halb todt sind / dürren Toback anzünden / und den Rauch davon durch ein Drichterlein in den Mund und Nasen zu ziehen pflegen; darauf sie dann / als wenn sie mit Gewalt danieder geschlagen würden / auf die Erde fallen / eine [24] Zeitlang liegen bleiben und schnarchen / denn / so bald der Rauch im Gehirn verzehret /wieder aufwachen / und so wohl als vorhin fechten und ringen können. vid. Thebesii Nachricht vom Toback cap. 5. p. 49. & Barnsteins Tobacks-Wunder-Kunst cap. 5.

Toback mit der Pfeiffen getruncken dienet denenjenigen / so viel Schleim im Haupte / um die Lunge /Hertz / Leber / Miltz / Nieren und am Magen haben /heilet die Geschwüre der Lungen / und stillet den alten Husten / benimmt den Leuten / so überaus fett sind / die schäd- und hinderliche Feuchtigkeit / wehret den Flüssen / verwahret vor den Schwindel und böse Kranckheit. Barnstein l.c. cap. 8. Es wird hiernächst der durch ein Rohr ins Ohr gelassene Rauch als ein Mittel des verlohrnen Gehöres gelobet. Ingleichen soll auch der in die Nase oder in den Mund gelassene Rauch diejenigen ermuntern / so die Schwere Noth haben. Zu geschweigen des sonst äuserlich applicirten Rauchs vor nächtliches Harnen und wider die Mutter Beschwerungen. Nachdem auch die Engelländer die Tobacks-Clystiere erfunden / kan man vermittelst zweyer Tobacks-Pfeiffen den Rauch in den Leib treiben / davon er alsobald geöffnet / und die Blähungen gehoben werden / welches auch bey Frauenzimmer als ein Mutter-Clystier und [25] vor kurtzen Athem D. Hülse gut befunden / nach dem Bericht Theb. in der offt allegirten Nachricht vom Toback cap. 5. p. 58.

Durch den Toback wollen die Indianer in Hunger und Durst und in denen schweresten Arbeiten beständig dauren. Zu dem Ende sie auch aus dem Pulver des Tobacks und der Muscheln Küchlein formiren / damit durch dessen Gebrauch ihnen viel Feuchtigkeit in den Mund komme. Etliche haben auch im Brauch / daß sie den Toback in subtile Scheiblein schneiden / den selben in den Mund nehmen und käuen / dadurch ihre Kräffte zu stärcken / daß sie sonderlich in der Arbeit nicht abnehmen. Wie denn die Historien von denen Soldaten melden / daß sie öffters mit einem Loth Toback vier und zwantzig Stunden alle Kriegs Dienste ausgestanden. Die Ursache aber dessen ist / weil diephlegmatische Feuchtigkeit die Feuchtigkeiten / welche aus subtilen durchdringenden und sauern Theilen bestehen / temperiret / und also die Geister erhält /deren stetige Ausdämpffung durch die Speise muß ersetzet werden. vid. Politisch. Tobacks Brud. p. 237.

Der äuserliche Nutzen in der Chirurgie ist gewiß auch sehr wichtig. Denn wegen seines scharffen Salis volatilis hat er eine detergirende und reinigende Krafft; Wegen seines narcotischen [26] Oels eine heilende und Schmertz-stillende; wegen seines phlegmatis acidi eine etwas zusammen ziehende Würckung. Es haben aber die Americanischen Völcker den Nutzen in diesem Stück zuerst erfahren; Denn als ihrer unzehlig viele in einer Landschafft / Savina genannt / einesmahls verwundet worden / sie aber sonst ihre Verwundeten pflegten mit Sublimato zu heilen / und dieses mahl desselben nicht genug haben konten / nahmen sie dieses Krautes Blätter / presseten den Safft daraus / und schmierten die Wunden damit / der nicht alleine den Schmertz stillete / sondern auch den Gifft Augenblicks herauszog / welchen die Indianer nach ihrer Gewonheit zu Vergifftung ihrer Geschoß und Pfeile brauchen. Weswegen sie auch hernachmahls /wann sie in den Krieg gezogen / stets dergleichen Safft von frischen ausgepreßten Blättern bey sich getragen. Woferne sie aber kein frisch oder grünes Kraut haben / so tragen sie es gedörret bey sich / legens auf die Wunden / und heilen sie also mit demselben zu / der Schade sey so groß als er wolle. Wittichii Ber. von etl. fremd. Kräut. p. 93.

In dem Schaden / welcher bißweilen im Gesicht entstehet / und noli me tangere genennet wird / auch in Mutter-Beschwerungen / Carfunckel / wider gifftige Bisse / zerstossene Glieder / [27] u.a.m. ist der aufgelegte Safft unvergleichlich gut. Ein Blat desselben vorher auf Kohlen wohl gewärmet / ist verwundeten Gliedern vor Brand-Schäden / Pest / Haupt- Wehe /Zahn-Wehe / Colic / Geschwullst / Beulen / Wartzen / Hüner Augen etc. wenn man es überschläget / nicht undienlich. Anon. Tobacks Ergötzl. p. 12. Frische zerhackte Tobacks-Blätter / um die podagrischen Glieder geschlagen / haben bey manchen Podagricis guten effect gethan. Toback gekocht / und warm um den Halß geschlagen / vertreibet die Kröpffe / welches ein Hauptmann in Fanckreich an seinem Sohn /so einen übergrossen Kropff gehabt / mit guten Nutzen versuchet / wie Barnstein in seiner Tobacks-Wunder-Kunst cap. 8. meldet.

Weber führet in seinen Curiositatibus p. 133. ein Exempel eines Mägdleins an / welches vermöge des Tobacks zu seinem Gesicht wiederum gelanget. Es wäre nehmlich der Apffel an einem Mägdlein dermassen verdunckelt gewesen / daß er fast gar nicht erschienen. Man habe aber des grössern Tobacks-Krauts etwas mit Marien-Schmaltz gekochet / zu einer Salben tüchtig gemacht / und äuserlich auf das verschlossene Auge geschmieret / und solches habe dem Mägdlein den völligen Brauch des Gesichts wiederum zuwege gebracht. Misand. Theatr. Tragic. p. 277.

[28] In Ost-Indien bedienet man sich des pulverisirten Tobacks mit sonderbarem Nutzen zu Tödtung einer gewissen Art Würmgen / Bicho genannt / welche so klein sind / daß sie auch die allerhellesten Augen nicht erkennen können. Diese Würmgen kriechen unvermerckt in die Schweiß Löcher hinein / setzen sich zwischen Fell und Fleisch / und verursachen gifftige und gefährliche Geschwüre. Dellons Reise nach Ost-Indien in append. cap. 11. p. 480.

Aus Tobacks-Wurtzeln / Tobacks-Blättern und andern Ingredientien wissen die Indianer in der Landschafft Gvatimala einen besondern Tranck zu bereiten / der den Wein an Stärcke übertrifft. Nehmlich / sie thun erstlich ein wenig Wasser in einen grossen irrdenen Krug / denn füllen sie ihn mit Safft von Zucker- Röhren oder ein wenig Honig / damit der Tranck süsse werde; Nach dem thun sie die Tobacks-Wurtzeln und Blätter / wie auch einige andere Wurtzeln /welche da zu Lande wachsen / hinein / um den Tranck starck zu machen / bißweilen werffen sie auch lebendige Kröten darzu hinein. Hierauf wird das Gefäß zugemacht / und lassen sie dieses alles funffzehen Tage oder einen Monat lang mit einander jähren / biß alles wohl durcharbeitet / die Kröte gantz verweset / und der Tranck die verlangte Stärcke bekommen [29] hat. Alsdenn machen sie das Gefässe wieder auf laden ihre Freunde zum Schmause / und hören nicht eher auf /biß sie sämtlich toll und voll sind. Sie heissen diesen Tranck Chicha, riechet über die massen übel / und verursachet öffters vielen den Tod / sonderlich an denen Orten / wo sie Kröten hinein thun. Gage ReiseBeschr. nach Neu-Span. P. III. c. 10. p. 307.

Alle bißhero berührte und andere vortreffliche Tugenden des Tobacks hat Ægidius Everhardus in nachfolgende lateinische Verse gebracht:


Nomine quæ Sanctæ Crucis herba vocatur, ocellis

Subvenit, & sanat plagas, & vulner a jungit,

Discutit & strumas, cancrum cancrosaque, sanat

Ulcera, & ambustis prodest, scabiemque repellit.

Discutit & morbum, cui cessit ab impede nomen,

Calfacit & siccat, stringit, mundatque, resolvit,

Et dentum & ventris mulcet capitisque dolores.

Subvenit antiquæ tussi, stomachoque rigenti,

Renibus & spleni confert, uterque venena

Dir a sagittarum domat, ictibus omnibus atris

Hæc eadem prodest, gingivis proficit, atque

Conciliat somnum, nuda ossaque carne revestit.


vid. Polit. Tobacks-Bruder, p. 132.


Haben wir nun bißher den Nutzen kürtzlich betrachtet, welchen der Toback dem menschlichen Leibe schaffet; So müssen wir nun auch die [30] sonderbaren Würckungen nicht vergessen / welche er an dem Gemüthe der Menschen ausrichtet / und sind dieselben nicht weniger zu attendiren: Denn will man den Geist einsperren / den Verstand in tieffe Beschauung / in Untersuchung der Warheit / in Nachspührung der Tugend und Wissenschafften weyden / so ist der Toback das beste Mittel hierzu / weil er den Verstand schärfft / den Geist munter macht / die Werckzeuge der Sinnen anfrischt / ja den gantzen Leib in action erhält; Zu geschweigen / daß uns der aus der Tobacks-Pfeiffe geschwind in die Höhe steigende / aber bald wiederum verschwindende Dampff eine deutliche Abbildung der menschlichen Nichtigkeit vorstellet / und zu andern guten Gedancken Gelegenheit giebet. Dahero auch der Poet von dem Toback-Rauch Anlaß genommen zu erinnern / wie unser Leben / und mit demselben alle eingebildete Herrlichkeit und Ehre wie ein solcher Rauch verschwinde / wenn er saget:


Fumum tabificicum spargitis ore tabaci,

Dicatis, Fratres: Fumus & umbra sumus.


Sagt, wenn ihr schmaucht und raucht mit lustigen Geberden:

Wir sind ein leichter Dampff und Rauch auf dieser Erden;

Ehr, Pracht und Herrlichkeit ist nur ein leerer Rauch,

Ja selbst das Leben ist nur wie ein schneller Hauch.


Dieser nützlichen Vorstellung der menschlichen Nichtigkeit durch den vergänglichen Tobacks-Rauch[31] erwehnet auch der vortreffliche und gelehrte Herr vonKaniz, wenn er seine Gedancken vom Toback in einem schönen Gedichte also eröffnet:


Sonn und Licht hat sich verkrochen,

Und die Nacht ist angebrochen,

Soll ich nun des Tages Last,

Meine Sorgen und mein Grämen

Auf das Lager mit mir nehmen?

Nein, ich will nun, meine Rast

Zu befördern, erst die Pfeiffen

Mit Toback gestopfft, ergreiffen.

Unter allen seltnen Waaren,

Die man uns in vielen Jahren

Hat aus Indien gebracht,

Wird bey Jungen und bey Alten

Dieses Kraut den Preiß erhalten,

Weil es frohe Geister macht;

Ja, biß sich die Welt wird trennen,

Wird sein stetes Opffer brennen.

Andrer Tand der Specereyen

Kan dem Leibe nicht gedeyen,

Und was ist vor Angst und Noth,

Was vor Kriegen und vor Morden

Nach der Zeit verspühret worden,

Da des Goldes theurer Koth

Selbst in ihren eignen Hafen

Macht die Könige zu Sclaven?

Des Tobacks-Krauts göldne Blätter

Sind bey manchem Unglücks Wetter

Ein verliebter Segen-Gifft.

Wider Pest und Leibes-Wunden

Sind sie schon bewährt befunden,

Und wenn uns ein Kummer trifft,

Können wir durch sanfftes Hauchen

Sie zu unserm Labsal brauchen.

[32]

Daß die Lust und Pracht der Erden

Und ich selbst zu nichts muß werden,

Hat mich der Toback gelehrt;

Wenn sein zarter Dampff sich zeiget,

Der hoch in die Lüffte steiget,

Und sich bald in Nichts verkehrt.

Daß nun solch ein Kraut entsprossen,

Hat den Satan sehr verdrossen.

Er kan ohnedem nicht leiden,

Wenn ein Mensch in stillen Freuden

In ihm selbst vergnüget ist.

Drum, des Vaters eitler Grillen

Seinen Wunsch nicht zu erfüllen,

Schmauch ich als ein frommer Christ.

Er, und alle Welt mag toben,

Ich will den Toback doch loben.


vid. Neben-Stunden unterschiedener Gedichte / p. 46.


Diesem vornehmen Manne scheinet ein anderer beyzupflichten / wenn er in einem gleichfalls wohlgerathenen Carmine die Tugenden des Tobacks herausstreichet / und sein Lob also besinget:


Wer will, der mag sich ergötzen

An Tuberosen und Jesmin,

Sich gar zu Bisams-Katzen setzen,

Ich komme nicht auf diesen Sinn.

Mir giebt den lieblichsten Geschmack

Ein frisches Pfeiffgen Loth-Toback.

Bey Pest und andern bösen Zeiten,

Auch wenn der Scharbock übel haust,

Bey Ungemach der Feuchtigkeiten,

Wenn es uns vor den Ohren saust,

So thut ein Pfeiffgen Loth-Toback

Mehr als zwey Büchsen Theriack.

Kommts, daß mir dann und wann was fehlet,

So schick ich nach dem Doctor nicht,

[33]

Die Brieffgen sind schon abgezehlet,

Worinn mein Labsal eingericht.

Ich nehm ein Pfeiffgen in den Mund,

Und werd in einem Huy gesund.

Will uns die Zeit zu lange werden,

So wird sie durch Toback verkürtzt,

Er dient auch wider die Beschwerden,

In die uns manche Grille sturtzt.

Dem sonst nicht gehn die Augen zu,

Befördert er die sanffte Ruh.

Die Asche, die mein Pfeiffgen zeiget,

Lehrt mich die Eitelkeit der Welt.

Der Rauch, der in die Höhe steiget,

Führt meinen Geist ins Sternen Feld.

Durchs Feu'r, so iede Pfeiff erneu'rt,

Wird auch mein Geist mehr angefeu'rt.

Ein Pfeiffgen öffnet mir die Schrancken

Zu der Vergnügung schönsten Lentz,

Den allerwichtigsten Gedancken

Giebt man beym Pfeiffgen Audienz.

Glaubt, so mein Liedgen euch steht an,

Daß es mein Pfeiffgen hat gethan.

Ihr, die ihr als ein schändlich Laster

Aus Blödigkeit ein Pfeiffgen flieht,

Stöhrt mich nur nicht bey meinem Knaster,

Den ich verehr durch dieses Lied:

Ihr aber, die ihr braucht diß Kraut,

Singt ihm zum Ruhm diß Liedgen laut.


vid. Beschäfftigt. Secret, 16. Expedit p. 381.


Zwar finden sich einige / welche dem Toback diese sonderbare Eigenschafft / daß er nehmlich unsern Verstand schärffe / und uns allerhand schöne Gedancken und Inventiones einflösse / nicht zugestehen /wenigstens dieses Vorgeben mehr vor einen Schertz als Ernst annehmen [34] wollen / wovon unten Cap. VI. etwas mehrers zu vernehmen seyn wird; Wie denn absonderlich ein gewisser Autor, Hartmann Reinhold / in einem Scripto Satyrico: Reime dich / oder ich fresse dich / genannt / seinem poëtisirenden Hanß-Wursten diese Eigenschafft und Tugend gar artig unter die Nase reibt / wenn er selbigem den Gebrauch des Tobacks p. 37. also recommendiret: Will der Poeten Geist nicht das verborgene Feuer in dir aufblasen / so nimm die Tobacks Pfeiffe zur Hand / von Stund an wird der Bettel loßgehen / und der Wind aus der Pfeiffe wird dich in den Sattel des Pegasus wehen / auch die Lohe wird ausbrechen aus dir nicht anders als aus einer Feuermäuer / in welcher sich der vieljährige Ruß entzündet hat. In dem Tobacks-Kraut ist etwas Göttliches / und die Quint Essenz des Wassers aus dem Musen-Brunnen verborgen. Daher / wenn du den Rauch desselben wirst an dich ziehen / von Stund an wirst du die Würckung empfinden / wo nicht oben / doch unten. Da wird die Poësis-Ader fliessen / und die Verse sich hervor drängen / nicht anders als wie die Soldaten zu ihrem Fähnlein / wenn alarm geschlagen wird / oder aber, wie die Steine nach der StadtThebe, und wie Felsen und Wälder herzu gelauffen /wenn Amphion und Orpheus [35] auf der Lauten gespielet. Halte die Rauch-Pfeiffe zugleich im Munde und die Feder in der Hand. Die Priesterin des Wahrsager-Tempels zu Delphos fienge an zu rasen und zu weissagen / wenn ihr ein Wind aus dem Klufft-Loche /über welchem sie auf dem Drey-Fusse sasse / unter den Rock bliese: Hanß Wurst / also auch du / so bald dich der Toback als ein Apollo aus der Pfeiffen-Höhle angehauchet / da wird alles Verse seyn / was du schreiben wirst; (warum nicht auch / was du vor dich kotzest und rotzest?) da wird dir der Kopff rauchen von herrlichen Invetionen. Da wirst du nicht nur ein Poet / sondern gar ein Prophet werden / und deme Reden werden lauter Oracul seyn; Da wird alles göttlich seyn / die Feder / die Dinte / die Worte / und du selber. Siehe / also können aus schlechten Gesellen Poeten / gleich als dorten in Myrmidonien aus Ameisen Menschen werden / etc.

Wenn aber einige dem Toback seine Krafft und Tugend / so er in der Medicin erweiset / gäntzlich absprechen / halte ich davor / daß solches nicht so wohl aus einer Unwissenheit / als vielmehr aus der löblichen Absicht geschehe / die rohen wilden Leute von dem übermäßigen Gebrauch des Tobacks abzuhalten; Diese Intention mag wohl der gelehrte König / Jacobus VI. [36] in Engelland und Schottland gehabt haben /wenn er in einer Anno 1605. zu Oxfurt gehaltenen öffentlichen Rede von dem Gebrauch des Tobacks vorgegeben: Es wäre gnugsam bekannt / daß diese barbarische Gewohnheit seinen Ursprung nirgend anders als von Barbaren und Indianern genommen / welche in der Medicin eben so wenig erfahren wären / als in der Civilität. Wo ja einige angetroffen würden / wel che sich nach dem Gebrauch des Tobacks gesunder und besser befänden / würde doch solches nicht so wohl zum Lobe dieser medicin, als vielmehr zur Schande dererjenigen gereichen / deren Leiber in eine barbarische Natur degeneriret / dergestalt / daß sie sich nur an solchen Mitteln ergötzten / und durch selbige könten curiret werden / welche denen Indianern und Barbaren gefällig und heilsam sind. Derowegen solten von Rechts wegen alle diejenigen / welche an der Tobacks Medicin einen Gefallen hätten / in gedachte Indianische Barbarey (woher sie entsprossen)relegiret werden / allwo sie ohne unserm Verdruß und Schaden zugleich mit denen dasigen trunckenen Medicis sich ungescheut vollsauffen / und daselbst ihre Kunst frey exerciren könten.

Ein anderer / welcher sich in seinem Eyfer noch weniger zu fassen weiß / dürffte wohl gar also ausruffen:


[37]

Was Teufeley ist das! o Sitten! o ihr Zeiten!

Wie, will die Boßheit nun auch mit der Höllen streiten?

Da man vor diesem hat genossen Bier und Wein,

Muß ietzo Feur und Dampff dafür gesoffen seyn.


Doch wir lassen uns weder von diesem noch andern irre machen; Gnug / daß der Toback sich vorlängst selbst legitimiret / daß er das Lob / so ihm von vielen beygeleget worden / mit allem Recht verdiene. Ob aber jener Augspurgische Priester Widerus das decorum in Acht genommen / welcher nach dem Bericht des Autoris der Tobacks Ergötzlichkeiten p. 52. im Evangelischen Kirchen-Jahre aus dem EvangelioDomin. Quasimodogeniti folgende proposition gemacht: Das heilige Wund und Tobacks-Kraut /mit welchem wir den HErrn Christum vergleichen wollen? mögen anderte beurtheilen.

Noch viel weniger sind diejenigen zu entschuldigen / welche von dem rechten Gebrauch des Tobacks auf einen abergläubischen Mißbrauch verfallen. Also ist es eine grosse Einfalt von denen Indianischen Völckern Tououpinambaultiis in Brasilien / wenn sie in denen Gedancken stehen / der Toback verursache Tapfferkeit. Hiervon schreibet Joh. Lerius Navigat Brasil p. 212. & 219. also: Es versammlen sich ihre Gotzen-Priester / Caraibes genannt / bringen das Volck in einen Reyhen / [38] haben ein langes Rohr / mit dem Kraut Peto (Toback) angefüllet / das zünden sie an / blasen den Leuten den Rauch ins Gesichte mit diesen Worten: Nehmet hin den Geist der Tapfferkeit und Kühnheit / eure Feinde zu überwinden. Darauf sie denn nicht anders / als wären sie von den Teufeln besessen / ihre Feinde mit grosser Furie anfallen / massacriren und sich todtschlagen lassen. vid. Abel. Leib-Med. der Studenten / cap. 12. p. 220

Eine verkehrte und ungegründete Einbildung ist es auch / wenn die Priester in Indien / so fern sie in wichtigen Sachen zu Rathe gezogen werden / sich vorhero des Tobacks zu gebrauchen pflegen / und dasjenige / was ihnen nach desselben Gebrauch vorkömmt und eingebildet wird / nicht anders / als wenn sie es von dem Delphico Oraculo, das ist dem Teufel / welchen sie zu fragen pflegen / zur Antwort bekämen / hinwiederum zur Antwort geben. Wie auch dieMedici allda / wenn sie einer Kranckheit Ausgang /oder wie es mit derselben ablauffen werde / und was dawider zu gebrauchen / sagen sollen / solches daher /wenn sie den Toback brauchen / gewiß zu erfahren vermeynen / und darauf den Leuten Bericht geben /wie Barnstein in seiner Tobacks-Wunder-Kunst cap. V. meldet.

[39] Die Tapuyer und die Einwohner auf der Insul Hispaniola halten gantz gewiß davor / der Tobacks-Rauch sey das bewährteste Mittel wider alle Kranckheiten. Sie observiren aber bey ihrer Cur diese wunderliche Ceremonien: Erstlich schmauchen die Boitien oder Aertzte daselbst dem Patienten weidlich in die Augen / daß es kein ander Ansehen hat / als stäcke er schon im Rauch der Höllen; darauf läufft der Doctor, wenn er den Ort gnugsam mit Rauch erfüllet / mit ausgestreckten Armen auf die Thüre zu / und spricht: Nunmehr hätte er die Kranckheit hinaus gejagt. Und damit der Patient desto geschwinder genesen möchte /fastet der Artzt an statt seiner. Ex Francisci Sitten-Spiegel / p. 1230. Männling abergläub. Albertäten / p. 255. 344.

Daß der Toback auch wider das Donner-Wetter gut seyn soll / wird sich wohl niemand überreden lassen /gleichwohl bedienen sich dessen die Virginianer hierzu; Denn wenn ein Ungewitter bey ihnen entstehet /werffen sie Toback ins Wasser / und vermeynen dasselbe damit zu stillen. Happel. Relat. Cur. T. IV. p. 717.

Nicht weniger sind die natürlichen Einwohner desCapo de bona Esperanza, die Hottentots / Auslachens würdig / wenn sie sich einbilden / der Tobackcontribuire vieles zu ihrer [40] Hurtigkeit und Stärcke. Denn so bald die Mütter Kinder männliches Geschlechts zur Welt gebohren / beissen sie ihnen so gleich mit den Zähnen den rechten testiculum ab / und fressen selbigen / so dann geben sie ihnen See-Wasser zu trincken / und endlich stecken sie ihnen Toback in den Mund / glauben hernach / diese 3. Dinge zusammen machten sie so starck und hurtig / daß sie ein Reh in vollem Lauf einholen können. Leguats Reisen / p. 375.

Sonst soll der Toback auch seine Würckung bey dem unvernünfftigen Vieh haben / und versichert uns dessen der Spanische Medicus Nicolaus Monardus, daß solchen die Indianer bey ihren schadhafften Pferden / Ochsen / Hunden / Katzen / etc. brauchten, vid. Polit. Tobacks Bruder / p. 133. Doch mag der Toback denen Fischen nicht zuträglich seyn; Denn als vor einigen Jahren etliche Schiffe / welche mit Toback beladen gewesen / auf der Rhede der Insul St. Christophel zerscheitert und zu Grunde gangen / hat man in Acht genommen / daß der meiste Theil der Fische auf dieser Seite vergifftet gewesen / dergestalt / daß man das Meer mit diesen armen Thieren oben gantz bedecket gesehen / welche schwach und umgekehrt von dem Wasser hin und her getrieben worden / und an dem Ufer gestorben sind. Grundmanns [41] Geschicht-Schul / P. I p. 629. Von denen Fliegen hatBorellus histor. & observat. Med. Cent. 4. Observat. 31. angemercket / daß dieselben den Toback nicht vertragen können / sondern daß sie von dessen Rauch stürben. Auch findet man in der Americanischen Provintz Canada eine besondere Art Mücken / von denen Frantzosen Cousin oder Schmarotzer genannt / welche denen Einwohnern in grosser Menge nicht anders als eine Wolcke auf den Leib fallen / durch den Tobacks Rauch aber am allersichersten vertrieben und getödtet werden können. v. Feinds Relat. Curios. Tom. III. p. 54.

Dergleichen Gefahr aber hat der Mensch von dem Gebrauch des Tobacks / wenn er sich anders desselben in gebührender Maasse bedienet / nicht zu besorgen. Denn obwohl diejenigen / welche den Toback aus superstition verachten / erzehlen / daß / nach dem Zeugniß Hartsœckers und Baglivii (die des Tobacks Natur wohl untersuchet) eine gewisse Art scharffes Saltz und Schwefel / so sie Sal causticum und Sulphur narcoticum nennen / in dem Toback wäre /und dahero derselbe / wenn er zu offte gebrauchet würde / den Tod verursache. Ferner / daß / wenn man einen oder zwey Tropffen Tobacks-Oel einer Katzen oder Hunde auf die Zunge tröpffelte / [42] es alsobald gräßliche Convulsiones erweckete und tödtete; So wird doch ein jeder gar leicht erkennen /daß es etwas anders sey / den Extract des Tobacks rauchen / und den Toback selbsten rauchen; Zum andern hat auch dieses Oel keinen Gifft / denn wenn wir es vor die Zahn-Schmertzen in den Zahn thun / so stirbt man nicht davon / sondern man bekömmt Linderung davon. Was aber das erstere betrifft / so muß in allen Dingen Maasse gehalten werden; Denn da dienet ein Gran Opium zur Gesundheit; wenn man aber ein halb Pfund zu sich nehmen wolte / würde man gar bald sterben. vid. Leucorande Beweiß / daß ein Frauenzimmer bey dem Caffée-Schmäußgen und Tobacks-Collegio erscheinen dürffe etc. p. 43.

Wenn man ferner einwirfft / der Toback schwärtze das Gehirn und die Schaale / so antwortet derPolit. Tobacks-Bruder in Append. Qu. 10. p. 238. negative hierauf / und sagt / daß man durch die anatomie wahrgenommen / daß sich solches auch bey denen grössesten Schmauchern nicht einmahl ereignet habe; Uber dem auch der Toback dünne / aber durchaus nicht schleimig sey / und sich also nicht könne zu Ruß setzen / letzlich auch solcher Rauch durch die natürliche Hitze des Gehirns ausgedämpffet werde.

[43] Noch andere objiciren / daß der Toback ungemein trockne / laxire / und endlich die Leute liederlich mache; Welche Einwürffe vorgedachterAutor, welcher unter dem Nahmen Leucorande dieCaffée- und Tobacks-Collationes vor das honette Frauenzimmer defendiret / p. 49. sqq. also beantwortet: Das erstere scheinet etwas zu seyn. Denn es ist nicht zu läugnen / daß der Toback Hitze verursache /indem er das Geblüthe in schärffere Bewegung setzet. Aber daraus folget noch nicht / daß er trockne / denn nicht alles / was Hitze macht / trocknet / und nicht alle Wärme dürret. Mit Feuer macht man die harten Metalle weich / mit Flammen macht man das Wachs fliessend / und mit Wärme macht man die Butter zu einem ölichten Wasser; So ist auch nicht jeder Magrer trocken / sondern daß einige mager sind / entstehet /wie die Medici selbst sagen / meistentheils daher /weil sie nicht Nahrung gnug haben / denn vermittelst der Transpiration, Schwefel / Urins und der ordentlichen Entledigung gehet täglich mehr ab / als zu wächst. Also ist die Hitze als Hitze nicht schädlich /und ist folgends alles / das wider den Toback dißfalls gesaget wird / ein pur lauterer Wind und Rauch / der /wenn die gesunde Vernunfft darüber wehet / verschwindet. Es purgiret auch [44] eben dieses edle Kraut an / und vor sich selbst nicht so sehr / wie man insgemein davor hält / hält aber doch den Leib offen / welches eine herrliche Tugend ist; Wenn aber eine einfältige Lorber-Suppe an statt des Tobacks den Rauch fressen will / und denselben geitzig verschlinget / da gehet es wohl an / daß er wieder weg will / und bekömmt hernach demjenigen / der sich an dieser ihm nicht zustehenden Speise delectiret / wie dem Hunde das Graß / wiewohl wenn der Narr im Rauchsauffendebauchen machen will / so wird er ihm niemahls bekommen / wenn er auch nur Stroh oder Papier geschmaucht hätte. Auch macht dieses unschuldige Kraut nicht / daß einer eine Stunde langsamer nach Hause kömmt / sondern die Compagnie, der zu Gefallen er sitzen blieben wäre / wenn sie auch keinen Toback gerauchet hätten / etc.

Und wenn wir unsere Gedancken von dem letztern Einwurff eröffnen dürffen / so kömmt uns derselbe eben so absurd vor / als wenn man sagen solte: Im Wein oder Bier säufft sich mancher zum Narren / ja wohl gar zu einer unvernünfftigen Bestie / Ergo ist der Wein oder das Bier Ursache hieran. Welches wohl kein Mensch / der eine gesunde Vernunfft hat / zugestehen wird / da im Gegentheil bekannt genug ist /daß beyde Geträncke / wenn sie in ordentlicher [45] Maasse gebraucht werden / vortreffliche Stärckung und Nahrung geben. Mit einem Worte: Medio tutissimus ibis. So lange man bey dem Gebrauch des Tobacks die Maasse in Acht nimmt / wird derselbe niemanden schädlich seyn; Er wird vielmehr seinen Nutzen und Ruhm unverändert behalten / wenn alle Verächter desselben werden in die Verwesung gesuncken seyn.

Cap. III. Von mancherley Arten den Toback zu rauchen

Cap. III.

Von mancherley Arten den Toback zu rauchen.

Außer dem medicinischen Gebrauch hat dieses edle Kraut ferner seinen Nutzen / wenn man sich desselben auf eine angehme Art und Weise durch Rauchen zu seiner Gemüths-Vergnügung bedienen kan. Da wir nun von der ersten Art im vorhergehenden Capitel kürtzlich gehandelt haben; Als sind wir entschlossen /auch von der letztern hier etwas weniges zu gedencken / und zugleich einige merckwürdige Umstände mit anzuführen / welche man hie und da bey unterschiedenen Völckern im Rauchen des Tobacks observiret.

Das Rauchen der gedörrten Kräuter ist schon längst im Schwange gangen / daß auch [46] Dioscorides und Galenus davon Meldung thun / indem jener Lib. 3. cap. 117. von dem Tussilagine oder Brandlattich erwehnet / daß der Rauch der getrockneten Blätter den Husten und kurtzen Athem benehme / wenn sie nehmlich auf glimmende Kohlen geleget / und der Rauch davon durch Nasen und Mund zu sich gezogen würde. Ingleichen meldet Plinius Hist. Nat. Lib. 26. cap. 6. daß der Rauch von diesem Kraut / wenn er durch ein Rohr gezogen und hinunter geschlucket würde / den alten Husten heben solte. Wie denn nicht weniger Hr. Johann Joachim Becher in seiner Seelen-Weißheit gedencket / daß vor 150. Jahren unsere Vorfahren die Blätter vom Lattich an statt des Tobacks gerauchet haben. Da aber der Toback bekannt worden / und man seinen Nutzen so trefflich gespühret / sind solche Kräuter verworffen / und an deren statt dieses erwehlet worden.

Die Art und Weise / deren sich die meisten bedienen / ist diejenige / da man den Rauch durch ein gewisses Rohr oder Pfeiffe an sich ziehet. Dieser Gebrauch wird bey uns genennet Toback schmauchen /trincken oder rauchen / und hat solchen der erfahrne Englische Ritter Gvalter Raleghe in America erlernet / und nach seiner retour ungefehr um die Helffte [47] des 16. Seculi zuerst in Engelland eingeführet. Joh. Rajus Histor. Plant. Lib. 14. c. 2. Hieselbst hat man sogleich von zarter Töpffers-Erde anderthalb Spannen lange weisse Pfeiffen / forne mit einem hohlen Kopff / nach dem modell der Americanischen verfertiget / welche nette Englische Pfeiffen nach dem Bericht des Hrn. Thevenots in denen Augen gewisser Americanischer Völcker / die sich Ilinos nennen / so angesehen / daß man sie daselbst statt eines Heerolds-Stabs gebrauchet / auch bey Hochzeiten / Gastmahlen / Täntzen und andern öffentlichen Zusammenkünfften als etwas sonderbar schönes mit sich führet. Aus Engelland ist so wohl das Tobackrauchen / als die Art der Pfeiffen zu verfertigen in Holland bekannt worden; Und gleichwie vor diesem die Tobacks-Pfeiffen alle aus Holland kommen / und weit und breit verfahren worden / so findet man / daß die Holländer an Zoll und Steuer von Tobacks-Pfeiffen jährl. biß 50000. Florenen gehoben haben / vid. Klock. de ærario Lib. 1. cap. 14. n. 60. Nachdem aber die Teutschen die Handgriffe erlernet / Tobacks-Pfeiffen von eben der Länge / Zierlichkeit und Güte zu verfertigen / (wie denn absonderlich die Königsbrücker im Meissen bekannt sind) als dürffte wohl von besagter Summa des Zolls heutiges Tages ein ziemliches abgehen.

[48] Daß aber diese Art zu schmauchen einige incommodité bey sich führe / ist nicht zu läugnen / denn weil durch die Tobacks-Pfeiffen das fœtidum oleum narcoticum mit in den Mund gehet / verursachet er widrigen Geschmack / und macht dumm und schläffrich / weswegen D. Becher schreibet / wo man könte machen / daß das oleum fœtidum im trinckē sich davon scheidete / und der Toback an sich selbst nicht gemißbrauchet würde / so achte er ihn vor eine grosse Sache / und getraue er ihm mehr damit zu curiren /als mit einer halben Apothecken. Daher einige sich bemühet / dieses oleum durch gewisse Art abzusondern / als Barnerus Chym. rat. p. 334. eine gewisse Art Pfeiffen angiebet / da bey dem untersten Theile des Kopffs ein gewisses rundes und etwas weites Behältniß angemachet ist / darinnen der Kopff sich endiget / und unten in ein enges Loch zusammen gehet /damit im Rauchen das oleum an den Seiten herunter seige und wegtröpffele / das Sal volatile aber / als das leichteste / folget gerade dem Triebe und Zuge des Mundes; Wie man auch in denen Actis Nat. Cur. Dec. 2. ann. 8. obs. 27. findet / daß zu diesem Absehen Pfeiffen von Rohr und Holtz von Herrn D. Vicario zu Lauffenburg recommendiret / die man in der Mitten von einander schrauben kan / die Schraube aber selbst eine kleine [49] Höhle alß eine Kugel formiret / darein ein Schwämmgen gethan wird / so man entweder bloß ins Wasser / oder aber in Eßig tauchet / damit der Rauch / und vornehmlich der narcotische Schweffel corrigiret möchte werden / weil der Rauch durch die Löchergen des Schwammes durchgezogen wird / und bleibet fast alles oleum fœtidum in dem Schwamm zurücke / ist dahero lieblich zu rauchen / nur diesesincommodiret einige / daß man starck ziehen muß.vid. Thebes. Nachricht vom Toback Cap. 5. p. 56. 57.

Eine beqvemere und leichtere Art aber ist diejenige / welche Kircherus zu Rom bey dem berühmten Römischen Wund-Artzte / Joh. Trulla, gefunden / und folgende Beschaffenheit hat: Man nimmt ein vielförmiges Glaß mit Wasser oder andern Safft über die Helffte angefüllet. In den Halß der Flaschen wird eine Röhre gestecket / wie die Toback-Trincker zu gebrauchen pflegen / also daß sie durch das Wasser gehet und den Grund berühret. Hernach verstopffet oder vermachet man das Mund Loch der Flaschen oder Violen gar fleissig / daß die Lufft weder aus noch eindringen kan. Wenn solches geschehen / fasset man die Tobacks-Blätter in den Mund der Pfeiffen ein / und zündet ihn nach gewöhnlicher Art an / [50] zugleich setzet man die Lippen an das Flaschen-Röhrlein / so oben beym Halse der Violen hervor gehet / und zeucht die in der Flaschen begriffene Lufft an sich / alsdenn wird der Trincker sehen / wie der Rauch des angezündeten Tobacks von dem untersten Ende der Tobacks Röhren heraus bricht / mitten durch das Wasser empor steiget / dem Munde des Trinckers zueilet / und mit seiner trockenen Schärffe das Feuchte durchschneidet. Aus welcher Invention die Toback-Schmaucher Gelegenheit bekommen / ihren Rauch auf allerhand Weise zu veranmuthigen / denn wenn sie in die Flasche Wein oder wohlriechende Säffte giessen / und dadurch den Rauch an sich ziehen / wird er der Kehlen viel lieblicher seyn / und ihnen kein Tobacks-Gestanck ins Maul gehen. Ex Kircheri Libr. de Arte Magnet. P. II. cap. 3. Experim. 6. Er. Francisci Schau Bühne / P. II. p. 600.

Mit diesem kömmt fast der Innwohner in Suratte ihre Manier Toback zu rauchen überein. Sie nennen ihre Pfeiffen Gurgorri, und sind entweder von Glaß /oder auch von einer Cocos-Nußschale; die von Glase sind wie unsere Urin-Gläser / und stehen in einem höltzernen Fuß / oben her ist ein Röster drüber / und auf demselben Caschot, oder eine grosse Tobacks-Pfeiffe / welche sie allezeit mit Toback anfüllen / [51] der gantz feuchte und mit Zucker angemachet ist. Wenn sie rauchen wollen / muß allezeit eine glüende Kohle darauf liegen / hernach haben sie ein langes von Leder gemachtes Rohr / als wie die Türckischen Tobacks-Pfeiffen sind / welche man um den Leib nehmen kan /oder auch von Rottung / das in das Glaß / so voll Wasser ist / und wieder biß an die Pfeiffe gehet; Und wenn sie also rauchen / so ziehen sie den Rauch durch das Wasser / welches alsdenn ein Geräusche / demGurgur nicht unähnlich / verursachet / wovon es auch den Nahmen bekommen / und noch dazu machet / daß der übelschmeckende Rauch gantz im Wasser bleibet. Sie sind aber so hoffärtig mit diesem Gurgorri, daß sie solche mit Silber einfassen lassen / und wenn es ihnen beliebet / oder sie über die Gassen gehen / muß einer neben her gehen / der das Gurgorri träget /damit sie auch im Gehen damit rauchen können / in ihren Häusern aber haben sie eigene hierzu gemachte Tafeln / auf welchen dieses Tobacks-Instrument stehet. Langhans. Ost Indische Reise / p. 519.

Die Perser richten ebenfalls ihre Tobacks-Pfeiffen in eine mit Wasser gefüllete Flasche / und ziehen den im Wasser abgekühlten Rauch wieder an sich. Die Flasche ist bey ihnen von Glaß / wie eine Viol formiret / und hält ungefehr [52] 3. Pfund Wassers / darein giessen sie mehr nicht als etwan den dritten Theil oder ein wenig mehr / damit der Rauch Raum darinnen habe. Also muß durch eine Röhre der Toback ins Wasser / durch die andere aus dem Wasser in den Mund gehen. Besagte Röhre reichet fast biß an den Boden / und oben auf derselben ist das Gefäß mit dem Toback angefüllet. Erstgemeldter Röhren ist eine andere angefüget / dadurch der Rauch aus dem Wasser von dem Mund empfangen wird / dieselbe endet sich einen Daumen breit über dem Wasser. Oben um den Halß der Flaschen / unter dem mit Toback gefüllten Gefäß ist eine Schüssel / einer Spannen lang / die Funcken und Asche / oder was sonst von dem Gluth-Kasten fallen möchte / aufzufangen. Hierzu aber ist auch eine Schraube vonnöthen / die man oben in die Flaschen einwindet / damit keine Lufft in das Glaß /und kein Rauch heraus komme. vid. Francisci Schau-Bühne / P. II. p. 599. Behrs Ost Ind. Reise /p. 111. Der Perser Art Toback zu rauchen bedienen sich auch die Indianer zu Amadabad vid. Mandelslo Morgenländ. Reisebeschr. Lib. I. cap. 20.

Weil man auch bereits in Teutschland den Toback auf eine solche Art zu rauchen vesuchet / auch befunden / daß derselbe / indem er durchs [53] Wasser gehet /seine Schärffe verliehre / und diese Kühlung dem Munde sehr annehmlich vorkomme / hat man denselben an unterschiedenen Orten eingeführet. Denenjenigen aber / welche diese beqveme Art nicht geniessen können / giebet Thebesius in seiner offt angezogenenNachricht vom Toback cap. 5. p. 57. den Rath /daß sie alsobald nach dem Gebrauch desselben entweder mit Wasser den Mund rein ausspühlen oder nur mit einem reinen Tuche die Zähne abreiben solten /damit nehmlich das grobe stinkende Oel von den Zähnen und Zahnfleisch / ingleichen von der Zunge abgespühlet und gewischet werde / damit nicht die Zähne davon angefressen / und dem üblen Geruch aus dem Munde abgeholffen werde.

Andere / welchen die Art und Weise den Toback durch ein mit Wasser gefülltes Glaß zu schmauchen unbekannt / gleichwohl aber denselben mit einiger Kühlung und Erleichterung zu rauchen getrachtet /haben sich auf ein ander expediens besonnen / indem sie sich zu dessen Gebrauch sehr lange Pfeiffen verfertigen lassen damit das oleum fœtidum nicht so leicht zu dem Munde kommen könne. Wie denn hierzu nicht unbeqvem sind die ziemlich langen (öffters von 2. biß 3. Ellen) mit Drath gewundene lederne Röhren / welche man als ein Wald- [54] Horn um die Hand wickeln und also halten / auch überall bey sich führen kan / an beyden Enden sind sie mit Holtz eingefasset / und so aptiret / daß man an einem den Kopff drauf stecken / an dem andern Ende ein Mund-Stücke appliciren kan. Ingleichen bedienen sich auch die Türcken und Chineser / und die Mauri in Africa sehr langer Pfeiffen / die aus vielen an einander geschobenen Röhrlein bestehen / welche man zerlegen /und denn bey sich tragen kan; haben einen Kopff vom Thon / welchen sie drauf stecken / und nach dem Rauchen wieder abnehmen.

Nicht weniger brauchen auch die Mohren auf der Gold-Küste Guinea zum Toback-Schmauchen sehr lange Pfeiffen von mehr als 6. Fuß / aus einem Schilff-Halm mit Leimen und Erden gemacht / darein sie 2. oder 3. Hand voll Toback stopffen / und ohne Absetzen mit gar geringer Mühe ausrauchen / zumahlen die Pfeiffe biß an die Erde reichet / folglich selbige zu halten nicht nöthig haben. Bosmanns Reise nach Guinea, p. 362. Und Eduard Brown, ein wohlgereiseter und berühmter Engelländer / versichert /daß die Türcken in denenjenigen Europäischen Ländern / durch welche er gereiset / zum Gebrauch des Tobacks viel kleine Säcklein an ihren Seiten trügen /daraus sie ihre Pfeiffen / die einer Ellen lang wären /fülleten. Diese [55] wären gemacht von einem harten Schilff-Rohr / und hätten an einem Ende einen Kopff von gebrannten Thon / sie legten das eine Ende von der Tobacks-Pfeiffen auf den Boden nieder / und das andere hielten sie in ihrem Munde. Sonst solte man von dieser Art wenig Widerwärtigkeit im Munde empfinden / weil die Pfeiffen sehr lang / und also auch sehr kühle wären. vid. Browns Reisen / Lib. II.Part. IV. cap. 7. p. 161.

Die Americaner observiren nicht alle einerley Manier im Tobackschmauchen; Denn etliche gebrauchen Pfeiffen / welche grün und roth sind / oder sie schmauchen auch aus grossen höltzernen / die wohl eines Armes lang / und innwendig gepicht / oben aber von Stein sind / die Feuers-Gluth darinnen zu behalten. Francisci Schau-Bühne / P. II. p. 602. Andere nehmen grosse Tobacks-Blätter / rollen sie zusammen / und bedienen sich derselben an statt der Tobacks-Pfeiffen. Wie denn Jeseph â Costa de procuranda Indorum Salute, Lib. 3. p. 329. gedencket / er habe in einer gewissen Insul bemercket / daß einige gemeine Mohren gewissen Toback klein stiessen / in ein zusammen gerolltes Blat fülleten / darnach durch die Nasen Löcher in sich schluckten / und sich also vollsöffen / dergleichen Rauch sie vor ihre gröste [56] Ergötzlichkeit hielten. Vielleicht ist dieses eben die Art /welche die Indianer auf der Americanischen Erd-Enge / Darien genannt / in Acht nehmen; Diese reissen von ihrem Toback / wenn er getrocknet und gesaubert ist /die gröbsten Stiele ab / nehmen darnach 2. oder 3. Blätter / und rollen sie in die Länge zusammen / lassen iedoch in der Mitten ein klein Loch. Nach diesem rollen sie ihrer noch mehr darüber gantz dichte / biß eine Rolle einer Hand dicke / und 2. biß 3. Fuß lang daraus wird. Wenn nun die Indianer beysammen sind / und Toback rauchen wollen / muß ein junger Knabe eine solche Rolle nehmen / und das eine Ende anzünden / biß es wie eine Kohle glühet / das übrige Stücke wird mit Wasser naß gemacht / daß es nicht so bald verbrenne. Wenn dieses geschehen / stecket der Knabe dieses Ende ins Maul / und bläset einem jedweden / wenn ihrer auch zwey biß dreyhundert wären / den Rauch in die Nase. Da sitzen nun die Herren Indianer nach ihrer Landes-Gewohnheit auf Bäncken /und halten ihre Hände um die Nase herum / als wenn sie eine rechte Röhre damit machen wolten / dieses herrliche Rauchwerck dadurch zu empfangen. Solchergestalt schlucken sie die längste Zeit / und ziehen den Toback so starck an sich / daß / wer sie siehet /glauben muß / sie halten sich vor [57] sehr glückseelig /wenn sie so sitzen / und sich mit diesem Zeitvertreib erqvicken können. Dampiers Reise um die Welt / P. III. p. 299.

Fast eben dergleichen Umstände hat man bey dem Toback-Schmauchen der Javaner in Ost-Indien / und der Singulesen (welches eine gewisse Nation, die von Negombo über Colombo, Galtare biß nach Gala wohnen) bemercket. Von denen erstern meldet Behr in seiner Ost-Ind. Reise p. 32. nachfolgendes: Die Javaner haben bey dem Gebrauch des Tobacks keine Pfeiffen / wie wir / sondern nur ein dünnes Blat /so sie einen Puncks heissen / in welches sie so viel / als ihnen beliebet / zu wickeln / und so dann in den Mund zu nehmen und anzuzünden gewohnet sind. Und von denen letztern finden wir in Schweitzers Ost. Indisch. Reise p. 48. folgende Nachricht:Die Singulesen trincken Toback nicht mit Pfeiffen / sondern in einem dürren Stücklein Laub zusammen gewickelt.

Ein seltsamer Gebrauch ist es auch / welchen dieChineser in der Ost-Indischen Haupt-Stadt Batavia im Toback-Schmauchen in Acht nehmen: Sie haben eine gewisse Art Tobacks / welcher ins gelbe wie gantzer Saffran siehet / ist subtil wie ein Haar geschnitten / und mit Amphioen angemachet; Von diesem nehmen [58] sie ein klein wenig / rollen ein Kügelein /etwa wie eine grosse Erbse / zusammen / und stopffen solches in ihre Pfeiffe / fassen darauf Wasser / und zugleich die Pfeiffe in den Mund / zünden den Toback an / und ziehen so lange / biß sie urtheilen / daß der Toback verbrannt / alsdenn lassen sie das Wasser samt dem zu sich gezogenen Rauch aus dem Munde /und spielen selbigen mit frischen Wasser wieder aus. Vogels Ost Ind. Reise-Beschr. p. 111.

Ob gleich die Hottentoten ein dermassen barbarisches Volck / daß man sie kaum vor Menschen zu achten / ist doch ihre sonderbare Eintracht und Ordnung / welche sie im Gebrauch des Toback-schmauchens observiren / allerdings zu loben. Diese kommen bißweilen ihrer zwölffe biß zwantzig zusammen / und setzen sich hinten auf die Fersen / ohne mit etwas mehrern die Erde zu berühren. Wenn sie nun so in einem Circkel sitzen / lassen sie eine Pfeiffe Toback herum gehen / die einer dem andern giebt / iedweder aber nur einen Mund voll nimmt / biß sie aus ist. Ungeachtet nun der Toback ihr allerbestes ist / dergestalt / daß sie alles in der Welt thun / um etwas Toback zu erlangen / so hat man doch niemahls gesehen / daß diese ihre Eintracht durch einigen Zanck wäre gestöret worden. Leguats Reisen P. II. p. 385.

[59] Wenn die Ostiacken / eine an Siberien stossende Heydnische Nation, Toback rauchen wollen / nehmen sie erstlich den Mund voll Wasser / alsdenn schlucken sie auf einmahl den Tobacks Rauch mit dem Wasser in sich / und wenn sie früh Morgens die erste Pfeiffe anfangen zu rauchen / so benimmt ihnen der Tobacks-Rauch / welchen sie in sich schlucken / die Lufft / so daß sie niederfallen / und eine Zeit lang liegen bleiben / als wenn sie die fallende Kranckheit oder das Unglück hätten / nachmahls aber kommen sie wider zu sich selbst. Auch haben sie durchgehends die Gewohnheit / nicht stehend / sondern sitzend zu rauchen. vide Brands Chines. Reise p. 73.

Eine recht wunderbare Art Toback zu rauchen / hat der Engelländische Gesandte / Graff von Carlile Anno 1663. bey denen Moscowitern observiret. Wir wollen denjenigen / der die Beschreibung dieser Gesandschafft in den Druck gegeben / selbst anhören. Er saget aber Cap. 4. p. 75. also: Die Moscowiter rauchen den Toback auf eine so abgeschmackte manier, daß ich gantz außer mir selbsten war / als ich sahe /wie sie damit umgiengen. An statt der Pfeiffen brauchten sie ein Horn von einem Ochsen / mitten in solchen war ein kleines Loch / in welches sie ein etwas weites Geschirr setzten / so zum [60] wenigsten 2. Pfeiffen Toback begreiffen mochte. Dieses Horn fülleten sie mit Wasser / um den Tobacks-Rauch in etwas zu versüssen / darauf zündeten sie den Toback mit einem Brand aus dem Feuer überall an / und durfften mehr nicht / denn 2. oder 3. mahl ziehen / so war er dahin / und hatten ihn verthan / wodurch sie denn einen so dicken Rauch erregten / daß solcher wie eine Wolcke / also zu reden / aufzog / und ihr gantzes Gesichte umnebelte. Ich habe einen / (fährt er fort) nach den andern wohl 5. biß 6. mahl also Toback trincken sehen / wenn nun der eine sein Theil ausgerauchet hatte / übergab er sein Horn dem andern / und fiel darauf zur Erden nieder / nicht anders als ob er todt wäre. In welchem Zustand ein ieder unter ihnen eine halbe Virtel-Stunde lang verblieb / gantz unbeweg-und unempfindlich / was man auch mit ihnen vornehmen mochte / so lange der Toback seine Wirckung thäte. Hernachmahls stunden sie auf gantz frisch und frölich / und fingen an den Toback heraus zustreichen / sagend / es sey nichts auf der Welt / so das Gehirn besser reinige als derselbe. So weit gemeldte Beschreibung. Es kömmt die barbarische Manier mit der Moscowiter damahligen Lebens Art ziemlich über ein; Nachdem aber Ihro ietzt regierende Czarische Majestät Peter Alexowitz viele närrische [61] und seltsame Gebräuche bey dero Unterthanen ausgemustert / als ist zu vermuthen / es werden sich die Moskowiter vor ietzt auch in dem Gebrauch des Tobacks nach andern Europäischen Nationen accommodiren.

Die allerleichteste und beqvemeste Art Toback zu rauchen mag wohl dieienige seyn / da man weder Toback / Pfeiffe / Feuer noch Gluth darzu brauchet. Diese Art ist denen Indianischen Fischern sehr wohl bekannt; Denn sie wissen den Rauch des Tobacks so geschwind in ein langes und grosses Rohr zu verschliessen / daß sie nachmahls ohne Feuer und Gluth /die ihnen im Fischen beschwerlich ist / so viel davon nehmen können / als ihnen beliebet. vid. Francisci Schau-Bühne P. II. p. 602.

Zum Beschluß dieses Capitels wollen wir annoch ein wohl ausgearbeitetes Rätzel anführen / in welchem alle diejenigen Umstände / so man im Rauchen des Tobacks observiret / enthalten sind. Es lautet aber selbiges in des Wagenseilii Pera juvenili Vol. 1.p. 827. folgender massen:


Non bibor & bibor, & populo sum baustus & haud sum, Mandor ab occidurs, nec tamen esca fui. Cum bibor, ipsa sitis crescit, sum victima vulgi. Torqveor, incidor, torreor, uror idem. Consedere viri, & conspecto munere Divum Qvælibet exitio est dextra reperta meo. [62] Pars in frusta secant, pars igni humentia siccant Corpora, pars flammas admovet, atqve faces, Otia qui fugiunt, in nobis otia perdunt, Es magna peragunt sedulitate nihil. Qvo capior, perdor: quo claudor, pellor ab ore, Nostraque mox difflat fercula, quisquis amat. Quæ mihi quæ mitidos aperis, matrona, penates, Præmia tam elari spretá laboris habe.

Cap. IV. Welcherley Personen sich des Tobacks zu bedienen

Cap. IV.

Von denen Personen / so sich des Tobacks zu bedienen haben / in Ansehung ihresTemperaments / Geschlechts / und Standes.

Wenn uns der Toback in der Lateinischen SpracheHerba Nicotiana durch Versetzung der Buchstaben diese Worte zu lesen giebet: In bona charitate; so will er uns gleichsam selbst erinnern / daß wir ihn als ein vortreffliches Kraut / so die Natur zu unsern sonderbaren Nutzen hervorgebracht / lieb und werth halten sollen. Hierzu erkennen wir uns auch um so vielmehr verbunden / da wir wissen / daß dieses Kraut gewisser massen zu dem täglichen Brode zu rechnen sey / und daß es so wohl als andere Gaben mit Dancksagung empfangen und genossen werden soll. Und wie sich derjenige an GOtt sehr versündigen würde/welcher das liebe Brod / so [63] ihm zu seinem Unterhalt und Nahrung gegeben wird / verachten wolte; Also würde es nicht weniger demjenigen zur Sünde gereichen / welcher den Toback (der so ein vortreffliches Mittel ist / den Menschen bey guter Gesundheit zu erhalten) mit allen Schelt-Worten belegen / und den Gebrauch desselben als eine böse Gewohnheit unbedächtl. lästern wolte. Zwar gestehet man gar gerne zu / daß nicht alle Menschen gleichen Nutzen aus dem Gebrauch desselben empfinden; solches aber hat man nicht so schlechterdings denen Eigenschafften und Würckungen des Tobacks uzzuschreiben / sondern vielmehr demjenigen / welcher entweder sein temperament nicht recht untersuchet / ob ihm der Toback nützlich oder schädlich sey / oder welcher im Toback rauchen excediret / und aus dem rechtmäßigen Gebrauch in einen Mißbrauch verfället.

Es haben aber die Medici den Gebrauch des Tobacks absonderlich denen Cholericis ernstlich widerrathen / als welche von Natur ein subtiles und flüchtiges Geblüthe haben / und bey selbigen vermöge des Tobacks die innerliche Wärme / denn der ausbrechende Schweiß / auch daher einige Hertzens Angst und Klopffen verspühret / und der schwache Leib desto mehr verdrocknet wird. Derowegen er auch denen[64] Kindern / alten und magern Leuten / wie auch denen /so sehr viel Arbeit thun / und immerdar bey Feuer oder Sonnen seyn müssen / gantz und gar nicht dienlich / weil er die natürliche Feuchtigkeit / derer sie ohne dem wenig haben / und darinnen das gantze Leben bestehet / verzehret. Fast eben dergleichen ist bey Melancholicis zu besorgen / als bey welchen dasviscidum des Tobacks zu Verstopffungen / Convulsionen und Zittern der Glieder Gelegenheit geben wird. Gleichergestalt ist der Toback vielen Kräncklichen /zumahl in der Krätze / und in allen scorbutischen Unreinigkeiten des Geblüths höchst nachtheilig: Wie auch denen / so zum Blutspeyen incliniren / oder zur Schwindsucht geneigt sind / und destomehr / wo beydes schon würcklich vorhanden ist. In Fiebern verbeut sichs ohne dem bey Mangel des Appetits. vid. Thebesii Nachricht vom Toback / cap. 4. p. 42. & 43.Barnsteins Tobacks-Wunder-Kunst / cap. 7.

Hingegen ist er in gewissen Fällen und solchen Personen sehr dienlich / bey welchen das temperamentum phlegmaticum prædominiret / und die mit vielen catharalischen Flüssen beschweret sind. Desgleichen können die Sanguinei den Toback wohl vertragen / weil er durch vieles Auswerffen die vielen Feuchtigkeiten [65] des Geblüts verringert / das Geblüthe besser beweget / chiragram und podagram lindert /und die sensus gleichsam einschläffert / Thebes. l.c. cap. 5. p. 46. 47. Nicht weniger ist der Toback denen kalten / feuchten / dicken und fetten wassersüchtigen Menschen sehr gut; wie denn auch / die an neblichten sumpffichten Oertern wohnen / oder sonst mit kalten Flüssen geplaget werden / aus dem Gebrauch des Tobacks öffters Hülffe und Linderung empfinden. Abel. Leib-Med. der Studenten / cap. 12. p. 223. Daher auch die See-Fahrende ein gutes Mittel an demselben haben für böse Feuchtigkeiten und Flüsse. Francisci Schau-Bühne / P. III. p. 570.

Man hat aber vornehmlich die Zeit / zu welcher der Toback gerauchet werden soll / wohl zu observiren; Denn woferne man selbige nicht genau in Acht nimmt / kan man sich durch dessen Gebrauch sehr schädliche maladien zuziehen / welche fast incurable seyn. Also ist es nicht gesund / wenn man den Toback nach der Mahlzeit / besonders auf den Abend / wenn man zu Bette gehen will / rauchet / indem er die Verdauung der Speise verderbet / grossen Durst in der Nacht /Trockenheit des Mundes und Aufspringung der Leffzen verursachet / auch machet / daß die Flüsse auf die Brust fallen. [66] Wenn er aber von einem aus Gewohnheit nicht unterlassen werden kan / mag er 2. oder 3. Stunden nach dem Abend-Essen / doch daß er darauf nichts weiters mehr Bier oder ander Geträncke zu sich nehme / getruncken werden. Wenn man aber zu gedachter Zeit noch darauf trincken wolte / oder dazu genöthiget würde / ist es rathsam / daß nicht überflüßig / auch nicht hitzige Geträncke / als Wein / aqua vitæ oder Brandtewein getruncken werde. Widrigenfalls wird der Natur Schaden gethan / und zu Kranckheiten Ursache gegeben / ja sie wohl gar (sonderlich wenn schwindsüchtige und dumpffichte Leute solches verrichten) getödtet; Und ist allhier dieses wohl zu mercken / daß / wenn das Toback-trincken der Natur zu Nutz geschehen soll / muß es des Morgens früh nüchtern und Nachmittags nach 4. Uhren / wenn dieCoctio oder Dauung verrichtet / gebrauchet werden. vid. Barnsteins Tobacks-Wunder Kunst / cap. 9.

Wenn wir bey dem Gebrauch des Tobacks den Menschen nach seinem Geschlechte consideriren / so erweiset der oben angeführte Autor unter dem Nahmen Leucorande in einem von dieser Materie handelnden à parten Tractätgen / daß die Weiber in gedachtem Gebrauch eben so viel Recht haben / als die Männer / [67] und referiret p. 35. daß es in Engelland und Franckreich bereits grand mode, daß die Dames mit denen Chevalieren in öffentlichen Compagnien ein Pfeiffgen oder etliche schmauchten / und niemand legte es ihnen übel aus. Von Holland gedencket er /daß es daselbst ja bereits so gemein / daß auch die Bauer-Mägde / wenn sie des Tages Last und Hitze getragen / sich mit diesem kräfftigen remedio erqvickten. Pag. 41. wundert er sich / daß die Männer selbst denen Frauen nicht schon längst gerathen / daß sie sich an den Toback gewöhnen solten / denn davon würden sie viel Nutzen haben. Ein Geitziger würde gewahr werden / daß durch das scharffe Saltz / welches der Toback bey sich führet / des Weibes Maul von denen süssen Lecker-Bißgen / Backwerck / Confituren etc. würde entwöhnet werden. So würden sie auch nicht mehr so scharff spielen / sondern öffters bey der Pfeiffe Toback des Spielens vergessen. Ein Ehrgeitziger würde den Vortheil haben / wenn sein Weib von denen spiritibus des Tobacks würde mehr und mehr klüger werden / daß sie / wenn er wackere Männer zu sich kriegte / capable wäre sie mit einem vernünfftigen discours zu unterhalten. Ein Wollüstiger aber würde am meisten davon profitiren / denn da würde ihm sein liebes Weibgen / [68] wenn er aus einer Tobacks-Compagnie nach Hause käme / viel eher entgegen gehen / und ein halb Dutzt Küsse zuschmeissen / da sie ietzo / wenn sie den Tobacks-Geruch noch nicht vertragen kan / erst die andere Nacht-Wache heran kommen läßt / ehe sie sich zu ihm nahet. Zu geschweigen / was er sonst vor einen Nutzen habe. Pag. 45. schertzet er: Es wäre merckwürdig / daß / da Nicot, der Frantzösische Gesandte / den Toback Anno 1560. zum ersten mahl nach Franckreich gebracht / er selbigen einem Frauenzimmer / nehmlich des Königs Frau Mutter / überreicht / daraus sich das Frauenzimmer das schöne consectarium ziehen möge / daß der Toback auch vor sie gehöre / ja vornehmlich / weil das sonderbare Schicksal ihn zum ersten einem Frauenzimmer überreichen lassen. Pag. 46. zeiget er den veritablen Nutzen des Tobacks / wenn er saget: Es wäre eine seiner vornehmsten Eigenschafften / daß er ein sehr flüchtiges Saltz bey sich führe / welches alsobald das Blut und die Säffte erfüllet und sie verdünnet / daß die Menschen gesund und frölich werden / und nach beschwerlicher Arbeit muntere Geister bekämen; So ziehe er auch vermöge dieser Eigenschafft den Schleim aus der Lunge / stille den Husten / und reinige das Geblüth. Dahero ein jeder leicht den Schluß machen könne / daß er blassen [69] Mädgen und dem mit Mutter-Beschwerungen behaffteten Frauenzimmer grosse Dienste leiste / und insgemein allen Weibs-Bildern / die mit vielem Sitzen ihr Geblüthe verderben; denn dadurch würde es allerdings dicker als bey Leuten / die in steter motion wären / also wolle es sich allerdings geziemen / denen Weibern den Gebrauch des Tobacks vorzuschreiben. Endlich führet er pag. 47. eine passage aus des berühmten Brandenb. Raths und Leib Medici, D. Cornelii Bontekœ, Buche / welches er kurtze Abhandlung von dem menschlichen Leben / Gesundheit / Kranckheit und Tod nennet / und zu Bautzen 1692. aus dem Holländischen ins Teutsche übersetzet worden an /welche dieses alles / was von dem Nutzen des Tobacks vor das Frauenzimmer bißher gesaget worden /confirmiret. Es lauten aber erwehnten D. Bontekœ, Worte also: Ist man ums Hertz beängstiget / taub in Ohren / unlustig / malade, schwach / schläffrich / und vom Scharbock steiff / hat man Schmertzen im Haupt / in den Augen / Zähnen und anderswo ist das Gesicht dunckel / schwach / das Gehöre beschweret / mit Podagra, Stein / Colica, Krätze /Flecken / Friesel / Magerheit oder allzugrosser Fettigkeit / Winden / Würmen etc. geplaget / so ist der Toback / absonderlich [70] die Virginischen Blätter / ein wahrhafftiges Mittel. Nur ist zu beklaben / daß viele seyn / die unsern Toback lästern / insonderheit / daß die meisten Frauen solchen nicht wollen rauchen / und die Männer / so viel sie können / abhalten. Doch die Zeit / so alles ändert / und die in Holland allbereit in wenig Jahren das Rauchen / das vor diesem unanständig und gleichsam unehrlich war / wieder ehrlich gemacht / wird auch endlich dieser Axt einen Stiel finden / und die Frauen / welchen es höchstnöthig und dienlich ist / ans Rauchen bringen / dessentwegen wir die Männer ermahnen / daß sie mit kräfftigen Vorbilde erweisen möchten / daß man rauchen müsse / nicht aus debauche, Zeit-Vertreib oder Recreation, sondern um gesund zu seyn und lange zu leben. Und etwas weiter unten schreibetBontekœ: Und gleichwie es denen Frauen ein grosser Verdruß ist / daß die Männer sich absondern / und hie und da Brandtewein / Wein / Bier und Toback sauffen / worunter sie den Toback am meisten hassen; so solte es sie im Gegentheil ja ergötzen / und auch zu ihrer Gesundheit und Leben dienlich sein / wenn sie die Tugend des Tobacks glaubeten / mitmacheten / und [71] als Gesellen ihren Männern / worzu sie auch gemacht sind / sich mit ihnen vereinigten / und an statt unfriedlich zu seyn / zu murren und zu beissen / sie zum Toback anmahneten.

Von der Frage: Ob es denen Geistlichen / Schul-Männern oder andern / so in öffentlichen Aemtern stehen / erlaubet sey / Toback zu trincken? eröffnet der Autor der aufgefangenen Brieffe III.Ravage 1. Paqv. p. 95. sein sentiment weitläufftig. Er meynet / es würde jedermann zugestehen müssen /daß der Gebrauch des Tobacks an ihm selbst einAdiaphorum oder Mittelding sey / welches in GOttes Wort weder verboten noch geboten / auch mit der geringsten consequenz aus der Schrifft nicht erwiesen werden könne / daß solches unrecht sey. Denn was insgemein verwerfflich wäre / würde einem Geistlichen oder Schul-Manne / als Clericis, um so viel weniger anständlich lassen. Man solle vielmehr consideriren / was David Psalm 24. v. 1. saget: Die Erde ist des HErrn / und alles / was drinne ist; Und Paulus 1. Thess. 4. v. 4. Alle Creatur GOttes ist gut / und nichts verwerfflich / was mit Dancksagung empfangen wird. Und weil auch der Toback als ein edles Kraut von GOtt gut erschaffen [72] sey / so möge desselben / gleichwie ein ieder Mensch / also auch ein Geistlicher oder Schul-Mann / mit Dancksagung geniessen. Und warum solte ein Kraut geringer geschätzet / oder dessen Gebrauch vor sündlicher geachtet werden / als eines andern? oder jenes einer Art Men schen anständiger seyn / dieses aber nicht? Dieses habe man billig zu überlegen / ehe man von einer so unschuldigen Sache verächtlich / GOtt selbst / dem Schöpffer und Geber / zu urtheilen sich unterstehe. Dahero es nicht allerdings vernünfftig gnug gethan sey / wenn manche vornehme Patroni einen gelehrten und sonst untadelichen / auch zu einem Amt in Kirchen oder Schulen tüchtigen Menschen nur darum von aller Beförderung excludiren wolten / weil er Toback rauche / und denselben als GOttes Geschöpffe zu seines Leibes Nutzen anwende. Denn wenn es erlaubet sey Toback zu schnupffen / in Artzeney einzunehmen / Pflaster daraus zu machen etc. warum solte es unrecht seyn / wenn derselbe zu Beförderung der Gesundheit / zu Abführung des Schleims und Reinigung des Haupts von Leuten / die zu Flüssen geneigt sind /dergleichen es unter Geistlichen und Schul-Bedienten nicht wenige gebe / sonderlich auf Rath verständigerMedicorum gebraucht würde? Es wäre ein verderbtes[73] Wesen und gefährlich præjudicium unter uns Menschen / daß wir so gar gerne dasjenige / worzu wir aus uns bekannten Ursachen / oder auch zuweilen par pure caprice keine inclination haben / an andern tadelten / und doch dabey selten bedächten / ob auch solches mit hinlänglicher raison geschehe. Doch sey hiermit denen liederlichen Purschen / deren es da und dort auch unter Kirchen- und Schul-Bedienten wohl etwa geben möchte / das Wort nicht geredet / welche sich mit ihren Bauern oder Bürgern in die Wirths Häuser / Schencken und andere Oerter setzten / und aus dem Tobacks Geschmauche / wovon das Sauffen und Spielen nicht weit entfernet / und daraus ein unordentlich Leben erfolget / profession machen. Auch wolle er nicht denenjenigen unter denen Studiosis flattiren / welche ohne Noth u. dringende Ursachen sich das Schmauchen auf Universitäten angewöhnet /und allmählig in exorbitante debauchen damit geriethen. Es müsse nur der rechte usus von dem abusu wohl unterschieden werden: Sondern er setzet dencasum so: Es habe ein Geistlicher oder Schul-Mann zu Reinigung seines Haupts von Flüssen / deren Wachsthum ihm am Gesichte / Geruch und Gehöre schaden könte / wie er aus allerhand Umständen vermuthe / und da andere [74] medicamenta nicht anschlagen wolten / sich auf Einrathen verständiger Medicorum angewöhnet / Toback zu rauchen / befinde auch hiervon theils Erleichterung seiner Beschwerniß / theils /daß hierdurch sein malum weiter um sich zu greiffen verhindert werde / auch er hiernächst in Sorgen stehen müsse / daß / wenn er sich des Tobacks entwöhnen solte / er zu seinem Amte untüchtig werden möchte /hütet sich aber dabey / kein Aergerniß zu geben / sondern bediene sich dessen allein in seinem Hause und Studir-Stube / oder gelegentlich bey erbarer unverwerflicher Gesellschafft mit einem erbaulichen Gespräche. Bey solcher Bewandniß würde derselbe wohl keine Sünde thun noch sträflich werden. Man habe hier die Distinction in dem discursu de Adiaphoris, welchen ein berühmter JCtus in den gelehrten Observationibus Halensibus T. II. Obs. XIII. p. 289–305.inseriret habe / allerdings zu attendiren: Bey einer ieglichen Sache / wovon man judiciren wolle / ob sie recht oder unrecht sey / müsse man aufs genauesteconsideriren so wohl das decorum, als die intentionem agentis. So es einem Prediger oder Schul-Mann vergönnet sey in seinem Hause / oder auch in honeter Gesellschafft in gutem Absehen Wein zu trincken / so möge er auch wohl ohne Bedencken ein gleiches [75] mit dem Toback thun / denn Wein und Toback wären beydes Creaturen GOttes / und habe keines vor dem andern in diesem Stück den geringsten Vorzug. Und wer bey dem Gebrauch desselben die Erhaltung seiner Gesundheit / so ihm GOtt durch dieses Mittel giebet /mit Danck erkenne / der thue / was GOtt wohlgefällig sey / und verlache billig allen ihm hierüber gemachten Einwurff / als unbesonnen. Wäre aber jemand / der den Wein denen Geistlichen oder Schul-Bedienten deswegen verbiete / weil etliche bruta sich in demselben aus der Vernunfft zu ihren eigenen Verderb sauffen; so möge ihnen auch niemand mit Recht den Toback darum verbieten / weil etliche Debauchanten so wohl auf Universitäten als sonst über das Maaß schreiten / und auch wohl ohne Noth / bloß zum unnützen Zeitvertreib / denselben brauchten. Der Mißbrauch müsse den rechten Gebrauch nicht aufheben /sonsten müste man das liebe Wort GOttes und alle Creaturen / keine ausgenommen / wegschaffen etc.

Wir könten hier unterschiedene Exempel berühmter Männer / die sich des Tobacks bedienet / welchen doch dahero von ihrem Ansehen und Ruhm nichts entgangen / anführen; Wir wollen uns aber nur mit diesen wenigen begnügen [76] lassen: Der berühmte Holländische Professor, Marcus Zuerius Boxhornius, hatte eine überaus grosse Lust und Begierde zum Tobackrauchen; Damit nun aber sein Studiren nicht unterbrochen würde / und er beyderley zugleich geniessen möchte / hat er mitten in den Rand seines Huts ein Loch geschnitten / darein er die angezündete Pfeiffe gestecket / und auf diese Art unter dem Lesen und Schreiben geschmauchet / wie er denn zu dieser Ubung alle Stunden / die er nicht zu seiner öffentlichen Bedienung gebrauchet / angewendet. vid. Vergnügung müßiger Stund. P. I. p. 61. Schrœderus in seiner 1717. zu Leipzig gehaltnen Disputation de Misanthropia Eruditorum bestätiget solches § 4. mit diesen Worten: Marcus Zuerius Boxhorn, Professor Leidensis, studiis intentus tabaco suo contentus erat, noctesque diesque libros volvendo & fumum captando trivit. Mors illius tabaci quidem usui nimio tribuitur, sed & vitam solitariam illam pro causa socia haberi posse videtur.

Von Georgio Hornio ist bekannt / daß er seine Bücher bey der Tobacks-Pfeiffe zu verfertigen im Gebrauch gehabt / dahero auch seine Schrifften nach Art des Rauchs so flüchtig aussehen sollen. vid. Vergnüg. müß. Stunden / P. I. p. 61.

[77] Daß der vortreffliche Polyhistor zu Utrecht / Joh. Georg Grævius, ein sonderbarer Liebhaber des Tobacks gewesen / ist aus Muhlii Beschreibung des gelehrten Convivii, welches Anno 1692. den 18. Julii zu Goude in Holland gehalten wurde / zu ersehen / in welcher Beschreibung unter andern folgende Worte zu lesen:


Pars tecum, Grævi, fumos captabat & auras,

Liberior patulo sub Jove fumus erat.

O quam fume places! o dulcior herba, Tabacum!

Hæc poterat doctos aura juvare viros,

O quam fume places! mihi jam venit ista voluptas.

O quantum hæc gustu prodigiosa suo est!

Dulcis amicitiæ liquor, o mihi gluten amoris

Nectar, & hoc si quid dulcius esse potest.


vid. Schüzii Apparat Curios. & Pract. T. II. p. 1487.Grævius selbst verfertigte auf dieses von ihm so werth gehaltene Kräutlein nachstehendes Sonnet:


Doux charme de ma solitude,

Fumante pipe, ardent fourneau.

Qui prive d' humeur mon cerveau

Et mon ame d' inquietude,

Tabac! Dont mon ame est ravie,

Quand aussi vite qu'un eclait

Je te voi dissiper en l'air,

J'y voi l'image de ma vie.

Tu remets a mon souvenir

Ce qu'un jour me doit devenir,

N'étant qu'une cendre animée;

Et tout confus je m'apere, evois

Que courant apres la fumée

Je me perd de même comme toi.


[78] welches aus Tentzels curieuser Bibliotheque in denen Observat. Miscellan. T. II. p. 229. folgender gestalt teutsch nachzulesen ist:


Du, meiner Einsamkeit Ergötzen,

Geliebtes Pfeiffgen, meine Lust,

Das mir erleichtert Haupt und Brust,

Und meinen Geist in Ruh kan setzen.

Toback, der mir kan Freude geben,

Wenn ich dich seh im Rauch aufgehn

Gleichwie der Blitz; so kan ich sehn

Ein wahres Bild von meinem Leben,

Da mir wird klärlich vorgestellt

Das Ende dieser kleinen Welt,

Der mit der Seel begabten Asche,

Und mercken in verwirrter Ruh,

Daß, der ich nur nach Rauch stets hasche,

Ich eben so vergeh, wie du.


Hieher kan auch gerechnet werden der gelehrte Englische Ritter / Henricus Wotton, welcher zwar Anfangs am Englischen Hofe unterschiedene wichtige Staats Chargen bedienete / letzlich aber zu Beförderung seiner Gesundheit und Ruhe vom Könige zumPræposito im Collegio Ætoniensi gemacht wurde. Dieser vortreffliche Mann (dessen Andencken bey der gelehrten Welt unverändert grünen wird) war dem Tobackschmauchen ungemein ergeben / wodurch er sich aber grosse Leibes-Schmertzen und Beschwerungen zugezogen / an welchen er auch Anno 1639. im 72. Jahr seines Alters verstorben. vid. Observat. Miscell. T. II. P. 1.

[79] Ob der Gebrauch des Tobacks denen Studiosis nützlich und zuträglich sey? ist eine Frage / von welcher unterschiedene diverse Meynungen haben. Diejenigen / welche solchen approbiren / führen absonderlich zu Behauptung ihrer Meynung dieses an: Weil der Toback ein sehr flüchtiges Saltz bey sich führe / welches den Umlauff des Geblüths kräfftig unterhalte / und die Säffte alsobald erfülle und verdünne / daß die Menschen gesund und frölich würden / und nach beschwerter Arbeit muntere Geister bekämen; Die Herren Studiosi aber durch vieles Sitzen ihr Geblüthe verderbeten / daß es dadurch allerdings dicker würde / als bey Leuten / die in steter motion wären /als wäre der Toback denenselben sonderlich zu Verdäuung und Reinigung ihres Geblüths zu rathen. Und was der Toback überhaupt vor Nutzen habe / den werde er auch denen Herren Studiosis unverändertpræstiren. Vielweniger hätte sich ein Studiosus hierüber ein Gewissen zu machen / wenn er sich in einerindifferenten Sache / die nirgends verboten / so wohl als andere / in gehöriger Maße bediene. Andere aber /welche den Gebrauch desselben denen Herren Studiosis nicht erlauben / geben vor / es wäre der Tobackherba stratiotica & Martis, non vero Sophiæ & Artis. Denn es würde durch [80] den Toback eine mehrere nützliche und gekochte Feuchtigkeit aus dem Munde geführet / und dahero trockene Naturen mehr und mehr ausgetrocknet / und die Geister verdünnet. Weil nun die Herren Studiosi von dergleichen Art wären; als sey er ihnen höchstschädlich. Dannenhero auch jener Helmstädtische Professor, Tappius, in Orat. de Tabaco es denen Studenten vor sehr übel gehalten /die den Toback zu starck u. ohne Noth getruncken /wenn er gesaget: Quid turpius & homine liberali indignius, quam ex cerebro nobilissima illa mentis sede, vaporarium efficere? d.i. Was ist doch schändlicher / und einem freyen Menschen unanständiger / als aus dem edlen Sitz der Seelen ein Rauch-Nest zu machen? vid. Abel. Leib Med. der Student. cap. 12. p. 221. Und der wegen seiner vielen historischen Schrifften berühmte AltenburgischeTheologus, Ernst / verwundert sich nicht wenig /warum Heinrich Barnstein / weyland Leib- und Wund-Artzt in Erffurt / in seiner Tobacks Beschreibung / cap. 7. diese Worte gesetzet / daß er sehr gut sey denen Studenten und andern / die den Kopff brauchen müssen; da doch die tägliche Erfahrung lehre /daß viele derer Herren Studenten durch das Tobackschmauchen ihr Ingenium, Gedächtniß und Verstand verlohren. [81] vid. Ernsts Confect-Tafel / § 7. p. 42. Allein wir glauben / daß beyderley Meynungen gar leicht mit einander vereiniget werden können; Manremovire nur den schändlichen Mißbrauch von dem ordentlichen und rechtmäßigen Gebrauch / so wird der Toback denen Herren Studiosis so wenig schädlich seyn / als andern / welche sich desselben zu ihrer Gesundheit bedienen.

Zwar will es scheinen / als ob die Herren Studiosi Ursache gnug hätten / sich des Tobacks zu enthalten /weil sie sich durch desselben unangenehmen Geruch einiger massen verhaßt machten / auch hierdurch gar leicht in den Verdacht eines liederlichen Lebens gerathen könten. Denn es führet der Toback diese incommodité bey sich / daß das Oel desselben sich nebst dem Sale volatili so hefftig an die Zähne und innern Mund setzet / daß man auch folgendes Tages den höchst empfindlichen und ungemein stinckenden Geruch aus dem Munde mit dem grösten Eckel empfindet; Hiernächst auch dessen Rauch sich dermassen in die Kleider einlogiret / daß er so bald nicht wieder herauszubringen / von welchem Geruch König Jacobus in Engelland gar artige Gedancken führet / wenn er saget: Quod si olim putore Tobiani pifcis, sic Tabaci nidore (nam minus olet) Diabolus [82] posset in fugam conjici, nihil miraculorum mangonibus ad exorcismum natura rerum creasset valentius; welches etwa so viel heissen soll: Wenn der Teufel durch den Gestanck des Tobacks / wie vormahls durch den üblen Geruch des Tobianischen Fisches (denn es verursachet jener einen nicht weniger unangenehmen Geruch) könte vertrieben werden / so hätte die Natur denen Teufels-Beschwerern hierzu wohl kein kräfftiger Mittel hervor bringen können. Daher auch viele gelehrte Leute / welche sich des Tobacks bedienet / ob man gleich sonst an ihrer Geschicklichkeit und Conduite nichts auszusetzen gehabt, bey denen jenigen / welchen solcher übler Geruch höchst zu wieder / ihreFortun entweder nicht gefunden haben / oder wo sie ja Beförderung erlanget / nicht gar zu wohl angesehen gewesen. Welches absonderlich der berühmte Henricus Sickius, Professor Hebrææ Lingvæ zu Cambridge erfahren. Denn ob er schon ein Mann von vortrefflichen Wissenschafften war / dergestalt / daß man ihm mit Recht nachrühmen kan / er habe in denen Morgenländischen Sprachen seines gleichen nicht gehabt; Wie denn Herr Adrian Reland demselben sein Arabisches zu dancken / auch Herr Küster / welcher nebst Sickio die Bibliothecam librorum novorum [83] zu Utrecht geschrieben / nicht in Abrede ist / daß er vieles von ihm erlernet; So hat er doch durch sein sordides Leben / weil er sich dem Toback schmauchen allzusehr ergeben / seine Fortun lange nicht gefunden / biß ihn der Englische Graff von Huntington zu Utrecht kennen lernen. Denn nachdem dieser Herr sich fürgesetzet nach Constantinopel zu reisen / um alda die Orientalische und Arabische Sprachen zu excoliren / hat er jemanden gesucht / der ihm und seinem Vorhaben könte behülfflich seyn. Die Professores haben ihm so gleich diesen Sicken recommendiret /welchen er zu sich kommen lassen / und ihn zwar geehret / aber dermassen gefunden / daß er ihn vor untüchtig gehalten / sein Compagnon zu seyn. Der Lord kunte den Toback nicht vertragen / hatte auch keinen geringen Eckel / eine so schmierige Creatur um und bey sich zu sehen. Weil er aber inzwischen niemand fande / der zu einem solchen Wercke tüchtiger / alsresolvirte er sich / Sicken anzunehmen / dafern sich dieser entschlissen wolte / den Toback zu qvittiren. Welches er aber schlechter dings abschluge / und lieber bey seiner geliebten Gewohnheit verharren / als die einmahl erwehlte Lebens-Art verändern wolte. Wannenhero der Graf ihm auch dieses Begehrē accordirt / nur daß er sich bedunge / es solte sich sein Reise Gefehrte besser kleiden / [84] und sich von ihme /wenn er rauchte / etwas entfernen. Das erste kunte nicht bewerckstelliget werden / biß ihme der Lord eine gute Summe Geldes zahlen liesse / daß er sich erstlich von seinen Schulden befreyen / und denn eine bessere Eqvippage anschaffen könte. Alsdenn wurde er überall / wo der Graff sich aufhielte / in einen Winckel des Palasts verstecket / damit er weder seinen Herrn incommodiren / noch auch andern Fremden einen Eckel erwecken möchte. Dieser vortreffliche Mann hatte in seiner Jugend wunderbare fata. Sein Armuth zwang ihn Anfangs sein Glück im Kriege zu versuchen / als ihm aber das Soldaten Leben nicht mehr anstunde / gieng er durch / wurde aber zu seinem grösten Unglücke ertappet / und in dem gehaltenen Stand Rechte sprach man ihm das Leben ab. Alleine das Glücke favorisirte ihm dergestalt / daß er sich loß spielte / und sein Leben durch die Würffel gewann. Dieser Begebenheit ward er unverhofft auf einem Gast Gebote zu Cambridge erinnert / worüber er sich dergestalt alterirte / daß er sich / als er nach Hause gekommen / mit seinem Schlaff Rock-Gürtel erhencket. vid. Neue Bibliothec. P. 33. p. 249. Observ. Miscell. T II. P. 22. p. 847. Lilienthal Select. histor. & liter. Observ III. §. 5 p. 58. Ingleichen meldet Aug. Thonerus Epist. Med. [85] Phil. Lib. 6. Epist. 15. von einem gewissen Churfürstl. Leib Medico, welcher dem Tobackschmauchen dermassen ergeben gewesen / daß er von der Churfürstin / so den Geruch des Tobacks nicht vertragen können / gebeten worden / er möchte doch künfftig sich in Toback-Rauchen mäßigen. Worauf er aber zur Antwort gegeben: Er wolle lieber seine Charge und tausend Thaler jährl. Salarii missen / als den Gebrauch des Tobacks unterlassen.

Daß aber angeführte rationes noch lange nicht sufficient seyn / denen Herrn Studiosis den Gebrauch des Tobacks zu verwehren / wird ein jeder leicht erkennen. Denn vors erste haben wir kurtz vorher verstanden / daß es nicht allerdings vernünfftig genug gethan / wenn manche vornehme Patroni einen gelehrten und sonst untadelichen / auch zu einem öffentlichen Amte tüchtigen Menschen nur darum von der Beförderungexcludiren wolten / weil er Toback rauche. Hiernechst ist auch der Geruch des Tobacks nicht allen zuwider; denn es werden viele / auch so gar unter den Patronis gefunden / welche überhaupt den Geruch desselben als eine kräfftige Hertzstärckung annehmen. In welcher Meynung sie absonderlich von obangeführten D. Bondeckœ gestärcket werden / wenn dieser in seinemTractat von menschlichen Leben [86] Part 3. § 43. vorgiebt / es rieche der Toback als Bisam und Ambra / und hätte unter allen Sachen / die einen Geruch von sich gäben / den Vorzug. Uberdiß kan man dem Geruch aus dem Munde gar leicht abhelffen / wenn man nach dem Gebrauch des Tobacks entweder den Mund mit Wasser rein ausspielet / oder mit einem reinen Tuche die Zähne wohl abreibet. Nicht weniger weiß man auch den Rauch gar wohl zu corrigiren mit allerhand wohlriechenden aromatibus: Als zum Exempel / hat der Mensch der ihn rauchen will viel Schleim bey sich / kan er den Toback mit Ligno Aloes und Sarsaparilla vermischen. Ist einer mit Gall beschweret / der thue rothen Santel darzu. Welche aber mit vielen Catarhen und schädlichen Flüssen beladen sind / können Till / Fenchel-Saamen / Frontzosen-oder Heilig Holtz / Lignum Aloes, Anieß-Oel drunter mischen. Vor den schwachen Magen kan Muscaten Blüth / Zimmt / Gewürtz Nelcken unter denselben vermenget werden / oder man kan Chaqverille oben auf die Pfeiffe thun / daß beym Anstecken der Geruch angenehm sey. Wiewohl Thebesius in der Nachricht von Toback Cap. 5. p. 55. und Bernstein in der Tobacks Wunder Kunst Cap. 8. den Rath geben /man solle in diesen letztern behutsam gehen / [87] daß nicht etwa diese vermeynte Verbesserung eine schlimmere Wirckung nach sich ziehe / weil man observiret / daß von dem Rauch dieser aromatischen Sachen nebst dem Toback sensibles Personen viel eher schweimlich und truncken worden / als von dem puren Toback nicht geschehen. Was sonst den Verdacht eines liederlichen Lebens anlanget / ist solcher ein nichtiges und wider die Vernunfft streitendes Einwenden; Denn wer siehet nicht / daß dieses ein recht verkehrter und absurder Schluß sey / wenn man saget: Alle Holuncken und liederlich Gesindel rauchen Toback / ergo sind diejenigen, welche sich des Tobacks als einer Gabe GOttes in gehöriger masse zu ihren Nutzen bedienen / auch unter solche Pursche zu rechnen. Halten sichs Könige und Fürsten vor keine Schande / Toback zu rauchen / so wird es denen Herren Studenten viel weniger unanständig seyn.

Ist demnach aus bißhero angeführten und andernargumentis gnugsam zu ersehen / daß der Toback niemanden könne verbothen / oder dessen Gebrauch von vernünfftigen übel ausgeleget werden / sondern daß derselbe einem jeden ohne Unterscheid erlaubet und vergönnet sey / indem es eine gantze indifferente Sache / welche an und vor sich selbst nicht den aller geringsten Tadel hat / noch etwas verwerffliches in sich fasset. [88] Mag also ein alter verschimmelter Grillenfänger / welcher biß dato die præjudicia antiqvitatis nach seiner wunderlichen caprice noch vor unfehlbare Oracula hält / dawider einwenden was er will. Wir wollen denselben zum Uberfluß noch mit folgender wohlgesetzter Oration, in welcher der Gebrauch des Tobacks gnugsam defendiret wird / abfertigen:


P.P.


»Es ist bey gegenwärtiger Zeit / die in ihrer Vergnügung nicht weniger als in andern Dingen des veränderns sich bedienet / so weit gekommen / daß man in allen Städten / in allen Dörffern / in allen Häusern / ja in allen Stuben u. Hütten die Tobacks Pfeiffen glimmen siehet. Weil nun nichts destoweniger auch diese Gewohnheit von vielen gelästert / und zu deren Unterdrückung allerley ausgesonnen wird / so will ich mich bemühen / durch unbetrügliche Gründe darzuthun /wie wenig sich ein Mensch an dem Himmel / an der Welt / und sich selbst versündige / der diesem Zeitvertreib im höchsten Grad ergeben ist. Denn gleich wie die Natur nichts umsonst hervorgebracht / sondern alles zu der Menschen Nutzen verordnet / und absonderlich die Feld-Gewächse zu Erhaltung seines Lebens ausersehen hat; so kan man auch leichte schlissen / daß die Blätter / [89] von welchen meine Rede handelt / gewisser massen zu dem täglichen Brodte gehören / und ein Kraut bedeuten / welches wir mit Vergnügen rauchen und verbrennen sollen / wenn andere Kräuter auf dem Felde im Schweiß des Angesichts von uns genossen werden. Niemand mache mir den Einwurff / daß die erste Welt viel besser als wir gelebet / und gleich wohl von dieser wunderlichen Speise nichts gewust habe: Denn ich werde sonst zur Antwort geben müssen / daß uns hingegen viel was unsere Vorfahren genossen / entzogen / an dessen statt dieses herrliche Gewürtze als das Manna der gegenwärtigen Zeit gegeben werde. Das Manna / sage ich / welches viel Gemüther in der seinet wegen angestellten Gesellschafft zu der grösten Vertraulichkeit bringet / ein Gegen Gifft wider alle lange und verdrüßliche Zeit bedeutet / und noch der einige Auffsatz ist / mit welchen wir nach Art der alten Deutschen ohne alle Pracht gute Freunde bedienen können. Da auch sonst die Geringern den Höhern alles nachzuthun / und aus ihren Beyspiele eine Lebens Regel zu machen pflegen / so darff man sich nicht wundern /warum auch nunmehro Leute von der allerniedrigstenCondition in diesem Stücke verrichten / was ehemahls nur ein Werck der allervornehmsten / [90] und nechst diesen solcher Leute war / die sich in entlegenen Ländern etwas sonderbares zu ihrer Ergötzlichkeit ausersehen hatten. Der Ziebeth und Bisam sind schon längst nebst andern wohlriechenden Sachen in die Cabineter des wollüstigen Frauenzimmers verwiesen. Ein Mann hingegen / er sey so hoch und vornehm er wolle / meynt den besten Geruch bey sich zu tragen / wenn seine Kleider mit dem Toback einbalsamiret sind. Ich weiß zwar wohl / was der gantzen Stuartis chen Familie daran mißfallen / und wie Jacobus I. dieses wunderthätige Kraut nicht nur allen seinen Bedienten auf das allerschärffste verbothen / sondern auch in einer langen Rede öffentlich herunter gemacht habe. Allein wie schädlich diese Meynung / und das davon genommene Vorurtheil ihm und seinen Nachkommen gewesen sey / hat man sonderlich an dem Exempel Caroli II. gesehen / welcher auf den Schiffe / welches ihn verstohlner weise aus Engeland führen solte / bey dem Rauche der Schiffknechte eine rechte Todes Noth erdulden / und durch den herabfallenden Angst-Schweiß bey nahe selbst mit stillschweigen sagen müssen / daß er ein Printz von dem Königlichen Hause sey / welches vor dieser Panacee Lebens lang einen grossen Abscheu bezeuget habe. [91] Dieses Exempel hat auch vielleicht zu wege gebracht / daß man in nachfolgenden Zeiten bey allen neu auferbaueten Palästen die Camine vor den nöthigsten Zierrath derselben gehalten / und die Mode / so Holland zu erst vor sich allein haben wolte / nunmehr in der gantzen Welt gemein gemacht hat. Wurde der Römische Burgermeister Curius einst dadurch berühmt / daß er sich in dem grösten Flor seiner Stadt / und bey seinen ansehnlichsten Ehren-Aemtern gleichwohl über einer Mahlzeit ertappen ließ / die aus gebratenen Rüben in einer thönernen Schüssel bestunde; warum solten denn die Potentaten der ietzigen Zeit nicht gleiches Lob verdienen / wenn sie ihr Vergnügen in verbrandten Blätten suchen / welche zwar nicht aus thönernen Schüsseln / aber doch aus thönernen Pfeiffen am allerbesten können genossen werden. Bey diesen Pfeiffen giebet es die beste Gelegenheit vielerley gute Gedancken zu hegen / und absonderlich ein Ebenbild des Menschlichen Lebens und der gantzen Eitelkeit sich daraus vorzustellen; Denn diese verschwindet nach und nach wie der Rauch / welcher durch eine Gesellschafft verursachet wird / und sie erfordert anderer Leute Beystand in allen Sachen / gleichwie zu der Vergnügung / so in Rauchen bestehet / gar [92] schwer dürffte zu gelangen seyn / wenn sich nicht Leute finden wolten / von welchen das angenehme Kraut auf dem Felde gebauet / nach diesem aber zubereitet würde / und noch andere welche die darzu gehörigenInstrumenta nebst einem vor Wind und Regen verwahrten Ort verschaffen könnten / und so wohl diesesplaisir ohne grosse Pracht und Weitläuftigkeit erlanget wird / so wohl könten wir auch in andern Dingen am glücklichsten verfahren / wenn ein jeglicher allen Uberfluß vermeiden / und mit dem jenigen / was ihm die Natur in seinem eigenen Lande vorsetzt / zufrieden seyn wolte. Cleopatra hat durch ihr unschätzbares Gast-Gebot zwar das Andencken bey denen Nachkommen erhalten / daß man sie unter dem verschwenderischen Frauenzimmer allemahl zu erst nennet; Allein sie würde ihren Ruhm weit höher gebracht haben / wenn sie die Kosten eines einigen Gerichts zu vielen Mahlzeiten versparet / und sich nicht selbst die Gelegenheit zu einer ordentlichen Freygebigkeit benommen hätte / da sie unordentlicher Weise gar zu freygebig gewesen war. Denn worzu dienet es / daß ich meinen Gästen nicht allein den Magen sondern auch die Augen fülle / und mit der darauf erfolgten Ungesundheit sie vornehmlich erinnere / wie viel Gesundheiten bey mir sind getruncken [93] worden. Wohl dem / der vor allem solchen Uberfluß einen Abscheu bezeuget / und sich vielmehr an den Toback / als eine herrliche Panacée, gewehnet / von deren Trefflichkeit die Artzney-Verständige vielmehr schreiben könten / wo sie nicht befürchten müsten / daß ihre andere Büchsen und Gläser alle verderben würden / wofern die Leute von diesem eintzigen Hülffs-Mittel gnugsame Nachricht erhielten. So viel ist gewiß / daß ein Gelehrter zu mancher herrlichen Erfindung gelanget / wenn er mit einer Hand die Feder / mit der andern die glimmende Pfeiffe hält / ein Hauß Vater bey dieser Erqvickung viel ersparet / der Soldat aber ohne weitläufftige Feld-Apothecken aller Gefahr getrost entgegen gehet /wenn er durch den Degen und die Musqvete den Anfall des Feindes / mit dem Rauche aber die invasion der ungesunden Lufft abzuwenden weiß. Der üble Geruch / welchen man dadurch in die Kleider bekömmt /und der herbe Geschmack sind Einwürffe / so theils vor wollüstige Leute gehören / theils auch nicht so wohl in der That selbst / als in unserer Einbildung ihren Grund haben. Ich kenne viel Leute / welche von den wohlriechenden Blumen kranck worden sind /niemand aber ist mir bekannt / der von dem höchsten Gute / so [94] ich heraus streiche / den Schwindel bekommen hätte / und endlich / wenn Käyser Vespasianus den Geruch von einer weit schlimmern Sache vertragen kunte / weil ihm dieselbe zuträglich und vortheilhafftig war / so wird man mit besserm Rechte an alle Zimmer / die dem allernützlichsten Rauche gewidmet sind / schreiben«:


Lucri ex re qualibet bonus odor

vid. der Welt Urtheile V. Pensée, p. 423. sqq.

Cap. V. Von dem sonderbaren Werth - in welchem der Toback von den meisten Nationen der Welt gehalten wird

Cap. V.

Von dem sonderbaren Werth / in welchem der Toback von den meisten Nationen der Welt gehalten wird.

Ein gewisser ingenieuser Kopff erzehlet denenjenigen / welche zu wissen verlangen / woher es doch komme / daß der Toback in der gantzen Welt sey bekannt worden? folgende Geschichte; er spricht: Es hätte einst der Jupiter alle Götter und Göttinnen im Himmel auf ein Panqvet eingeladen / da wären die allerkostbarsten delicatessen zu sehen gewesen; Als man nach der Tafel sich mit einem Tantze ergötzet / habeVulcanus, weil er als ein Hinckender zum Tantze nicht capable, [95] sich des Auslachens befürchtet / Feuer angeschlagen / eine Pfeiffe mit Toback hervor gezogen / und denselben getruncken / davon denn im Himmel ein sehr dicker Rauch und greulicher Gestanck worden. Als Jupiter diß gesehen und gerochen / habe er gefraget: Wer denn sich unterstehe / ihre Lust mit einer solchen Sauerey zu zerstören? sey ihm der Vulcanus gewiesen worden / wie er die Pfeiffe noch in dem Mund gehabt; dahero sey der Jupiter erzürnet worden / und habe mit einem Donner-Keil dem Vulcano die Pfeiffe aus dem Munde geschlagen / daß die Stücken samt dem Toback in die gantze Welt geflogen / da sey denn ein starcker Platz-Regen gekommen / welcher den Toback befeuchtet / die Erde fruchtbar gemacht / und habe sich solcher gestalt der Toback in der gantzen Welt besaamet / vid. Misand. Theatr. Tragic. p. 278.

Diese Affaire hat ein anderer aus dem Holländischen in folgende teutsche Verse übersetzet:


Der grosse Jupiter ward einsmahls angebunden

Von dreyen Göttinnen, die sehr wohl bey ihm stunden,

Die Ceres schickte ihm drey Faß von gutem Bier,

Das sie gebrauet hatt' auf himmlische Manier.

Diana gab darzu ein Schwein und vierzehn Hasen,

Es muste Pan vorher mit einem Horne blasen;

Die Venus trug hernach von ihrem Haar ein Band,

Das fügte sie verliebt ihm selbst an seine Hand.

Es konte Jupiter den Possen leicht verstehen,

Daß es auf einen Schmauß doch nur wär angesehen,

[96]

Er macht' ein groß Panqvet, lud alle Götter ein,

Sie stellten sich auch dar und wolten lustig seyn.

Als man nun Tafel hielt, und hatte praff gegessen,

Da ward der Salus drauff mit Humpen ausgemessen,

Des starcken Maltzes Krafft nahm ihre Häupter ein,

Sie jauchtzten allesamt, und die Music gieng drein.

Vulcanus, als ein GOtt des Rauches und der Funcken,

War lustig, bloß vor sich, dieweil die andern truncken.

Das Bier, sprach er, schmeckt nicht, und griff in seinen Sack,

Bracht eine Pfeiffe vor, und stinckenden Toback.

Die Götter sahen zu, mit einer Feuer-Kohlen

Kont er aus dem Toback heraus gar häuffig holen

Den Rauch, der sich ergoß biß an des Himmels-Rand,

Cupido dacht, es wär der Himmel angebrannt.

Die Sterne löschten aus, die Wolcken wurden dicke,

Der Mond verhüllte sich, und zog den Schein zurücke,

Der Götter klar Gesicht, und schön als Goldgelb Haar

Von diesem Rauche war benebelt gantz und gar.

Die schönsten sahen aus wie die gemahlten Götzen

Der Russen, die sie sonst in ihre Stuben setzen.

So voller Rauch und Dampff, so heßlich und so geel

Ward ihre Stirn, die sonst so weiß, als Wäitzen-Meel.

Der kühne Hercules sprach: was soll dieser Possen?

Neptunus gieng hinaus, den Musen es verdrossen,

Die keuschen Gratien verhüllten ihr Gesicht,

Als die an Stirn und Mund kein Trübes leiden nicht.

Bey vielen fieng sich an ein ungewohntes Niesen,

Als alte Weiber viel' mit Husten sich erwiesen,

Der Venus, die ihr sonst unsaubers nichts bewust,

Fiel auch der dicke Dampff auf ihre zarte Brust.

Darüber sie erbost, als er noch war im Blasen

Und hielte vor den Stanck ein ieder zu die Nasen,

Sprach: Pfui, wer macht den Dampff, bist du es nicht Vulcan?

Ja ja das dacht ich wohl, ey, pfuy du grober Mann.

Du raucherisches Schwein, was liegst du hier u. stinckest,

Ist es, du lahmer Hund, nicht gnug, daß du so hinckest?

[97]

Und daß dein gelber Leib, der gar vom Schweisse klebt,

An meiner weissen Brust nach seinen Willen lebt,

Daß auch darzu noch soll dein schwartzes Rauch-Loch küssen

Auf meinen rothen Mund und Lippen, die doch fliessen

Von Zucker, Honigseim, auf welchen wächst der Thau,

Der manches Hertz erqvickt, geh hin du grobe Sau,

Und lerne wie du solst beym Frauenzimmer sitzen,

Pflegt man mit Ambra nicht die Kleider zu bespritzen,

Des Bisams-Küchlein spricht: was wohlriecht, kömmt von mir,

Und haucht sie heimlich an, was habe ich von dir?

Wer ist doch von der Schaar der Götter und Göttinnen,

Der loben kan dein gar Ciclopisches Beginnen?

Du machst, daß Jupiter, weil vom Rauch alles voll,

Nicht siehet, wohin er die Strahlen schicken soll.

Der kleine Cupido wird dadurch mehr geblendet,

Daß er nicht weiß, wohin er seine Pfeile sendet,

Drum sieht ein Weib offt an vor ihren Mann den Knecht,

Und eine feige Magd bekömmt das Frauen-Recht.

Die Juno ist zu stoltz im Rauche sich zu rehmen,

Minerva viel zu klug den Stanck in sich zu nehmen,

Saturnus külstert sehr, des Phoebi Angesicht

Erblasset, und daher verliert die Welt ihr Licht.

Vom Rauch erstirbet gantz der Ceres bestes Korn,

Der schönen Blumen Pracht spricht Flora, muß verdorrn.

Vom Rauche läuffet an des Martis blancker Helm

Und aller Waffen Schmuck, das machst du, grober Schelm;

Sieh hin, wie Bacho dort die rothen Augen rinnen,

Mich wundert, wie sie doch dich Stäncker leiden können.

Wie lang ist es, daß du das Schmauchen hast gekunt?

Unlängst, sprach er, und nahm die Pfeiffe in den Mund.

Er schmauchte mehr als vor, die Götter Pfui, Pfui, rieffen

Die Thränen mildiglich aus Venus Augen lieffen;

Ach lieber Mann, sprach sie, wie kommst du zu dem Kraut?

Vulcanus sprach: hör, hör, es soll dir seyn vertraut:

[98]

Als gestern Abend ich aus meiner Werckstadt gienge,

Kam ein jung Teufelgen, von dem ich es empfienge,

Der sagt: es schicket mich der Höll-Gott Pluto her,

Aus seiner Schwefelburg, dabey ist sein Begehr,

Daß er auf die Manier mit dir will heute trincken,

Weil du aus Unbedacht mein zartes Weib heist stincken

Weil ich auch bin wie er ein Rauch- und Feuer-Gott,

Wie kan es mir denn seyn so gar ein grosser Spott?

Ihr wisset wohl, daß ich mich habe nie gewöhnet

An nasse Ding, und nicht nach Bier und Wein gesehnet,

Des edlen Feuers Rauch liebt nur allein mein Mund,

Ist es Plutoni recht, ist es mir auch vergunt.

Ich bin so wohl als er ein GOtt, der über Flammen

Bestellt sein Regiment, das wißt ihr all zusammen.

Drauff bließ er abermahl die dicken Wolcken aus.

Bald eine Finsterniß nahm ein des Himmels-Hauß

Die Götter waren böß, begunten aufzustehen,

Sie wolten allesamt nach Hause wieder gehen,

Oho, sprach Jupiter, Vulcan ich sage dir,

Mach einen Unterscheid auch zwischen Höll und hier.

So dir gelüsten wird noch mehr Toback zu trincken

So geh in Plutos Hauß, da höher gilt dein stincken,

Hier bey der Götter-Schaar ich es nicht leiden mag,

Zum Himmel wirff hinab die Pfeiffen samt Toback;

Sonst wird es dir mein Blitz von deiner Nasen treiben.

Vulcanus hörte auf, und ließ das Stänckern bleiben,

Gedenckend, soll mir so der Trunck geseegnet seyn,

So steck ich also bald die Pfeiffe wieder ein.

Drauff nahm Mercurius mit zornigen Geberden

Den Plunder, und warff ihn hinunter auf die Erden,

Er fiel ins Mohrenland, da wurde er geehrt,

Als wie ein grosser Schatz vom Jupiter verehrt.

Allda gieng erst recht an das viel beliebte Schmauchen,

Die Nasen sahe man wie Feuer-Meuern rauchen;

Sie pflantzten dieses Kraut, zu sehen, ob es sich

Vermehren würd, es wuchs, wie Unkraut mildiglich.

Drum wolten es auch nicht die Morianen sparen,

Vom Rauch und Stancke sie wie junge Teufel waren.

[99]

Der Spanier sah an der Indianer Rauch,

Bald seine Nas' und Mund entzündeten sich auch.

Es funden sich dabey manierliche Franzosen,

Die sprachen: Regardes, was sind uns das vor chosen!

Sie truncken auch davon, ob es schon stanck als Dr.

Die Damen wandten sich, als Götter Volck hinweg.

Bey denen blieb es nicht, der freye Niederländer

Sprach: Wel, wel, ick mut ock so schmocken aß en ander,

Der zarte Cortremann in Schott- und Engelland

Hat ietzt in dieser Kunst den Ruhm, die Oberhand.

Das teutsche Africa, das sehr viel Affen heget,

Thut es den Völckern nach, ein ieder fast sich träget

Mit Pfeiffen und Toback, und stänckern wohl so sehr,

Als wenns der Feuer-GOtt Vulcanus selber wär.

Je nun so schmauchet doch, und stänckert allzusammen

So lang, als ihr nur wolt, und haltets mit den Flammen,

Ich halte es mit Bier, und mit dem kühlen Wein,

Und lasse den Toback euch zum Geträncke seyn.


vid. Anon. Tobacks-Ergötzl. p. 57.


Es wird aber ein jeder gar leicht erkennen / daß dieses ein blosser lustus ingenii sey / und daß man die Ursache des allzugemeinen Tobackschmauchens nicht so wohl bey dem Jove und Vulcano, als vielmehr bey denenjenigen zu suchen habe / welche den Toback vor die kräfftigste Panacée halten / und welche sich einbilden / man könne ihn als eine wahrhaffte universal medicin wider alles brauchen. Dem sey aber wie ihm wolle / einmahl vor allemahl ist gewiß / daß fast alle Theile der Welt mit einer ungemeinen Tobacks-Begierde angefüllet sind / daß auch einige / welche den Toback selbst nicht [100] haben / entweder an dessen statt andere Kräuter brauchen und verrauchen / oder auch denselben von manchem um ein grosses Geld erhandeln. America hat uns diese Pflantze zugeschicket /und dermassen unserm Europäischen Appetit eingepflantzet / daß andere Pflantzen anderer Orten nicht Raums gnug dafür behalten. Unsere Gemeinschafft hat sie ferner in theils Asiatische Länder verpflantzet; Wiewohl sie in Asien an den wenigsten Oertern gedultet wird: Africa bezahlet diesen Rauch unsern Schiffern gemeiniglich um ein grosses Geld / fürnehmlich die grossen Raub-Nester Algier, Tunis undTripolis, wie ingleichen die Königlichen mächtigen Städte zu Fetz und Marocco. Gestaltsam unsere Europäische Schiffer den Mahometanern selbiger Orten den Toback gegen Silber fast mit gleichem Gewichte auswägen. Dahero keine Beute / so die See Räuber hinbringen / so angenehm und werth ist / als der Toback / welchen sie denen Christen entführet haben. vid. Francisci Schau-Bühne / P. III. p. 571.

Verlangen wir aber hiervon genauere Nachricht / so werden wir von denenjenigen / welche auf ihren Reisen die Sitten und Gebräuche ausländischer Völckeraccurat untersuchet haben / mit Verwunderung vernehmen / [101] wie der Toback von denen meisten Nationen der Welt in sehr hohen Werth gehalten / und mit der grösten Begierde gerauchet und gebrauchet werde. Und weil der Toback seinen Ursprung in America hat / auch der meiste in diesem zuletzt entdeckten Theil der Welt gepflantzet wird / als wollen wir die natürlichen Einwohner desselben zuerst vornehmen.

Ein gewisser Frantzösischer Missionarius, Ludovicus Hennepin genannt / hat vor einigen Jahren viele sehr grosse Landschafften in America zwischen Neu-Mexico und dem Eiß-Meer gelegen / welche vorhero denen Europäern noch unbekannt gewesen / entdecket. Dieser versichert in seinem Itinerario P. I.cap. 52. p. 263. daß die Wilden selbiger Gegend den Toback höher / als die Europäer das Gold / halten. Erreferiret / daß ihnen einsmahls 2. Kahne mit Kauffmanns-Waaren / so ihme / dem Hennepin, zuständig gewesen / in die Hände gerathen / da habe es nicht viel gefehlet / daß sie sich nicht über den Martinischen Toback / dessen ungefehr 50. Pfund in denen Kahnen übrig gewesen / unter einander selbst getödtet hätten. Und ob man zwar wohl guten Toback unter ihnen anträffe / so habe ihnen doch dieser weit besser gefallen / weil er so wohl gesponnen und in Rollen gedrähet gewesen. Der Herr [102] Baron de la Hontan, von dessen Reise nach dem Norder Theile Americæ man einige Passagen in Feinds Relation Curios. verteutschet findet / bekräfftiget eben dieses von diesen Völckern / und setzet hinzu / daß sie den Toback selbst pflantzten / und dessen ziemlich viel bekämen / wäre aber nicht so gut als der Europäische / ob schon die Körner zuerst aus America kämen. Daher kaufften sich die Wilden Brasilischen / und vermischten selbigen mit gewissen Blättern / Sagokomi genannt / welche eines angenehmen Geruchs wären. vid. Feinds Relat. Cur. Tom. III. No. 51. p. 406.

Die Wilden / so oben an dem Fluß St. Laurent undMeschasipi wohnen / opffern so gar ihren Götzen Toback / und suchen sie dadurch zu besänfftigen. Wenn sie etwa über einen Wasser-Fall nicht wohl fortkommen können / oder sonst einige Gefahr auszustehen haben / werffen sie in denselben unter andern auch Toback / als ein Opffer / hinein / um dadurch die Gewogenheit des allda herrschenden Geistes zu erhalten. Sie glauben nach diesem ein ander Leben / in welchem man allerhand Ergötzlichkeiten geniessen / und nebst andern nothwendigen Sachen auch Toback finden würde. Und damit die Verstorbenen auf ihrer Reise nach denen Elysischen Feldern nicht Mangel an Toback [103] leiden möchten / legen sie in die Gräber derselben Feuerschlag / Pfeiffen und Toback bey. Es wird niemand / auch unter denen ansehnlichsten Wilden / zu finden seyn / welcher nicht auf seinem Rücken einen kleinen Sack / von Fellen gemacht / mit der grösten gravität trage / darinnen er seine Pfeiffe / Toback und Feuerschlag verwahre. Ja sie pflegen auch niemahls eine Versammlung zu halten / darinnen sie nicht ihre Pfeiffe in dem Munde haben / und weil sie hierzu Feuer nöthig / als pflegen sie selbiges fast in allen ihren Raths-Versammlungen anzuzünden. Hennepins Entdeckung unbekannt. Länder in America / P. I. p. 218. & P. II. p. 92. 105. 141 180. 227.

Die Jrocker und andere Nationes in Nord-America bedienen sich des Tobacks und einer besondern Pfeiffe zu ihren Friedens-Instrument, wenn sie entweder die Fremden freundlich empfangen / oder mit denenselben einen Friedens-Tractat aufrichten wollen. Sie füllen nehmlich eine grosse Tobacks-Pfeiffe / so sieCalumet nennen / mit Toback / zünden sie an / der Vornehmste thut einen Zug / giebts hernach denen Fremden / und wenn diese mittrincken / so ists Friede / wo nicht / Krieg. Ists Friede / so gehet die Pfeiffe in der gantzen Gesellschafft herum. Oldmixons Groß-Britt. [104] Americ. p. 373. Es ist aber das Calumet eine grosse Pfeiffe aus einem gewissen Stein oder Marmor / roth / schwartz oder weiß gemacht / das Rohr daran ist 4. oder 5. Schuh lang / ungefehr 8. Daumen dick /der Mund aber / wo man den Toback einfüllet hat in der Weite 3. Zoll. Die Figur siehet fast wie ein Streit-Hammer. Die rothen sind am meisten im Brauch undÆstim. Die Wilden bedienen sich deren in ihren Verrichtungen und politischen Affairen / absonderlich aber auf Reisen / denn sie sind allenthalben sicher /wenn sie das Calumet in Händen tragen. Es ist mit gelben / weiß- und grünen Federn gezieret / und hat bey ihnen eben so viel effect, als bey uns ein Affections-Band. Denn die Jrocker meynen / sie begiengen das gröste Ubel / und zögen sich schwer Unglück über den Halß / wenn sie dieser venerablen Pfeiffe zu nahe thäten. de la Hontan America Septentr. inFeinds Relat. Curios. T. III. No. 8. p. 62. Hennepin in der Entdeckung unbekannter Länder in Ameri ca beschreibet das Calumet P. I. cap. 24. p. 111. also: Das Calumet ist eine Art grosser Tobacks-Pfeiffen / welche von rothen / schwartzen oder weissen Marmor gemacht sind / und ziemlich unsern Streit-Hämmern gleichen; Der Kopff daran ist sehr glatt /und der Stiel / [105] der dritthalb Fuß lang / ist ein starckes Rohr / das mit Federn von allerhand Farben geschmückt / und mit unterschiedlichen Haar-Bändern der Weiber / auf mancherley Weise geflochten / gezieret ist. Man bindet daran 2. Flügel / und dieses gleichet ziemlich dem Stab Mercurii, oder dem Stock /welchen ehemahls die Gesandten des Friedens in ihren Händen trugen. Dieses Rohr wird entweder gestecket in die Hälse des Huars / welches schwartz und weiß gesprenckelte Vögel sind / und an Grösse unsern Gänsen gleichen / oder auch in den Halß der wilden Endten die ihr Nest in den Spitzen der Bäume machen / ohngeachtet sonst das Wasser ihr gewöhnliches Element ist. Diese Endten sind geschmücket mit 3. oder 4. unterschiedlichen Farben. Im übrigen pfleget eine iegliche Nation das Calumet nach ihrem Gebrauch und sonderlicher Neigung zu zieren.

Wenn die Nadouessans und Issati in America Toback rauchen / so kehren sie ihr Angesicht gegen die Sonne / die sie in ihrer Sprache Louis nennen / um dadurch ihren respect gegen dieselbe an den Tag zu legen / und præsentiren also ihre Pfeiffe oder Calumet, so bald sie angezündet / diesem grossen Gestirne mit diesen Worten: Tschentiouba Louis, das ist / rauche / [106] Sonne. So gleich beym Aufgang der Sonnen brummen sie gemeiniglich einige Worte / und opffern ihr den ersten Rauch ihrer Pfeiffe / den übrigen Rauch blasen sie gegen die vier Theile der Welt. Hennepin. P. I. cap. 41. p. 225. 226. Diesem kommen hierinne ziemlich gleich die Boyetz oder heydnischen Priester auf der Insul St. Christophori; Denn diese stehen in denen Gedancken / als ob der Tobacks-Rauch ihren Göttern ein höchst angenehmer Geruch sey. Daher verehret ein ieder Boyetz daselbst seinen besondern Gott mit Singung gewisser Worte und Anblasung des Tobacks-Rauchs. Oldmixons Groß-Brittann. America, p. 717.

Dergleichen Ehrerbietigkeit erweisen auch die Wilden in Canada ihrem Geist dem Kitchi Manitou; denn wenn sie demselben ihr Opffer bringen / bieten sie ihm auch unter andern närrischen Ceremonien je und je an der Sonnen angesteckte Tobacks-Pfeiffen hin. Ihren Verstorbenen legen sie in den Sarg ebenfalls Pfeiffen und Toback bey; Nach deren Tode machen die Sclaven eine eigene Hütte aus / als die nunmehro frey sind / und keinen Herrn mehr haben. Dahero gehn auch gedachte Sclaven alle Tage fleißig um ihres verstorbenen Herrn Sarg herum / und rauchen ihm zur Danckbarkeit wegen [107] ihrer Freyheit ein paar Pfeiffen Toback aus. de la Hontan in Feinds Relat. Cur. T. III. No. 50. p. 394. & No. 51. p. 405. Sonst haben auch die Canader von GOtt diese lächerliche Meynung: Er hätte einsmahls viel Toback geschmaucht / und damahls die Pfeiffe ihrem Obersten gereichet / mit Befehl / daß er dieselbe ja fein sorgfältig bewahren solte / so würde ihm nichts mangeln; Weil aber dieser die Pfeiffe verlohren / sey er daher in Mangel und Elend gerathen. Happel. Relat. Cur. T. IV. p. 716.

Weil die Virginier ihren meisten Nutzen aus dem Toback ziehen / als hat man sich um so viel weniger zu verwundern / wenn sie denselben hochhalten. Denn so lange sie Toback haben / fehlet es ihnen an nichts /sintemahl er bey ihnen eben so angenehm als baares Geld. Es bestehet auch so gar derer Herren Geistlichen in Virginien ihr Salarium in Toback und zwar ist die Pfarr-Besoldung daselbst jährlich auf 16000. Pfund Toback für jeden angesetzt / nebst denen Accidentien / als 10. Rth. von einer Leichen-Predigt / 5. Rth. aber für eine Trauung. Aus 12. erbarn Männern /welche die Kirchen-Sachen besorgen / werden ihrer 2. zu Kirchen-Aufsehern erwehlet / welche absonderlich darauf zu sehen haben / daß der Toback vor das Kirchspiel und den Pfarrern richtig gesammlet werde.[108] Oldmixons Groß-Brittann. Amer. p. 384. Auf der Provintz Maryland gilt der Toback ebenfalls in Handel und Wandel so viel als Silber und Gold / und kan man sich davor mit aller Nothdurfft versehen / daher auch wenig Geld bey denen Innwohnern daselbst anzutreffen ist. Oldmixon l.c.p. 259.

Die Eingebohrnen Innwohner oder Wilden in derAmericanischen Provintz Pensylvanien trincken überaus gerne Toback und bedienen sich dessen so wohl die Manns als Weibs-Personen. Pastorii Beschrib.Pensylvaniæ p. 30. Dahero haben sie einen starcken Handel nach Virginien / Maryland, Neu-yorck von wannen sie Toback bekommen / und selbigen gegen andere bey ihnen sich befindende Waaren vertauschen. Gabr. Thomas Beschr. Pensylvani ens p. 20.

Nicht weniger lieben die Mohren auf der Gold-Küste Gvinea den Toback / und sind sie beyderley Geschlechts so wohl Manns als Weibs Personen demselben dermassen ergeben / daß sie die gerinste Schwürigkeit machen / den letzten Heller davor auszugeben / ja viel lieber Hunger zu leiden / als sich dessen zu enthalten; welches denn bißweilen eine solche Theurung im Toback verursachet / daß sie vor eine Klaffter Portugiesisch Guth / so noch kein [109] Pfund ausmachet / einen Gulden / Esterlin oder Thaler in Silber Geld vor dergleichen schlechte Waare bezahlen. Und ob wohl der Toback / welchen die Gvineer selbst pflantzen / sehr schlecht ist / angesehen er /wenn er gerauchet wird / einen unnatürlichen und entsetzlichen Gestanck verursachet / so lassen sich doch die Mohren hierdurch im geringsten nicht hindern. Jedoch gebrauchen diejenigen Mohren / so mit denen Weissen viel verkehren / lauter Portugiesisch oder Brasilianisch Guth / welches einen etwas erträglichern Geruch giebet. Bosmanns Reise nach Guinea p. 362. Sie nennen ihre Pfeiffen einen Kaschot, theils derselben sind so groß / daß eine Hand voll Toback hinein gehet / die Röhren aber sind eines Armes lang. vid. Hemmersams Guinei sche und West-Ind. Reise-Beschreib. cap. 10. p. 63.

Die natürlichen Einwohner des Capo de bona Esperanza, die Hottentots / halten den Toback so werth / daß sie alles in der Welt thun / nur etwas vom Toback zu erlangen. Sie verkauffen ihr Vieh denen Holländern vor Toback; der Preiß einer Kuh oder Schafes ist ein Stück gerollten Tobacks so lang / als man es von den Hörnern biß zum Schwantz zu messen braucht. Dampiers Reise um die Welt / P. I. p. 980.Leguats Reisen / P. II. p. 380. Meister beschreibet[110] diesen Handel in seinem Orientalischen Lust Gärtner / Cap. IV. p. 31. folgender massen: Die Ochsen-und Schaaf-Händler setzen sich in dem Castel auf die Erde in einem Ring herum / gleichwie man bey denen Teutschen des Schuhes spielet; alsdenn tritt ein Officier oder von denen Negoti en-Comptor en ein Unter-Buchhalter in die Mit ten des Creysses / und giebet einem nach Proportion / nachdem des Rind- oder Schaaf-Viehes viel oder wenig gewesen ein Stücke Toback. Damit gehen sie so freudig nach ihren Wohnungen hinab / und zwar mit einem solchen Jubel-Geschrey / als ob sie die allerreichste Beute von etlichen Tonnen-Goldes bekommen hätten. Ja die Begierde nach dem Toback ist so groß bey ihnen / daß auch so gar die Weiber / um ein klein Stücklein zu bekommen / wenn es etwa einer aus Curiosität verlangete / ihre pudenda weisen. Dapp. Beschr. Afric. p. 619. Leguats Reisen p. 379. Schweitzers Ost-Ind. Reise p. 13. Sie tragen die Därme von etlichen Thieren / welche sie mit allem / was darinnen ist / so frisch und stinckend zwey oder drey mahl in einander flechten / so wohl des Nachts / wenn sie schlaffen /als des Tages / um den Halß / und diese Därme müssen ihnen an statt des Sacks [111] dienen / darinnen sie ihren Toback und Pfeiffen aufbehalten. Happel. Relat. Curios. Tom. III. p. 95.

In Egypten hat man einige am Pfahl gespiessete Ubelthäter gesehen / welche biß an den dritten Tag gelebet / und inzwischen continuirlich biß auf den letzten Augenblick ihres Lebens Toback gerauchet haben. Happel. Relat. Curios. T. I. p.m. 558. Und denen Türcken / welche sich in Egypten an dem Nil-Strom aufhalten / ist Toback das beste und erste Confect; Sintemahl sie denen Frembden / und denen sie eine Ehre zu erweisen gedencken / so gleich Toback vortragen / auch die Mahlzeit mit Tobackrauchen beschliessen. Paul Lucas Reise nach der Levante P. I. c. 8. p. 42. wie denn auch die vornehmen Türcken überhaupt bey ihren Visiten die Gewohnheit in Acht zu nehmen pflegen / daß sie dem Gast so gleich eine Pfeiffe / samt etwas auf eine Kohl-Pfanne gestreuetenAloë-Holtzes (von welchen das Pfund tausend Thaler kostet) offeriren. Tavern. Türckis. Palast Cap. 8. p. 218. Hier wird nicht undienlich seyn / die Art und Weise / wie die Türcken insgemein ihre guten Freunde bey gegebenen Visiten zu tractiren pflegen / etwas ausführlich zu vernehmen. Solches wird uns der wohlgereißte Ritter Frantz Ferdinand von Troilo am allerbesten [112] lehren können / als welcher An. 1669. bey einem vornehmen Türcken zu Algier die Dienste eines armseligen Sclavens eine Zeitlang versehen müssen. Er saget aber in seiner Orientalis. Reisebeschr. p. 649. also: Wenn es geschahe / daß etliche gute Freunde dem Sangagen / meinem Herrn / die Visite gaben /da that ich / was mir als einem fleißigen Sclaven zukam. Sobald sie in das Hauß kamen / gab ich ihnen andere Babutschen oder Pantoffeln / die sie anlegten /ihre unsaubere indessen vor der Thür abzogen / und mit den reinen in das Gemach meines Herrn giengen /dessen Helffte mit 2. Stuffen erhaben / und mit schönen Teppichten auf den Boden rings herum bedecket war. Nachdem sie sich gelagert hatten / bracht ich einen grossen Kamm / den ich nach der Reihe darreichte / ihre Bärte auszukämmen. Darauf nahm ich ein Tuch / und gab es ihnen / welches sie über den Bund und Angesicht deckten / darunter ich den ausgekämmten Bart mit dem allerköstlichsten und wohlriechenden Rauch beräuchern muste. Als nun dieses auch geschehen / da brachte ich hervor die grösten Toback-Pfeiffen / die ich schon vorerst alle hatte angebrennet / und so viel Personen kommen waren / so viel Pfeiffen übergab ich ihnen / welches das liebe Willkommen / gleichwie bey uns Christen ein gutes[113] Gläßlein Wein bedeuten soll. So lange sie aber den Toback schmauchten / redet selten einer ein Wort /sondern sitzen gantz still / und in tieffen Gedancken. Indessen kochte ich Caffee oder schwartz Wasser /nahm kleine Schüsseln von Porcellan / goß sie voll /setzte sie auf eine grosse gedresselte Scheiben / die ich nach ihren Toback-trincken in das Gemach trug /und einem jeden dergleichen Tatze abzuheben gabe /etc.

Wie sehr die Türcken sonst dem Tobackrauchen ergeben / kan man einiger massen aus folgender Historie erkennen: Vor einigen Jahren hat zu Algier, der fürnehmsten barbarischen Raub Stadt / ein vornehmer Türck ein schönes neues Schiff Seegel bereiten lassen / wofür er / weil das Seegel-Tuch allda gar theuer / etliche hundert Reichsthaler aufwenden müssen. Hierauf haben etliche gefangene Christen-Sclaven (als deren gewöhnliche Nahrung bey solchem elenden Zustande gemeiniglich von fremden Guth kömmt /indem sie die See-Diebe nach Möglichkeit auf Zulassung wieder bedieben /) einen Anschlag gemacht und versucht / ob sie dem Seegel könten eine andere Herrschafft zuwege bringen. Einer von diesen Raben Gesellen gehet hin zu dem Meister / der daran arbeitete /und bittet um eine Feuer-Kohle / [114] damit er seine Pfeiffe Toback anzünden möge / weiset zugleich dem Meister ein ziemlich Stück Toback / und verspricht ihm etwas davon mitzutheilen. Solches nimmt der Seegelmacher zu grossen Danck an / und gehet hin Feuer zu holen; der listige Sclave wirfft geschwind einen Zipffel vom Seegel für die Thür hinaus / gehet folgends dem Meister auf dem Fusse nach / und hält denselben mit Tobackschmauchen so lange auf / biß er vermuthet / seine Rott-Gesellen würden mit der Beute allbereit davon seyn. Worauf er Urlaub genommen /und hinweggegangen / der Meister ist aber noch eine gute Weile sitzen blieben / hat Toback geschmauchet / und für übermachter Süßigkeit dieses an ihm selbst so bittern Krauts seinen Schaden so bald nicht gemercket. Unterdessen eilen die ehrlichen Seegelhinnehmer mit der Beute geschwind nach ihrem Abnehmer / dieser alsofort damit zu den rechten Eigenherrn desselben und bietet ihm sein eigenes nunmehro aber gestohlnes um hundert Reichsthaler feil; Derselbe meynt / er kauffe ietzo mit dem Glücke selbsten / zahlet derowegen die hundert so geschwinde aus / als ob ihm beydes das Tuch und das Geld geschencket wäre /gehet darauf hin in tausend Freuden / besagten Meister anzudeuten / was für ein herrliches Seegel er um halbes [115] Geld erkauffet hätte / ohne Nachdencken / daß gestohlne Waaren allezeit am wohlfeilsten. Je frölicher er aber dahin kömmt / je mehr ihn der traurige Blick des von der Sicherheit nunmehro aufgewachten Meisters bestürtzt machte / und zwar noch viel mehr /da er hören muste / man würde ihm vielleicht sein eigenes Seegel verkaufft haben / sintemahl ihme / dem Meister / allererst vor einer Stunde eins gestohlen wäre. Da man nun recht nachsahe / fand sichs / der Meister wäre ein Prophet / und hätte recht geweissaget. Also kam der Reu-Kauff hinten nach. Das hat die Begierde des Tobacks ausgerichtet. Happel. Relat. Curios. T. II. p. 379. Francisci Schau-Bühne / P. III. p. 572. Sonst ist die Stadt Tachia (oder Laodicæa) die rechte Haupt-Niederlage des Tobacks /davon der Groß-Türcke aus diesem Orte jährlich über die hundert tausend Thaler Einkommens hat / welches sein Königliches Regale ist. vid. Troilo Oriental. Reise-Beschreib. p. 571.

Wenn die Stadt Ispahan in Persien nach dem Bericht des Hn. Happelii Relat. Curios. T. I. p. 538. vor den Tobacks-Pacht jährlich 40000. Tomans (ieden Toman auf 46. Holländische Gülden / oder auf 19tehalb Reichs-Thaler gerechnet /) die Stadt Tauris 20000. [116] Schiras 12000. überhaupt aber gantz Persien nach der Anmerckung Sansons in der Pers. Reise / p. 99. jährlich 2. Millionen und fünffhundert tausend Pfund einbringet / kan man gar leicht daraus urtheilen / daß der Gebrauch des Tobacks daselbst sehr gemein seyn müsse. Merckwürdig ist die grosse Tobacks-Begierde und der unzeitige Eyfer des Persischen KönigsCha Abas: Als gedachter König einsmahls seine Tobacks-Pfeiffe ausgerauchet hatte / gab er selbige einem von seinen Bedienten / mit Befehl / dieselbe wiederum zu füllen; Als aber dieser hierinne säumig war / und nach geschehener abermahligen Erinnerung darüber bey sich selbst murrete / ließ ihm der König Augenblicks die Zunge aus dem Halse schneiden. Tavernier. Persianische Reise / Lib. 5. cap. 5. Dieses ist nicht der eintzige unter den Persischen Königen /welche sich das Tobackrauchen gefallen lassen; Denn es haben selbige biß dato noch ihre besondere Bediente / welche ihnen den Toback ordinair zureichen müssen. Sansons Reise nach Persien / p. 65. Da nun der König selbst seinen Unterthanen mit seinem eigenen Exempel vorgehet / hat man sich nicht zu verwundern / wenn diese ihme hierinne so eyferig nachfolgen. Man findet zu dessen Behuff in denen vornehmsten Städten Persiens [117] öffentliche Cabarets oder Tobacks Häuser / in welchen man sich die Zeit mit Toback-schmauchen vertreiben kan. Chardin Persianisch. und Ost-Indische Reise Beschreibung / p. 437. & 473. Ja man siehet die vornehmsten Stands-Personen daselbst hin- und wieder / auch so gar in denen Kirchen Toback schmauchen. Olearii Persian. Reise-Beschreib. Lib. 5. cap. 17. Solches erwiese auch Anno 1715. der in Franckreich sich aufhaltende Persianische Gesandte / Mehemeth Reza Beg, (dessen veritables Portrait auf dem 179 Theil der Europäischen Fama, ingleichen auf dem 88. Theil des Staats Spiegels befindlich) mit seinem Exempel; Denn er ließ sich so wohl bey seinem Einzug in Pariß / als auch bey anderer Gelegenheit / wenn er die gröste parade auf der Strassen machte / iedesmahl seine grosse Tobacks Pfeiffe durch einen Ministre vor sich her tragen. Ja er muste selbige so gar bey seiner Audienz bey sich haben / welche er währender Anrede an den König unterschiedene mahl verlangte. Europäis.Fama, P. 172. p. 317. Staats Spiegel / P. 84. p. 1131. Nicht weniger pflegte er zu Pferde / bey der Tafel / desgleichen bey Opern und Comœdien Toback zu rauchen. Beschäfft. Secretar. 27. Expedit. p. 228. Es können auch so gar die zum Tode [118] verurtheilten Perser sich des Tobacks nicht enthalten / denn eine Pfeiffe Toback soll ihnen bey denen grausamsten und empfindlichsten Todes-Schmertzen die gröste Hertzstärckung geben. Tavernier. Persian. Reise / Lib. 5.cap. 13.

In Ost-Indien findet man eine gewisse Art Mönche / welche Derwisch genennet werden. Diese haben ein Schaaf-Fell auf dem Rücken / gehen durch das gantze Land betteln / schlaffen in denen Kirchen / denn niemand will sie gerne im Hauß haben / weil es unartige und muthwillige Buben sind; Und weil sie grosse Liebhaber des Tobacks sind / siehet man sie offt in ihren Kirchen sitzen und Toback trincken. Mandelslo Morgenländisch. Reise-Beschreib. Lib. 1. cap. 35.p. 95. Diese Mönche werden auch in der Türckey hin-und wieder gefunden / allwo sie die Gewohnheit in Acht nehmen / daß / wenn die Seniores den Alcoran erklären / und darauf ihren andächtigen und heiligen Tantz halten / ihre Confratres in ihren Zellen zusehen / und unterdessen Toback rauchen. Wauich de religione Turcor. p. 78. Uberhaupt sind die Barbarn in Ost-Indien ungemeine Liebhaber des Tobacks / und bedienen sie sich dessen so sehr / daß sie auch in ihren nöthigsten Verrichtungen die Tobacks-Pfeiffen[119] in dem Munde haben. Mandelslo Morgenländ. Reise-Beschreib. Lib. 1. cap. 21. p. 68. Insonderheit lassen sich die Einwohner der vortrefflichen und reichen Handels Stadt Suratte das Toback-schmauchen sehr angelegen seyn. Langhans. Ost-Ind. Reise / p. 519. Auf der Insul Zeilan rauchen Männer und Weiber unter einander Toback / ob es gleich daselbst vor etwas lasterhafftes gehalten wird / Knoxens Ceilan. Reise / Lib. 1. cap. 2. & Lib. 3. cap. 8. In Colombo bedienen sich ebenfalls so wohl die Männer als die Weiber des Tobacks. Schweitzers Ost Ind. Reise /p. 118. Nicht weniger halten ihn die Javaner vor ihre sonderliche delicatesse. Die Einwohner erbauen selbst Toback / pflicken den reiffen ab / zerschneiden ihn gantz klein / und machen ihn dürre / da er denn dem ungezausten Saffran nicht viel unähnlich ist.Behrs Ost-Ind. Reise / p. 32. Burckhardts Ost-Ind. Reise / p. 193.

An Siberien stösset eine gewisse heydnische Nation / Ostiakki genannt / welche den Toback dermassen lieben / daß sie / wenn sich etwa Toback Mangel ereignet / auch so gar das Abgeschabte von ihren Tobacks-Pfeiffen / welche von Holtz / aber dabey sehr einfältig und wunderlich verfertiget sind / an statt des Tobacks [120] rauchen. Brandt Chines. Reise / p. 73. Und die Lappen machen von einem Stück Toback eines Fingers lang mehr æstim als von einem Thaler. Die Wegweiser werden daselbst von denen Reisenden mit nichts anders als mit Toback bezahlet; Ja man erhandelt von ihnen die schönsten Fuchs-Bälge / Marten und Zobeln vor Toback / dahero auch die Reisenden in Lappland den Toback nöthiger als Geld haben.Anon. Reise nach Norden / p. 64. 58. 49.

In Moscau war sonst der Toback als eine unreine und unheilige Sache verbothen / so gar / daß auch der Patriarch denjenigen Kauffmann / der das Recht den Toback-Handel zu führen mit jährlichen 15000. Rubelen erkaufft / mit seiner gantzen familie in den Bann gethan. Ex Itinerar. Dn. de Guarient & Rall der Neubestellte Agent, Fonct. III. Depeche VII. p. 556. Nachdem aber Ihro ietzt regierende Czaarische Majest. Peter Alexowiz, vor einigen Jahren dero damahls in Engelland sich aufhaltenden Hrn. Gesandten / Graffen Gallowin, Befehl ertheilet / daß derselbige mit einigen Kauff Leuten wegen jährlicher transportirung einer ziemlichen quantität Tobacks nach Rußland tractiren solle / ist dessen Gebrauch vorietzt auch daselbst eingeführet worden / und bedienen sich dessen die Moscowiter wieder öffentlich [121] zu ihren grösten contentement. Perry Staat von Rußland / p. 263. In dem Anno 1707. den 14. Sept. in der Residentz Moscau entstandenen entsetzlichen Brande haben Ihro Czaarische Majestät allein an Toback vor mehr als 10000. Rubelen Schaden gelitten / welcher in einem Pack-Hause gelegen. Europ. Fama, P. 74.p. 137. Woraus zu schliessen / daß nicht wenig Toback daselbst müsse verbrauchet werden. Ja es versichert derjenige / welcher des Engelländ. Graffen vonCarlile abgelegte Gesandtschafften beschrieben / in seinem Diario, cap. 4. p. 74. daß die Moscowiter schon zu selbiger Zeit / als sich der Gesandte in Moscau aufgehalten / nehmlich Anno 1663. angefangen /des Tobacks / welcher damahls seiter 30. Jahren verboten gewesen / sich zu bedienen; Er setzet ferner hinzu / es wären ihrer viele zu des Gesandten Suite gekommen und gebeten / in geheim ihnen etwas von Toback zu lassen / er möchte auch so theuer seyn / als er wolte; worinnen man ihnen auch gewillfahret.

Von denen Pohlen ist bekannt / daß sie vor dem ietzigen Kriege gegen die durchreisenden Teutschen nicht allemahl wohl gesinnet gewesen / dahero wenn diese z.E. des rechten Weges / den sie verfehlet / jene gefraget / haben sie entweder [122] keine / oder doch undeutliche Antwort bekommen; Soferne man ihnen aber ein Stückgen Toback gegeben / haben sie nicht nur den rechten Weg angezeiget / sondern auch ein groß Stück Weges mit denen Reisenden gegangen. Dahero die Passagiers, so nach oder durch Pohlen zu reisen resolviret / sich mit einer Rolle gutem Tobacks zu versehen nöthig gehabt / um sich dessen bey solcher vorfallenden Gelegenheit zu bedienen. Thebes. Nachricht vom Toback / cap. 4. p. 38.


Daß die Einwohner in denen Nordischen Königreichen Schweden / Dännemarck / Norwegen etc. grosse Liebhaber des Tobacks seyn müssen / bezeugetOldmixon im Groß-Brittann. Amer. p. 269. weil die Pflantzer auf der Americanischen Provintz Maryland ihren Toback / welchen sie Oroonoko nennen / und der sehr starck seyn soll / häuffig dahin verhandeln. Wie denn absonderlich die Norwegen die Frembden und andere Ankommende nicht besser zu empfangen wissen / als wenn sie ihnen so gleich Toback offeriren; und halten sie es vor eine sonderbare Ehre /wenn jemand ihnen zu Gefallen eine debauche darinnen macht. Anon. Reise nach Norden, cap. 6. p. 20.

[123] Denen Spaniern ist das Tobackrauchen auch sehr wohl bekannt / massen jahrlich viele Schiffe mit Toback beladen aus America von denen jenigen Orten /woselbst sie vortreffliche Pflantz-Städte haben / in Spanien ankommen. Wiewohl sie sich lieber des Tobacks zum Schnupffen als zum Rauchen bedienen /und wissen sie einen vortrefflichen Schnupff-Toback zu verfertigen / welcher bey uns unter dem Nahmen des Spaniols nicht unbekannt ist. In Franckreich ist der Gebrauch des Tobacks so gemein / daß auch so gar die Dames mit denen Chevaliers in öffentlichenCompagnien Toback zu schmauchen sich angewöhnet / wie bereits oben gemeldet worden.

Aus Jacobi VI. Königs in Engelland und Schottland Misocapno ist zu ersehen / daß schon damahls etliche Lords in Engelland gelebet / welche in dem Ausgabe-Buch jährlich unserm Gelde nach über 1600. thlr. für Toback eingetragen haben. Und ist nicht zu zweifeln / es werde dasjenige / was vormahls ein Engelländischer Theologus von seinen Lands-Leuten ausgeruffen: Multi eheu! Tabacomania inter nos laborant, auch biß dato noch bey ihnen gelten /massen Oldmixon in seinem Groß-Britann. Amer. p. 403. die Versicherung giebet / man habe jährlich über 200. [124] grosse Schiffe zur Ausfuhre des Virginischen Tobacks nöthig; und obgleich dieser Toback nicht alle in Engelland verbrauchet wird / so ist doch zu glauben / es werden die Engelländer den Genuß von denen jenigen Gütern / welche GOtt ihnen in so reichem Uberfluß giebet / nicht unterlassen. In dieser Meynung werden wir absonderlich von einem gewissen Autore Anon. gestärcket / als welcher in seinenDiscurs en und Unterredungen dreyer Reise-Gefehrten nach Holland cap. 10. das naturell der Engelländer also beschreibet: Die Engelländer sind insgemein flasques & gueres nerveux, weil sie an zu viel Fleisch / Gewürtz und allerhand hitzige Geträncke sich gewöhnet / und mehr als andere Nationes, ja so gar die Weiber / Toback schmauchen. Wiewohl dieses letztere nach der AnmerckungBerckenmeyers im Antiquario P. I. cap. 5. p. 166. an dem Englischen Frauenzimmer als ein Fehler getadelt werden will. Denen Holländern / als welche grosse Phlegmatici sind / hat die Natur sonderlich eingegeben / den Toback zu lieben / damit ihre grosse Feuchtigkeit hierdurch abgeführet / und das Geblüthe rein erhalten werde. Ja es ist das Tobackschmauchen daselbst so gemein / daß auch die Bauer-Mägde /wenn sie des Tages Last und Hitze getragen / [125] sich mit diesem kräfftigen remedio erqvicken.

Die Italiäner gebrauchen zwar wohl den Toback mehr zum Schnupffen als zum Rauchen / doch lassen sie sich auch den Gebrauch des letztern gefallen / und kan man absonderlich zu dessen Erweiß Neapolis produciren / als woselbst der Toback so häufig geschmauchet wird / daß die Königliche Regierung jährlich eine halbe Million hierdurch erwerben kan. Denn da man befunden / daß durch das monopolium des Tobacks die Königl. Casse einen vortrefflichen Nutzen ziehen könte / hat man selbigen denen Meistbietenden mit Königl. Freyheit zu verpachten resolviret; Und hat Anno 1715. ein Genueser / Nahmens Gioseppe Piastra in Neapolis gegen Erlegung 221110. Ducati erhalten / daß er auf 3. Jahr lang den Toback verschaffen und allein verkauffen möge. Europ. Fama, Part. 169. p. 14.

Die Teutschen haben sich nach der in Nachahmung ausländischer Gebräuche ihnen gleichsam angebohrnen Art das Tobackrauchen ebenfalls angewöhnet / welches zwar / so ferne sie sich dessen in gehöriger Maße zu ihrem Nutzen bedienten / nicht zu improbiren. Allein da sie hierinnen zum öfftern die gebührende Schrancken überschreiten / und durch dessen schändlichen [126] Mißbrauch sich nicht allein um ihre Gesundheit bringen / sondern auch das zu ihren Unterhalt benöthigte Vermögen auf eine unverantwortliche Weise verschwenden; Als hat man sich um so viel weniger zu verwundern / wenn einige denenselben dieses schädliche Laster in ziemlich piquanten terminis vorgerücket. Massen ein gottseeliger und beliebter Theologus unsrer Zeiten sich hiervon also vernehmen läßt: Wir Teutschen haben dieses frembde Kraut mit solcher Begierde angenommen / gleich als ob an einheimischen Mitteln ein Mangel gewesen wäre / durch welche wir uns arm / kranck / siech /ins Grab und in die Hölle sauffen könten. vid. Ernsts Confect-Tafel / P. I. §. 7. p. 42. Etwas moderater raisoniret hiervon ein anderer vornehmer Mann / wenn er saget: Nachdem uns in Teutschland die Indianer oder die Völcker in der Neuen Welt nicht nur mit ihrem Gold bereichert / sondern auch mit ihren Früchten und Kräutern beschencket / so wäre zu wünschen / unsere Nation hätte beydes mit Maße gebrauchet / und einen Unterscheid gemacht unter dem Gebrauch und Mißbrauch einer Sache. Allein es ist / GOtt erbarm es! so weit gekommen / daß uns ihr Geld tyranni scher / geitziger / verschwenderisch- [127] und pralender gemacht. Ihr Gewürtze nehmen wir nicht /wie sie / die es doch besser verdauen könten / weil sie einerley Himmel und Safft der Erden haben /mit Maß / sondern zum Uberfluß. Ja / da wir ihre Kräuter annehmen / u. mit grossen Unkosten und mit gewaffneter Hand von ihnen deßwegen holen /daß wir unser Leben damit verlängern wollen /wie wir gewißlich thun könten / so fressen wir uns den Halß mit solchen Dingen ab / welche / wenn der Mißbrauch nicht wäre / eine besondere Hülffe zu mehrern Anwachs unserer Jahre an die Hand schaffen könten; So aber holen wir arme Leute der alten Welt etwas aus der neuen Welt / welches uns fein bald spedire oder fortschicke in die andere Welt. Darunter gehöret absonderlich das liebe Kraut Toback / ein herrlich / aber jämmerlich bey uns mißbrauchtes Gewächs / welches zwar in Teutschland so lange nicht bekannt / als tausend Gutes und Böses damit in allen Stücken gestifftet worden. vid. F.P.F.P. â E.K. klugen Landmann /P. II. cap. 125. p. 405.

Wenn man nun das Ubel / wofür das gute Kraut nichts kan / allein ansehen wolte / so würde man sich allerdings Bedencken nehmen / sich [128] desselbigen zu bedienen. Da aber ein Vernünfftiger gar wohl zwischen dem Gebrauch und Mißbrauch einer Sache zu distinguiren weiß / als hat man sich hierüber kein Gewissen zu machen / wenn man den Toback so wohl als andere von GOtt zu des Menschen Nutzen erschaffene Creaturen in gehöriger Masse gebrauchet / und demselben sein gebührendes Lob ertheilet. In Betrachtung dessen versehen wir uns auch von dem geneigten Leser einer gütigen Censur, wenn wir dem Toback zu Ehren dasjenige Lob-Gedichte / mit welchem er als der bekannteste Compagnon des menschlichen Geschlechts am Zittauischen Gregori-Feste 1702. besungen wurde / hier anfügen:


Ihr Leute seht auf mich, und gönnt mir euern Kauff, Damit erfahret ihr den gantzen Lebens-Lauff: Ich bin ein Doctor-Kind, wenn ich gebohren bin, So schickt ein heilsam Stern was starckes auf mich hin. Ich habe da und dort ein feines Vaterland, Doch meine Jugend ist den meisten unbekannt. Hab ich ein grünes Kleid, ist endlich die Facon Schwartz, gelb und wunderlich: da wißt ihr nichts davon. Wenn ihr mich kennen lernt, bin ich ein Passagier, Und schneide manchen Fleck aus frembden Ländern für. Denn wo mein Reise-Buch kaum dreyßig Meilen hält, So schreib ich mein Geschlecht gar von der Neuen Welt. Wenn mir Virginien den Jungfer-Titul giebt, So bin ich keinem gram, der schöne Kinder liebt. Ja, wenn sich dieses Volck offt über mich beschwert, So werd ich doch einmahl von ihnen selbst begehrt. Die Töpffer sind mir gut, und geben alles an, [129] Damit ich mein Gewehr wohl præsentiren kan. Bißweilen werd ich stoltz, und führe meinen Staat; Wenn Holland seine Kunst mit mir getheilet hat. Ich sitze trefflich warm, und heutze mein Qvartier, Bald brauch ich dünnes Holtz, bald eingeschrenckt Papier. Wer mich zum ersten sieht, der macht ein grosses Spiel Eh er den andern folgt, und Feuer fressen will. Da nimmt der dichte Dampff das gantze Zimmer ein, Jedoch ein kühler Safft muß auch vorhanden seyn, Im warmen bin ich kalt, im trocknen bin ich naß, Sie haben nichts von mir, und dennoch immer was. Ich achte bey der Lust kein stoltzes Ehren-Kleid, Auch die Paruqven gehn aus meinen Augen weit. Ein Schlaff-Rock von Cattun, ein Mützgen vor das Hauß Die putzen mir das Volck am allerbesten aus. Mit Ambra, Benzoe, mit Balsam und Zibeth Laß ich mich niemahls ein. Denn wer die Krafft versteht, Der raucht das liebe Gut hübsch nach einander weg, Es stinckt doch nimmermehr so sehr als Teufels-Dreck. Wiewohl ich habs gesagt, daß ich ein Doctor bin, Der Fluß fall auf die Brust, in Kopff, und sonst wohin, Kömmt man in böse Lufft, ja thun die Zähne weh, So bring ich vor die Welt die beste Panacée. Ich bin auch ein Balbier. Mein Pflaster ist bewehrt, Manch alter Schaden wird von Grund aus weggezehrt. Wer sich gestossen hat, wer sich mit Messern schneidt, Ja wer geschossen ist, dem helff ich allezeit. Ich bin ein Oculist. Wem es an Augen fehlt, Daß er sich offtermahls mit scharffen Saltze qvält, Und roth ins weisse setzt, der lauffe nur zu mir, Denn mein Specificum ist warlich gut dafür. Doch welcher gar zu tumm mit seiner Kehle zuckt, Daß er mein gantz Recept im Leib hinunter schluckt, Der spüret also bald ein solches Parlament, Daß er mich aus Verdruß rechtschaffen garstig nennt. Manch armer Handelsmann wird mir zu Dancke reich, Denn meine Waare geht und consumirt sich gleich: [130] Am baaren Gelde kömmt zwar wenig auf einmahl; Allein es kömmet offt: so mehrt sich auch die Zahl. Vor andern leb ich auch als ein Soldaten-Freund, Denn wenn im Felde kaum ein Bissen Brod erscheint, So bin ich gleichwohl da. Wer nur mein Labsal hat, Der wird im Munde warm, und in Gedancken satt. Wer auch im Friede sonst die Gaste wohl tractirt, Der hat ein grosses Theil von Speisen menagirt, Wenn er mich ruffen läßt; weil meine Krafft besteht, Daß allen Lust und Muth zur Fresserey vergeht. Wiewohl ein Courtisan wird schlecht, durch mich erqvickt, Indem sich mein Geruch zu keinem Kusse schickt. Allein sie dencken nach und bleiben doch geneigt, Dieweil der saure Dampff nicht aus der Lunge steigt. Ist dieses ein Galan, der gerne Knoblauch frißt, Und dessen Tuncke stets von Pohlnschen Zwiebeln ist: So faß ich ebenfalls im Löffeln einen Muth, Denn was ich parfurmit, ist tausendmahl so gut. Es kömmt mich gleichwohl an, daß ich Politisch thu: Damit so leg ich mir die schönsten Thosen zu, Die præsentir ich nun, ohn Argwohn, ohne Grauß; Denn was der Mann bekömmt, davor geb ich es aus. Gedencket wer ich bin, man holt mich vor die Pest, Da meine Wunderthat kein Gifft regieren läst. Also wird hin und her manch gutes Werck gestifft, Und eben mein Recept hilfft wider Liebes-Gifft. Zwar manche tadeln mich, und suchen dieses scharff, Weil ich kein Gotteshauß iemahls betreten darff. Wo Raths-Versammlungen und wo Gerichte sind, Da bleib ich allemahl ein ausgestossen Kind. Doch schwerlich ist der Spruch aus Neid und Haß geschehn, Weil sie mich anderwo von Hertzen gerne sehn. Hat nicht ein iedes Ding den angewiesnen Ort? So denck ich, was ich bin, und schleiche lieber fort. Auch wo galanterie von Gold und Silber liegt, Macht meine Gegenwart die meisten unvergnügt. [131] Die Leute schwatzen mir von der antipathie, Den Licht und Glantz vergeht, ich weiß nicht, wenn u. wie. Doch will ich um das Geld nicht sehr bekümmert seyn, Ich bilde mir was mehr mit meinen Sachen ein. Ich bin universal, mich hat der ärmste Mann, Allein wo treffen wir viel göldnes Wesen an? Hanß Nicot war der Mann, der hat sich groß gemacht Und mich als einen Gast zur Christenheit gebracht: Denn vormahls lag ich still und gleichsam in Verhafft, Ich must auch Sclave seyn, nur bey der Heydenschafft. Nun hab ich freyen Platz, ich herrsche weit und breit, Als etwas sonderlichs vor diese letzte Zeit. Doch rathet, was ich bin: ist euch die Frage schwer, So geht nur etlich mahl die Gassen hin und her. Wenn ihr ein Bier-Hauß seht, da man sich lustig macht So nehmt nur alsofort die Fenster wohl in Acht. Denn was geflogen kömmt, das niemand hindern kan, Dasselbe meldet mich auch bey den Nachbarn an.

vid. Feinds Relat. Curios. T. II. No. 7. p. 54.

Cap. VI. Vom überflüßigen Gebrauch und Mißbrauch des Tobacks

Cap. VI.

Vom überflüßigen Gebrauch und Mißbrauch des Tobacks.

Daß man sich des Tobacks nicht so wohl zum Zeitvertreib / als vielmehr zur Artzney bedienen solle / ist mehr als einmahl gesaget worden; Denn weil bey dem erstern Gebrauch gar leicht über das gebührende Maaß geschritten wird / achtet die Natur aus beständiger Gewohnheit dessen Würckung [132] nicht sonderlich mehr / ja es verursachet der Toback sodann mehr Nachtheil als Nutzen. Wie wenig aber die Europäer sich hierinne zu mäßigen wissen / ist leider! mehr als zu wohl bekannt. Denn diese bedienen sich des Tobacks so offt / und mit solcher Begierde / gleich / als ob es das eintzige Mittel sey / so den Menschen in einem glückseeligen Zustand erhalten könne. Sie sehen ihn an als die allerkräfftigste panacée und universal-medicin, so nach ihrer Einbildung iederzeit gut seyn soll. Im Sommer rauchen sie ihn vor Hitze / im Winter vor Kälte; Bald soll er den Schlaff hindern /bald befördern; Bald soll er den Durst / bald den Hunger stillen / bald appetit erwecken. Und ich weiß nicht / worzu er ihrer wunderlichen Phantasie noch ferner dienen soll. Welchen aber der Autor der Welt Urtheile nicht beyzupflichten scheinet / wenn er in der 20. Pensee p. 1562. hiervon also raisoniret:»Mein eigensinniges Naturell kan sich nimmermehr überreden lassen / daß der Toback eine universal-medicin sey / und für alles helffe. Solte dieses die Wahrheit seyn / so würde mancher sich fast zu todte rauchen / nur daß er dadurch addresse bey Semand en erhalten / die hochmüthige Irminde auf seine Seite bringen / die spitzige Chloris vor sein Leiden gütiger / [133] und die nach andern Büffgens rennende Marinde an sich ziehen könte. Er würde Tag und Nacht rauchen / wenn diese universal-medicin vor die ehrgeitzigen Aufblehungen diente / und man sich ein feines Aemtgen mit einer Ausnahme von etlich tausend Thalern /oder sonst den character eines Doctoris oder Magistri erblasen könte. Er würde Tag und Nacht rauchen / wenn er sich dadurch nur allerhand delicat e Lecker-Bißgen / allerhand galanteri en und andere grosse Reichthümer zudampffen könte. Solte der Toback ferner eine universal-medicin seyn / so dürfften ihn nur die Krüpel / Lahmen und Blinden brauchen / und einer gewissen reconvalescenz gewärtig seyn; Es dürfften ihn nur alle banquerotte Kauff-Leute brauchen / und sich einer gewissen restitution ihres Glückes versehen. Es dürfften ihn nur die Mägdgens brauchen /wenn sie sich zu tieff in die Charte gucken lassen / und alsdenn keine Verletzung ihrer jungfräulichen Ehre befürchten. Es dürfften ihn nur die Advocat en brauchen / und die Versicherung damit fassen / keinen proceß zu verliehren. Es dürfften ihn nur die Mediciner brauchen / und lauter glückliche Curen [134] gewärtig seyn; Es dürfften ihn nur die Studenten brauchen / wenn sie kein Geld hätten; Es dürfften ihn nur die Kauffmanns-Diener brauchen / wenn sie Liebens-würdig seyn /und sich bey den Hauß- und Familien-Mägdgens engagir en wollen; Es dürfften ihn nur die Soldaten brauchē / wenn sie vor den Feind gehen wollen; Ja es dürfften ihn nur die Spitzbuben und alle Diebs-Rotten brauchen / weil sie sich dadurch vom Galgen loßblasen würden. So wenig du dir dieses als eine gewisse Wahrheit wirst aufbürden lassen / so wenig lasse ich mich auch überreden /daß der Toback so ein herrliches Kraut u. sey eine so vortreffliche Panacée, als offt du Wesens davon machest. Denn er bleibet ein eitler Zeitvertreib / und kan dir keine andere Gedancken eingeben / als daß du was flüchtiges aus dem Halse bläsest / und alsdenn voller Gestanck bleibest /wenn du eiligst unter die Augen eines Mannes treten sollst / der solchen nicht gewohnet ist / und eine verdrüßliche Miene macht. Daß ein Fumosus durch sein starckes Rauchen solle seyn befördert worden / ist noch nicht in den Historien aufgezeichnet / man findet aber sehr viele / die bloß[135] wegen Unterlassung dieser stinckenden Arbeit ihr Glücke gefunden. Ich muß allhier noch etwas mit denenjenigen reden / welche sagen / daß sie bey einer angezündeten Pfeiffe Toback recht schöne Gedancken und Inventiones zu einem Gedichte bekommen. Daß dieses mehr ein Schertz als Ernst /lasse ich dem geneigten Leser zur Untersuchung. Denn hat einer sonst keine genie zur Poësie, wird er nimmermehr der galant en Welt was ingenieus es zu lesen geben; gesetzt / er rauche auch allen Knaster weg / so nur in Leipzig zu bekommen. Es müsten denn in diesem Kraut geheime Geister stecken / die einem mit dem Rauch in die Nase zögen / und sich dahin verfügten / wo der Poët en-Kasten stehet / sonst kan ich mir keine Idée davon machen. Ich rauche gar keinen Toback / gleichwohl sind mir die Gedancken noch niemahls zurücke blieben; scheinen mir also die Inventiones durch die Tobacks-Pfeiffe mehr eine Phantasie / als würckliche Wahrheit zu seyn /etc.«

Es ist einmahl gewiß / daß der Toback nicht diejenigen Würckungen alle leiste / welche mancher aus einer verkehrten Einfalt demselben zuschreibet; Nur ist zu beklagen / daß ihrer viele [136] durch übermäßiges Schmauchen so unbesonnen in ihr Verderben rennen /und sich hierdurch nicht allein um ihre reputation, sondern auch so gar um das edelste Kleinod des Lebens / nehmlich um ihre Gesundheit bringen. Und eben aus der Ursachen möchte man wohl mit dem vornehmen Conringio wünschen / daß dasjenige Land / so den Toback zuerst gezeuget / denselben immer vor sich behalten / und nicht heraus schicken mögen / denn wir haben ohne dem Instrumenta dementiæ gnug bey uns heraussen. vid. Misand. Theatr. Tragic. p. 282.

Damit man aber wisse / wie schädlich das übermäßige Tobackrauchen sey / und wie gar leichte diesesInstrumentum dementiæ zu einem Instrumento mortis werden könne / wollen wir einige passagen aus etlicher berühmter Physicorum Schrifften hier anführen / und selbige mit einigen Exempeln erläutern. Es versichert demnach Thebesius in seiner Nachricht cap. 4. p. 25. daß der öffters geschmauchte Toback wegen seines sulphurischen Oels so schädlich und empfindlich sey / daß man dadurch schläffrich und dummen Verstandes werde. Massen er auch bey dem Wahrsagen der Indianischen Pfaffen den effect habe / daß sie davon als rasend und unsinnig niederfielen / eine Zeitlang [137] als todt in der Sonne lägen / und alsdenn ihre Träume und Antworten vorbrächten. Dahero auch diejenigen / die vom Morgen biß in die Nacht rauchten /des andern Tages langsam und schläffrich / und zu klugen und geschwinden expeditionen gantz ungeschickt wären. Es erfolgeten auch gerne unersetzliche Veränderungen der Gesundheit / und öffters ein plötzlicher Todt. Wie denn Joh. Beverocius bezeuge / daß ein Mann / der täglich 20. Pfeiffen gerauchet / endlich von vieler auf die Brust fallender oder zugezogener Feuchtigkeit ersticken müssen. Junge Leute machten sich dadurch kräncklich / und blieben hager / und man habe Exempel / daß etliche der Schlag unter dem Tobackrauchen gerühret / und sie plötzlich gestorben. Und weil in etlichen Sorten des Tobacks das scharffe flüchtige Saltz prævalire / welche sonst nach seineralcalischen Natur eine zertheilende Krafft habe / verursachet es bißweilen höchstgefährliche Zufälle / als Schwindel / Kopff- Schmertzen / Würgen und Erbrechen / Husten und dergleichen / daher komme es auch / daß manche im Tobacksrauche nicht dauren können. Absonderlich thue der Tobacks-Rauch / der in die Lunge dringet / durch verursachte Geschwüre empfindlichen Schaden / und der dabey in den Magen geschluckte [138] Speichel hindere den Appetit und die Verdauung.


Ingleichen schreibet D. Simon Pauli, ein Dänischer Medicus, in seinem Commentario de Abusu Tabaci hiervon also: Es lehret die Erfahrung / daß gemeiniglich diejenigen / welche sich des Tobacks zu viel bedienet / den Geruch verliehren; so sind auch etliche dadurch um ihr Gesichte kommen / indem die erregten Flüsse sich in die Augen geleget / daß man solche hernachmahls nicht hat wegbringen können. Bey etlichen hat dieses Kraut ein starckes Niesen erwecket /dadurch ihnen die Adern im Leibe zersprungen. Nichts gemeiners aber ist / als daß der Toback dastemperament des Gehirns verändere / welches ein Ursprung ist unzehliger Kranckheiten; Und weil der Rauch dieses Krauts leichtlich den Leib durchdringet / so verderbet er fürnehmlich die Lunge und das Gehirn. Ob auch wohl der Toback seiner Natur nach der Gesundheit eben nicht zuwider / so wird er doch dadurch verdächtig gemacht / weil die Handels-Leute u. Kramer denselben mit Eßig u. anderer unflätiger Lacke anfeuchten / oder gar / wenn er ausgetrocknet und dürre worden / in die heimlichen Gemächer eine Zeitlang versencken / damit er das Sal volatile des Unflats an [139] sich ziehen / und wiederum safftig werden möge.

Und Abelius läßt sich in seinem Leib-Medico der Studenten cap. 12. p. 222. also vernehmen: Man frage nicht / warum mancher / wenn er ein wenig zu Jahren kömmt / seinen vollkommenen Verstand und Gebrauch der Nerven nicht hat / er untersuche nur ein wenig den Mißbrauch des Tobacks und Sauffens / den er in seiner Jugend getrieben / dem wird die Wahrheit aber zu spät zuschreyen / und verkürtzet ihm wohl gar das Leben.

Daß der öfftere Gebrauch des Tobacks das Gehirne trockne / wollen einige in Zweifel ziehen / wie denn absonderlich Hr. D. Thebesius cap. 4. p. 33. durch Untersuchung des Kopffes innerlicher Beschaffenheit deutlich erweiset / daß solches unmöglich sey. Gleichwohl findet man hiervon hin- und wieder unterschiedene Exempel aufgezeichnet. Laurenbergius erzehlet in seiner Acerra Philolog. Cent. 1. hist. 72. daß zu Leiden vor einigen Jahren ein Ubelthäter gerichtet worden / welcher vor seinem Ende bekannt habe / daß er des Tobacks sein Lebetage mehr getruncken habe /als zwantzig andere. Wie nun der Anatomicus desselben Cörpers Haupt eröffnet / habe es sich befunden /daß nicht allein der Knorpel in der Nase / der wie [140] ein Sieb durchlöchert / gantz Kohl schwartz verbrannt und mürbe / sondern auch das förderste Gehirn neben dem gemeldten Knochen gleichfalls schwartz und vertrocknet gewesen. So erwehnet auch D. Abelius in seinem Leib-Medico cap. 12. p. 222. eines Bauers /der zuvor grosse Kopff-Schmertzen gehabt / auch sehr wunderlich und fast unsinnig gewesen; Als man diesem nach seinem Tode den Kopff geöffnet / habe er /Abelius, befunden / daß sein Gehirn von vielem Toback gantz schwartz und trocken gewesen / welches auch seine Unsinnigkeit und Todt verursachet habe. Ingleichen gedencket Zeilerus Epist. 598. eines Medici, welchem das Tobackschmauchen so gemein gewesen / daß er auch des Nachts desselben sich nicht enthalten können / sondern stets bey dem Bette eine Lampe mit Wachs-Lichtern u. Tobacks-Pfeiffen hangen gehabt; Als er nun gestorben/ und sein Kopff eröffnet worden / hat man das Gehirne so ausgetrocknet gefunden / daß es kaum so groß gewesen / als eine Nuß. Ernsts Del. Hist. p. 804. Es hat daher Misander in seinem Theatro Tragico p. 280. gar feine Gedancken / wenn er spricht: Es klinget das Wort Toback wie das Ebräische Dabak, das heist hæsit, er hat angehangen. (vid. Lyram Proph. Bythneri p. 359.) Also hanget und klebet der [141] Toback manchem an sein Gehirn / davon er hernach des Todes seyn muß / weil die Hitze des Rauchs ihme dasselbe austrocknet. Zu diesen Gedancken giebet dem seeligen Herrn Autori die Etymologie des Wörtgens Toback Anlaß / ob er aber physicè accurat gnug geurtheilet / überlassen wir denen Herren Physicis zu weiterer Untersuchung.

Oben haben wir gehöret / daß der Tobacks-Rauch /welcher den Leib durchdringet / grossen Schaden verursache; Solches hat jener zu seinem Unglück erfahren / welcher nicht gewust / daß er den Tobacks-Rauch wieder ausblasen müste / und dannenhero solchen verschlungen / hiervon aber die Gelbe-Sucht bekommen / wie solches Petrus Borellus Cent. 4. Obs. 3. erzehlet. Noch unglücklicher war der berühmte Ertz- Bischoff von Londen / Richardus Fletcherus, ein politer und prächtiger Mann: Dieser geriethe einsmahls in eine grosse Gemüths-Kränckung / welche er mit Tobackschmauchen zu vertreiben trachtete; Es fügte sich aber einsmahls unversehens / daß er den Rauch davon etwas zu lange in dem Munde behielte /von dannen er ihm in die Lufft-Röhre getreten / daß er augenblicklich daran ersticken muste. Ernsts Denckwürdigk. p. 402. Und von einem in der Wiegen schlaffenden Kinde erzehlt [142] Misand. in Theatr. Trag. p. 284. daß demselben ein leichtfertiger Soldat etliche mahl Tobacks-Rauch in das Gesichte und Nasenlöcher geblasen / worauf das unschuldige Kind hefftig angefangen zu niesen / und da die böse Kranckheit dazu geschlagen / seinen Geist elendiglich aufgeben müssen.

Hiernächst findet man hie und da noch andere gefährliche Unglücks-Fälle / welche sich einige durch übermäßiges Tobackschmauchen zugezogen / aufgezeichnet / von welchen wir diese wenige annoch anführen wollen. Der hocherfahrne Medicus, Theodorus Kerckring / erzehlet in seinen Observ. Anatom. 90.p. 172. Es habe sich einer dermassen an das Tobackrauchen gewöhnet / daß er / wo er gegangen und gestanden / die Pfeiffe in dem Munde geführet / endlich sey er in eine tödtliche Kranckheit gefallen / in welcher er eine abscheuliche und garstige Materie oben und unten von sich gegeben / biß ihm endlich die Seele mit ausgefahren. Erwehnter Medicus habe nach dessen Tode den Cörper geöffnet / und sey es ihm nicht anders fürkommen / als ob ihme das schwartze Rauch-Hauß des höllischen Plutonis eröffnet worden. Die Zunge sey in dem Munde gantz erschwartzet und aufgeschwollen gewesen. Der Schlund habe einem Camin gleich gesehen / so überall mit [143] garstigen Ruß überzogen. Die Lunge sey dermassen ausgedorret gewesen / daß man sie fast zerreiben können. Die Leber und Galle wären gantz entzündet gewesen / und hätten roth und grün gesehen. Das Eingeweyde habe in einer schwartzen Brühe geschwommen / die dermassen übel gerochen / als wenn man den Abgrund der Höllen aufgedecket und eröffnet hätte. vid. Misand. Theatr. Trag. p. 282. Diesem Tobacks-Bruder wollen wir aus dem Etwas für alle P. I. p. 170. mit Erlaubniß des Autoris folgende Grab-Schrifft setzen:


Mich hat das edle Kraut, der Toback, hingerafft,

Der trockn't mir unvermerckt den gantzen Lebens-Safft;

Ich kunte mich nicht satt in meinem Leben schmauchen,

Drum muß ich vor der Zeit, als wie Toback, verrauchen.


In Holland haben sich zwey Brüder zusammen gesetzet / und einen Wett-Streit mit einander angefangen / welcher unter ihnen die meisten Tobacks-Pfeiffen ausrauchen könte / da denn der eine biß auf 17. der andere aber auf 18. Pfeiffen angestiegen / wiewohl mit einem sehr schlechten Ausgange. Denn sie fielen beyde nieder / als ob sie vom Schlage getroffen worden / und blieb der eine alsobald todt / der andere lag noch 2. biß 3. Stunden ohne alle Vernunfft / und gab alsdenn auch seinen elenden Geist auf. [144] Ex Ephem. Germ. Dec. 2. An. 8. Obs. 167. p. 321. ref. Misand. Theatr. Trag. p. 281.

D. Alard Hermann Cummenus, ein berühmter Medicus, bezeuget in Curios. Misc. Germ. An. 3. Obs. 185. daß ein Edelmann vom vielfältigen Tobackrauchen in eine Agrypniam oder Wachsucht gerathen /daß ihm in 16. Tag- und Nächten kein Schlaff in die Augen kommen. vid. Happel. Relat. Curios. Tom. II.p.m. 109.

Ein sonderbarer Unglücks-Fall war es auch / welcher jenem mitten unter dem Tobackschmauchen zustieß. Es erzehlet selbigen Joh. Muys Prax. Chirurg. rational. Dec. III. Observ. 6. Fol. 28. folgendergestalt: Es wäre nehmlich ein funffzigjähriger Mann /welcher auf der Gassen eine schmauchende Tobacks-Pfeiffe im Munde haltende seiner Geschäffte halber gegangen / unversehens zu Boden gefallen / so / daß vom Fall die Tobacks-Pfeiffe dem Manne in den Halß hinunter geritzschet / welche aber doch über ein halb Jahr / und zwar nicht ohne Beschwerde / wieder hervor gebracht worden. vid. Paulini Philosoph. Feyer-Abend / Them. VII. p. 237.

Hieher gehöret auch das Exempel jenes einfältigen Schäfers / welcher durch seine unordentliche Tobacks-Begierde gar leicht um seinen [145] Halß kommen können / wenn nicht ein geschickter Advocat seine Sache so wohl geführet hätte. Es findet sich nehmlich ein Schäfer / dem es an Gelde zu Toback mangelt. Weil er sich nun auf einmahl für einen Pfennig oder Zweyer Toback zu kauffen gewohnet gewesen / so geräth er endlich auf die Gedancken / ob es nicht auch ihme angienge / wenn er sein Hirten-Zeichen auf ein Stückgen Kupffer machte / daß man solches für Pfennige annehmen möchte. Er bekommt demnach einen Kessel schneidet selbigen in runde Stückgen / in der Runde eines Pfenniges / und schläget ein Hirten Horn und einen Baum darauf. Als er nun auch ein Paar Stücke dem Tobacks-Krämer über bringet / nimmt er zwar dieselbe als Geld etliche mahl an / in Meynung / daß es vielleicht gangbare Pfennige seyn möchten / die ihm noch unbekannt wären. Weil ihm aber der Kerl zu mehrern mahlen kömmt / so fraget er ihn endlich /was denn dieses vor eine Art Pfennige wären / und wo er selbige herbrächte? Der Hirte antwortet ohne alles Bedencken / er machte solche selber / und hätte schon seinen halben Kessel damit verbrauchet / weil er sähe / daß man das Kupffer nicht besser als auf diese Weise an den Mann bringen könte. Hierauf wird der Hirte unter dieser seiner Bekäntniß eingezogen / [146] und in der Inquisition unter andern befraget: Ob er denn nicht wüste / daß die falschen Müntzer mit dem Feuer gestraffet und verbrannt wurden? Welches er denn sofort bejahet / daß ihm dieses zwar nicht unbekannt sey / er aber auch gewiß versichern könte / daß ihm niemahls in den Sinn gekommen / falsches Geld zu schlagen. Er hielte sich strafffällig / wenn er auf seine Stückgen Kessel eines andern Müntz-Herrn sein Cäpgen oder Müntz-Zeichen gemacht / und solches dafür ausgegeben hätte. Dessen keines aber würde man ihn iemahls überführen können. Nicht das erste / denn auf den Pfennigen quæstionis stünde sein Hirten-Zeichen; Auch das letztere nicht denn so bald ihn iemand gefraget / was das für Geld wäre / hätte er geantwortet /daß man aus dem Zeichen sehen könte / wie er als ein Hirte solches gemacht. Der Advocat, den er in seinerdefension gebraucht / ist beständig dabey geblieben /zur falschen Müntze würde erstlich ein crimen falsi, und sodann auch ein Mißbrauch und Nachschlag der Müntze eines andern Müntz-Herrn erfordert; Dahero man den Inquisitum so wenig als einen Rothgiesser straffen konte / wenn selbiger aus Meßing Rechen-Pfennige machte / und noch dazu selbige mit einem Gold-Firniß überzoge. Es kunte auch nicht anders[147] kommen / als daß das Verbrechen falscher Müntzen hier wegfiele / iedoch dieser eigennützige Einfall mit einer mäßigen Bestraffung angesehen wurde / weil doch der Inquisitus wohl gewust / daß der Tobacks-Krämer vor seinen Toback Geld und keine kupfferne Schau-Stücken einlösen wolle. vid. Ludwigs Einleitung zum teutschen Müntz Wesen mittler Zeiten /p. 58. sqq.

Angeführte Exempel werden gnug seyn zu erweisen / daß das übermäßige Tobackschmauchen ein überaus schändlich und schädliches Laster sey / und daß man dahero dem berühmten Theologo, D. Geyern / allerdings beyzupflichten habe / wenn selbiger Comment. in Proverb. XX. v. 1. p. 1017. das Tobacktrincken stultam fumi ex tabaco sectationem genennet / und unter diejenigen Mittel gerechnet / welche durch ihren Mißbrauch lose und wilde Leute machen.

In Betrachtung dessen haben unterschiedene berühmte Männer ihren gerechten Eyfer hierinnen spüren lassen / und in einigen hartklingenden expressionibus ihre Lands-Leute von dem allzuofftern Gebrauch des Tobacks abzumahnen gesuchet. Wie dennJacobus I. König in Engel- und Schottland / sein Misocapnum (in welchem Tractat er versuchet [148] durch richtige und artige argumenta das Tobackrauchen allen Menschen / absonderlich aber denen Engelländern verhäßig zu machen) also schliesset: Tandem igitur, o cives, si quis pudor, rem insanam abjicite, ortam ex ignominia, retentam errore, frequentatam stultitia: Unde & ira Numinis acceditur, dignitas gentis senescit domi, vilescit foris; rem visu turpem, olfactu insvavem, cerebro noxiam, pulmonibus damnosam, & si dicere liceat, atri fumi nebulis tartareos vapores proxime repræsentantem; welches auf Teutsch etwa so viel heissen möchte: Liebe Unterthanen / wenn ihr noch ein Füncklein Schaam bey euch habt / so werffet einmahl das unsinnige Ding von euch / welches aus Schimpff und Schande entstanden / aus Irrthum aufgenommen / aus Thorheit in Gewohnheit gebracht worden; Durch welches der Zorn GOttes entzündet / die Gesundheit verderbet / Haab und Gut vergeringert wird; Durch welches die Ehre unserer Nation bey uns selbst veraltet / und bey den Auswärtigen ins Abnehmen kömmt; Welches abscheulich anzusehen / unlieblich zu riechen / dem Gehirn schädlich /Lung und Leber höchst nachtheilig ist / und welches / wenn ich [149] teutsch reden darff / durch den schwartzneblichten Dampff den grätzlichen Hollen-Rauch auf das lebendigste vorstellet.

Fast gleiche Expressiones gebrauchet der bekanntePoilander von Sittewald / wenn er in seinen Satyrischen Gesichten Vis. VII. p.m. 515. dieses Laster also vorstellet: In währenden diesem Handel sahe ich unter der Versammlung einen Teufel / welcher einen ewigen Rauch zur Nase und dem Schnabel ausbliese. Was ist diesem Teufel? sprach ich / und wurde mir gesaget: Es wäre der Tobacks-Teufel / dessen ich mich nicht wenig verwunderte. Zwar hatte ich mir vor diesem wohl eingebildet / es möchte irgend ein Teufel seyn / der die Leute zum Tobacksauffen also triebe /


Weil er nur truncken macht und voll

Ohn alle Wollust närrisch, toll,

Und giebt von sich ein'n Teufels Rauch

Ohn eingen andern Nutz und Brauch.


Aber nimmermehr hätte ich fast glauben können daß es alles im Werck also wäre. Ich habe / sprach der Teufel / die Indianer redlich an den Spaniern gerochen wegen des Gewalts so sie ihnen angethan / denn indem ich den Spaniern den Toback in den Kopff gebracht / habe ich ihnen mehr geschadet / als der König in Spanien [150] mit allen seinen Columbis, Pizarris, Cortesiis, Alkmeiris und andern Tyrannen gethan hat. Denn es ja redlicher und verantwortlicher ist /unter den Waffen durch eine Kugel oder Piqve das Leben verlieren / als unter dem rauchenden Niesen /Blasen und Türmeln des gifftigen Tobacks. Wenn solches Unglück / sprach ich / nur bey denen Spaniern allein blieben wäre / so ließ ich es seyn / allein es ist auch bey denen nachäffenden Teutschen; also /


Daß, wenn sie sind gereiset aus,

Und kommen wieder heim nach Hauß,

Sie nichts, als von dem Teufels-Rauch

Und seinem Halß- und Hosen-Brauch

Zu sagen wissen, daß ich meyn,

Sie müssen all vom Teufel seyn.

Offt sitzen da, sauffen Toback,

Und habn nicht ein Stück Brodt im Sack.

Meynen, es sey ein Gravität,

Wenn der Rauch ein- der Dreck ausgeht:

Ich glaub, daß die Leut Narren sind,

Denn man Weiber und Bauren findt,

Die es nachthun. Darum zur Rach

Kömmt über uns Welsch Ungemach.


Die Toback-Säuffer sind doch eigentlich nur den besessenen Menschen zu vergleichen / welche man beschweret; Jedoch ob ihnen schon der gifftige Rauch und Gestanck zum Halß heraus fähret / bleiben sie doch nichts desto minder ohn Unterlaß mit dem Tobacks-Teufel besessen / [151] an dem sie abgöttischer Weise hangen / und rühmen denselben über Himmel und Erden / als ihren Gott / und trachten / wie sie jedermann zu gleicher Thorheit bereden mögen. Aber desto besser lernen sie also der Höllen Rauch gewohnen. Probatum & pronunciatum.

Nicht weniger hat ein ingenieuser Kopff in seinerErklärung der wunderseltsamen Land-Charten Utopiæ oder Schlaraffen-Landes das Laster des übermäßigen Tobackrauchens p. 193. sqq. in einer besondern Provintz mit unterschiedenen läppischen Städten / Flecken und Dörffern auf eine Satyrische Art vorgestellet und censiret. Er hat mit gutem Bedacht diese Insul mitten in das grosse Luder-Meer gesetzet /und das Königreich Bettelmannien und den Lumpen Sund derselben zu Gräntzen gestellet; Der Bier-Strohm / der Brandtewein und Meth sind der Einwohner gewöhnliche Flüsse / in welchen sie sich täglich baden / und wie die Säue drinnen herum schwimmen. Die Läuse müssen ihnen zur Jagd und Wildpret dienen. Die angenommene Grobheiten und heßliche Sitten machen / daß sie wie die Berge andern Leuten ins Gesichte kommen / und aller Welt zu einem abscheulichen Spectacul werden. In Summa / es ist dieses abscheuliche Leben / in welches eine nicht geringe [152] Anzahl der Menschen gerathen / allhier so entsetzlich und eckelhafft nicht fürgestellet / daß es nicht mit der That selbsten viel heßlicher und abscheulicher allenthalben angetroffen wird.

Es wird dem geneigten Leser nicht entgegen seyn /wenn wir zum Beschluß dieses Capitels annoch einen sonderbaren Leichen Conduct anführen / welchen etliche Boots Gesellen ihrem verstorbenen Schiffer von der Holländischen Flotte (als einem grossen Liebhaber des Tobacks) zu Ehren Anno 1695. auf der InsulBombaye in Ost-Indien folgender gestalt gehalten: Erstlich gieng einer / welcher einen langen rothen Flor oder Binde von dünnen Flaggen-Tuche auf dem Hut hatte / und wohl 6 Ellen lang hinter sich her schleppte; Diesem folgten 2 mit langen Tobacks-Pfeiffen rauchende im Munde / und dann 2. mit Flaschen vollArack oder Brandtewein / auch etliche mit Gläsern; Wiederum ihrer viere / welche einen grossen Stein auf einem Brete trugen / und die letzten alle mit rauchenden Tobacks Pfeiffen. Als sie an die Grabe-Städte kamen / redete dieser / so den Flor hatte / die andern also an: Manne, Brœders, jy weten, wel wat vor een fent steden begrafen is, he vermende hem een grooten Ruhm't: maken met desem, dat man hem in Indien Moy [153] Sibert jen naendte, maer dese, Menschen plaeger soude wel een ander Begrafnis hebben, maer scheint dat hem de See effe so min als de Boots-Leuten liden magh, en om dier Orfake wellen wie hem ök so versegeln, dat he niet weder opstan sal, want de Dieffel he scau dennok schlimmer macken, en darum legt hem de Liksten, de wie mede gebracht, worop de Diefel de Grabschrifft maken sall, en wie wellen ter Vregde eens trinke, en't: last sal noch een jeder een Steen op syn Graf schmitten, op dat het hem desto swarder sal vallen op te stan. Welches auf teutsch so viel heissen kan: Männer und Brüder / es ist euch gar wohl bekannt / was dieser Schiffer vor ein Holuncke gewesen / und wie er sich damit / daß man in Indien ihn den schönen Sibert nennte / was rechtes eingebildet /als ob nach seinem Tode dieses ein unsterblicher Nahme vor ihn seyn würde. Es hätte zwar dieser Menschen-Plager noch lange nicht so ein gut Begräbniß haben sollen / es scheinet aber / daß die See ihn eben so wenig als die Boots-Gesellen habe leiden wollen. Und damit er nicht etwa unverhofft wieder aufstehe / und uns noch arger plage / so wollen wir sein Grab so versiegeln / daß wir dessen [154] keine Sorge haben dürffen. Darum leget den Stein / so wir mit gebracht / auf sein Grab / und zu mehrer Gedächtniß schmeisse ein iedweder noch einen Stein darzu; Wir wollen zuletzt noch seine Gesundheit trincken / und ihn dem Teufel /der ihm seine Grabschrifft machen soll / lassen befohlen seyn. Darauf gieng es an ein Sauffen und zu letzt schmiessen sie noch alle Gläser und Tobacks Pfeiffen auf dem Grabe in Stücken / und dieses war also das Begräbniß. vid. Langhansens Ost Ind. Reise. p. 487. seqq.

Cap. VII. Von mancherley Unglücks-Fällen - welche durch unvorsichtigen Gebrauch des Tobacks verursachet worden

Cap. VII.

Von mancherley Unglücks-Fällen / welche durch unvorsichtigen Gebrauch des Tobacks verursachet worden / und wie dahero derselbe an manchen Orten scharff verbothen.

Obschon der Toback als eine indifferente Sache an sich selbst nicht verwerfflich / sondern einem jeden ohne Unterscheid vergönnet ist; so ist doch auch gewiß daß dessen Gebrauche von der höchsten Obrigkeit wo es des gemeinen Wesens Wohlfarth erfordert /gewisse [155] Maaß und Ziel gesetzet werden könne. Daher haben sich auch jederzeit hohe Häupter und Obrigkeitliche Personen gefunden / welche / wenn sie die in der Republiqve durch den Gebrauch des Tobacks bißweilen entstehende schädliche Unordnungen genau eingesehen / und sich um remedirung derselben bekümmert / entweder gewisse Mandata publiciret /daß man den Toback nicht an ungeziemenden Orten und auf gefährliche Art rauchen solle / oder auch den Toback gäntzlich wiederrathen und mit ernsten Straffen verbothen. Die vornehmste Ursache aber / welche Obrigkeitliche Personen zu gäntzlicher Untersagung des Tobacks veranlasset / mag wohl hauptsächlich diese seyn / weil durch dessen unvorsichtigen Gebrauch viele und erschreckliche Feuers Brünste hin und wieder verursachet worden. Wir könnten von dergleichen Unglücks-Fällen viele Exempel anführen /wenn es nöthig wäre. Wir wollen uns aber nur mit diesen wenigen begnügen lassen / und den curieusen Leser in die vielen mit sonderlichen Fleisse und accuratesse ausgearbeiteten historischen Bücher zu mehrern contentement verweisen.

Anno 1642. den 26. Aug. verdarb durch Tobackschmauchen zu Görlitz das Niclas-Viertel / die Kirche / Thurm / und also in die hundert [156] Häuser im Feuer /und eine Kirschnerin wurd samt ihrer Magd von dem Dampff ersticket. Misanders Theatr. Trag. p. 279.

Anno 1668. wurde durch das Tobackschmauchen in der Käyserlichen Burg zu Wien eine grosse Feuers-Brunst verursachet. Ernsts Delit. Histor. p. 806.

Zu Coppenhagen hat Anno 1680. ein Schneider auf einem Schiffe mit dem Toback ein groß Unglück angerichtet; denn als er die Tobacks-Pfeiffe ausgeklopffet / sind die Kohlen und Asche in die Pulver-Kammer kommen / dadurch das Schiff samt 25. Personen in die Lufft gesprenget worden. Misand. Theatr. Tragic. p. 279.

Anno 1680. wurde bey Colombo einer Stadt in Ost-Indien ein groß Unglück durch Tobackrauchen verursachet: Es kam daselbst ein Schiff aus Holland über Batavia eine halbe Stunde weit von der Stadt auf die Ree vor Ancker / und brachte Holländisch Pulver vor die Stadt mit. Als nun 3. Bothen mit 80. Tonnen Faß davon geladen / nahe bey Land waren / daß sie eben solten ausgetragen werden / stunde eines Bothmanns Junge mit einer Pfeiffe Toback in dem Munde dabey; Der Bothmann diß ersehend / gab den Jungen eine Ohrfeige / daß er die Pfeiffe in den einen Both /[157] da ein wenig Pulver gestreuet lag / fallen ließ / davon so gleich der eine Both in die Lufft flog / und die andern zwey auch anzündete / dadurch nicht allein die darauf sich befindende Holländer biß auf einen / sondern auch die unweit davon auf dem Lande stehende schwartze und weisse Menschen über hundert in die Lufft geschlagen wurden. Der jenige / so sein Leben unter diesen allen allein rettete / war ein Boths Geselle / Nahmens Jan Frick / von Gauda in Holland gebürtig / welcher nachgehends Bürger in Colombo worden / und sich mit Tobacks Pfeiffenmachen wohl fortgebracht; Dieser / so bald er hörete / daß es in dem einen Both anfieng zu krachen / sprang so gleich aus dem Both / darinnen er sich befand / in das Wasser / und bliebe so lange unter / biß die Gefahr vorbey welcher hernach dieses Unglück allein zu erzehlen wuste. Schweitzers Ost-Indische Reise / p. 122.

Anno 1693. ist zu Turin durch Verwahrlosung der Schildwach / so Toback getruncken / auf dem Bollwercke della consolata in 2. Pulver-Fäßgen Feuer kommen / wodurch selbiges mit der Schildwache in die Lufft geflogen / und noch 4. andere Personen blessiret worden. Misand. Theatr.Tragic. p. 279.

In denen Hamburger-Zeitungen wurde Anno 1715.No. 136. aus der Schweitz vom 15. [158] Aug. geschrieben: In der Nacht vom 11. biß auf den 12ten dieses hatte ein Haffner in Bertand / einer kleinen Stadt zum Canton Bern gehörig / und 4. Meilen davon gelegen / eine gute Freunde bey sich / welche biß in die späte Nacht Toback gerauchet / und es mit dem Feuer versehen /so / daß nicht allein das Hauß / sondern auch die gantze Unter-Stadt / weil jedermann im ersten und besten Schlaff gewesen / in die völligen Flammen gerathen / und die Einwohner kaum das Leben kümmerlich salviren können: Massen in der gantzen Unter-Stadt nur 7. oder 8. Häuser stehen blieben / zumahlen da die Häuser mehrentheils von lauter Holtz gebauet und viele Ställe und Scheuren für die Land-Leute gehabt / welche alle mit Stroh und Heu starck angefüllet waren. Es ist bey diesem grossen Unglück eine grosse Menge an Pferden / Ochsen und andern kleinen Vieh verbrennet / von Menschen aber sind wenige umkommen.

In denen Leipziger Post Zeitungen wurde in dem 4ten Stück der 51. Wochen des 1717den Jahres von Halberstadt gemeldet / es habe den 13. Dec. Nachmittags das eine halbe Meile von Halberstadt gelegene schöne und grosse Dom-Probstey-Dorff Harsleben das Unglück betroffen / daß durch verwahrlosung eines Treschers / so Toback in der Scheune gerauchet / [159] solches fast gantz im Brand auffgegangen. Die Garnison in Halberstadt / so alsobald dahin commandiret worden / habe viel bey getragen / daß die Kirche und Amt-Hauß noch erhalten worden. Sonst sey alles totaliter ruiniret / und wären über 200. Häuser in die Asche geleget worden.

Absonderlich ist die Stadt Constantinopel dergleichen Unglücks-Fällen zu unterschiedenen mahlen unterworffen gewesen / da nehmlich einige / welche entweder unter dem Tobackschmauchen eingeschlaffen /oder sonst auf andere Art mit einem Fünckgen glimmender Tobacks-Aschen leichtlich brennenden Materien zu nahe kommen / erschreckliche Feuers-Brünste und abscheuliche Verwüstungen angerichtet. Daher auch die Türckischen Käyser öffters den Toback mit Nachdruck und ernsten Straffen verboten; Wie denn Käyser Murath einesmahls den Gebrauch des Tobacks sehr scharff untersaget / der gestalt / daß er allen möglichen Fleiß angewendet um dahinter zukommen / wer Toback schmauchte oder verkauffte. Einsmahls ließ er einem die Pfeiffe durch die Nase stecken; Einen andern ließ er an einen von Toback gemachten Strick aufhencken / und wolte er keinem eintzigen / der bey Toback ertappet wurde / pardon geben. Happel. Relat. Cur. T. I. p.m. 549. Ja es versichert [160] Ze ilerus in seinem Hand-Buch Part. 2. p. 102. daß, als dieser Käyser einsmahls seine Mutter über dem Toback trincken ertappete, er die Hand an Sebel gelegt, und sie umzubringen gedrohet. Er gieng selber verkleideter weise an die Oerter / davon man ihm sagte, daß daselbst Toback verkauffet würde / und wenn er endlich nach Anerbietung etlicher Ducaten, und Verheissung, es keinem Menschen zu offenbahren, ein Stück Toback bekommen hatte / so zuckte er Augenblicks seinen Sebel, und schlug dem Verkauffer so gleich den Kopff hinweg. Man erzehlet dißfalls eine lustige Geschicht, welche in dergleichen affaire mit diesem Käyser passiret: Als einsmahls berührter Sultan Murath zu Scutari (so eine Constantinopolitanische Vorstadt ist) verkleidet gewesen, hat er sich in eine Barqve gesetzet, um darinn nach der Stadt zu fahren; Es befand sich unter vielen andern auch einSpahi aus Natolien mit darinn, welcher nach Constantinopel gieng seinen Sold zu holen. Kaum hatte er sich nieder gelassen, da zündete er seine Pfeiffe an, und rauchte Toback, und unterstunde sich niemand ihm dißfalls ein Wort zuzusprechen / als allein der verkleidete Sultan, welcher zu dem Spahi trat und sprach: Ob er sich nicht fürchtete, daß dieses dem Groß-Herrn, der den Toback so streng verbothē hätte, zu Ohren kommen möchte? Dieser gab ihm einen trotzigen Bescheid, nehmlich: der Groß-Türck hätte gut sagen, er könnte sich im Serrail mit seinen Weibern und Jungfern nach eigenem [161] Belieben erlustigen, und möchte sich satt sauffen, so offt es ihm beliebte; Was hergegen ihn (den Spahi) anlangete, so hätte er nichts als Mühe und lauter Verdruß, der Toback wäre sein Brod, und der Groß-Herr konnte ihm denselben nicht verbiethen. Endlich fragte er ihn, ob er Lust hätte, auch eine Pfeiffe zu versuchen? Der Käyser sagte ihm heimlich ins Ohr, ja; und als er eine Pfeiffe von ihm bekommen, verbarg er sich in einen Winckel der Barqve und rauchte mit einer solchen Vorsichtigkeit, als wenn er besorgte, er möchte von jemand ertappet werden. Als sie nun zu Constantinopel angelanget waren, giengen sie beyde in eine Saiqve sitzen, um nach Galata über zufahren, woselbst sie, wie einer zum andern sagte, alle beyde etwas zu verrichten hätten. Nachdem sie an besagten Orte an Land getreten waren, nöthigte der Sultan den Spahi, mit ihm einen Trunck Wein zu thun, an einem Orte, wo er wuste, daß ein guter Trunck zubekommen wäre. Also bald willigte jener drein, worauf ihn der Fürst dahin führete da seine Leute seiner warteten (denn wenn sich die Groß-Herren verkleiden, so bestellen sie ihre Leute an einen gewissen Ort, um parat zu seyn.) Und als er so nahe zu denenselben kommen war, daß man seine Stimme hören konte, unternahm er sich, vermöge seiner grossen Leibes-Kräffte, den Spahi selber zu fangen zu welchem Ende er ihn bey dem Halß ergriff. Der Spahi war hierüber gewaltig entsetzt, und wenn er sich erinnerte, gehört zu haben, daß Sultan [162] Murath gar offtmahls verkleidet in der Stadt umher gieng, auf das Thun seiner Unterthanen Achtung zu haben, so zweifelte er länger nicht daran, daß dieser der Sultan wäre. Weil er nun alsobald die Rechnung machte, er wäre doch ein Mann des Todes, so ergriff er seinen Pusikan oder Kolben den er im Gürtel führte, und gab dem Sultan einen solchen Streich auf die Lenden, daß er zur Erden stürtzte, und salvirte sich mit der Flucht. Der Sultan, der fast von Sinnen kommen wolte, weil ihm sein Anschlag mißlungen war, ließ öffentlich ausruffen, daß er denjenigen, so ihm diesen Streich gegeben, vor einen praven Mann hielte, und daß er demselben, so er sich angeben würde, eine ansehnliche Verehrung zuwerffen wolte. Aber der Spahi wolte diesen Worten nicht trauen, sondern blieb aus, und achtete es besser zu seyn, die Vergeltung des grossen Herrn zu entbehren, als sein Leben in eine solche augenscheinliche Gefahr zu stürtzen. vid. Happel. Relat. Curios. Tom. I. p.m. 550.

Nicht weniger ließ sich Käyser Ibrahim angelegen seyn, den Gebrauch des Tobacks ernstlich zu straffen, welches absonderlich aus folgender Historie erhellet:Anno 1640. war zu Constantinopel eine reiche und fürtreffliche Türckische Dame, welcher kein Türck wie ansehnlich / vermögend und groß er auch war, gefallen wolte ungeachtet sich viel grosse Herren angaben / sie zu heyrathen, biß endlich des Käyserlichen Stadthalters in Egypten Sohn um sie freyte, der sie auch gehoben. Die Hochzeit ward nach [163] Türckischen Gebrauch mit trefflichen Gepränge angestellet und hat des Bräutigams Vater bey seiner Ankunfft / dem Käyser zwey Säcke verehret da jeglicher eines Mannes hoch, und einer mit Golde, der andere aber mit Silber angefüllet gewesen. Mitten in der Hochzeit / da die Gäste am lustigsten waren fieng der Bräutigam überlaut an zu ruffen: Es ist alles, nehmlich Essens und Trinckens genug, aber eine Pfeiffe Toback mangelt uns. Es war aber der Toback in der Stadt Constantinopel denen Türcken bey Leib- und Lebens-Straffe verbothen. Der Vater diese seines Sohnes Rede hörend, antwortete: Sohn, ich habe dem Käyser genug verehret, ihr möget wohl Toback trincken. Haben derowegen den besten Toback u. die längsten Pfeiffen /so in Constantinopel zu bekommen waren, holen lassen, und verfügten sich 6. oder 7. Personen in einen besondern Saal daselbst den Toback zu gebrauchen; Als nun diese in der Arbeit am emsigsten waren, fügte sichs, daß des Käysers Gevollmächtigter vorüber gehet / welcher, so bald er den Geruch empfindet, in das Hauß eintritt und fraget: Wer Toback rauche? Man antwortete: Wir, denn wir haben dem Käyser wohl so viel gegeben, daß er uns zulassen kan Toback zu trincken. Aber der Mann wolte mit dieser Antwort nicht zufrieden seyn, sondern begehrte, sie solten sich gefangen geben. Hierauf bothe man ihm 200. Ducaten / daß er schweigen solte, wo nicht, so berufften sie sich auf den Käyser. Der Stadt Voigt verachtete [164] das Geld, gieng gleich hin, und erzehlet es dem Käyser, was vorgegangen. Dieser gab alsbald Befehl, des Bräutigams Vater in des Hauses Thür, in welchem die Hochzeit wäre, aufzuhencken, welches auch ohne Verzug geschahe. Ernsts Confect-Tafel, Them. VII.p. 37.

Käyser Mahometh IV. ist gleicher gestalt, damahln als der Herr von Thevenot sich vor wenig Jahren zu Constantinopel aufgehalten, in gemeiner Kleidung umher gewandelt, wie wohl er allezeit etliche gehabt, die ihm auf dem Fuß gefolget sind, und ist unter denselben ein Büttel gewesen, der bißweilen auff des Käysers Befehl, so wohl zu Constantinopel als zu Galata im Fortgehen diesem oder jenem den Kopff herunter schlug, welches auch die Ursache war, daß in allen gute Ordnung unterhalten wurde. Es geschahe aber fürnehmlich um des Tobackrauchens willen, daß er ihrer viele ließ köpffen, gleichwie er unter andern auf einen Tag zu Constantinopel zween / welche Toback rauchten, auf stehenden Fuß, und an denen jenigen Orten, da man sie in des Käysers Verbot ertappet hatte, solcher gestalt in den Tod schickte. Etliche Tage vorhero hatte er das Verbot des Tobacks abkündigen lassen, dieweil, wie man sagte, da er durch die Strassen gieng, etliche Türcken daselbst mit der Tobacks-Pfeiffen in dem Munde bey einander gesessen und gesprachet, ihm der Tobacks-Rauch in die Nasen geflogen war. Aber Thevenot glaubet, er habe ihn verboten, um seinem Vetter, dem Sultan [165] Murath, darinne nachzufolgen, dem er wegen löbl. Regierung in allen Dingen nachzuäffen bemühet gewesen. vid. Happel. Relat. Cur. Tom. I. p.m. 549.

Der Tobacks-Pacht bringet der Königl. Cammer in Persien jährlich ein grosses ein, wie oben cap. 5. erwehnet worden. Dem ungeachtet geschiehet es doch bißweilen, daß das Tobackrauchen daselbst sehr scharff verboten wird. Als einsmahls der Persische König Abas in seinem gantzen Lager das Tobacktrincken verboten, hat er sogleich einige ausgeschicket, um zu forschen, wo etwan ein Tobacks-Geruch zu verspühren; Welcher nun in Uberschreitung dieses Verbots ist ertappet worden, dem sind Nasen und Lippen abgeschnitten worden. Ein Persianischer Kauffmann, welcher unwissend dieses Verbots mit 9 Ballen Toback ins Lager kommen, in Meynung Geld zu lösen, hat darüber sein Leben verliehren müssen. Denn als der König solches erfahren, hat er den Tobacks-Krämer samt dem Toback auf einen Holtz- Hauffen werffen und verbrennen lassen. Ex Ad. Olearii Pers. Reise-Beschreib. Lib. V. cap. 31 p. 645 ref Ernst in Delic. Historic. p. 741. Als Schach Sefi eben dergleichen Verbot ergehen lassen, dem ungeachtet aber seine Spione 2. reiche Indianische Kauff-Leute in der Indianischen Caravana heimlich Toback rauchen sehen, sind sie bald angegeben worden, und hat der Schach das Urtheil selbst gefället, man solte ihnen geschmoltzen Bley in den Halß giessen. Zwen reiche Benjanen haben dem Schach 2000 Tomans vor die Gefangene angeboten, welcher aber dem Officierer, so solches vorgebracht, folgende Antwort gegeben: Glauben denn die Indianischen Hunde, daß ich das Recht ihnen zu Gefallen um des Geldes Willen brechen werde? Happel. Relat. Cur. Tom. I. p. 583.

Was bißhero in Moscau vor erschreckliche Feuers-Brünste durch unvorsichtigen Gebrauch des Tobacks entstanden, hat man nicht ohne Entsetzen vernommen; Man hat sich eben nicht auch sonderlich zu verwundern, daß die einmahl angegangenen Feuer-Flammen daselbst so weit um sich greiffen, weil die Moscowiter ihre Häuser meistens von Holtz oder andern dergleichen Materialien bauen, die leicht der Feuers-Gefahr unterworffen seyn. Und eben dieses ist die Ursache, [166] daß der Toback vormahls auch daselbst verboten gewesen, so gar, daß der Gebrauch desselben und der Diebstahl mit gleicher Straffe beleget worden, wie in der Apologie pro Johanne Basilide II. erwehnet wird. Man hat A. 1634. wider die Verbrecher mit Nasen-Aufschlitzen und Staupen-Schlägen verfahren. Ernste Delic. Hist. p.m. 804. & Berckenmeyers Antiquar. P. I. cap. 17. p. 688. In eben diesem Jahre sind in der Stadt Moscau 8. Männer und 1. Frau, welche wider des Czaaren Verboth Toback verkauffet hatten, mit ledernen Peitschen dermassen gegeisselt worden, daß sie ausgesehen wie geschundene Bestien, sintemahl man an ihrer Haut nicht eine Stelle eines Fingers breit gefunden, welche unversehrt gewesen. Happel. Relat. Cur. T. I. p. 557. Gleichergestalt hat der Patriarch in Moscau einsmahls einen Kauffmann, der das Recht den Tobacks Handel zu führen, mit jährlichen 15000 Rubelen erkaufft, mit seiner gantzen Familie in den Bann gethan. Ex Itiner. Dn. de Guarient & Rall der Neubestellte Agent Fonct. III. Dep. 7. p. 556. Und obwohl der Gebrauch desselben durch Ihro ietztregierende Czaar Majest. Peter Alexowiz. daselbst völlig wiederum eingeführet, so ist er doch denen Priestern absonderlich dermassen verhasset, daß sie ihn bißdato vor eine unreine und unheilige Sache halten, wie denn auch kein Priester daselbst in ein Zimmer gehet, wo Toback gerauchet wird. vid. Perry Staat von Rußland, p. 263.

Von Engelland erzehlet Becmannus Geograph. cap. 5. §. 4. daß vor einigen Jahren im Hertzogthum Glocester den Toback zu bauen durch Königl. edicta verbothen sey, da er doch daselbst so herrlich wäre gezeuget worden; Er versichert, er habe selbst dieexecution gesehen, als die Leute ihn dennoch gepflantzet, daß einige Reiterey auf dieser Leute Aeckercommandiret worden, die alles Kraut haben durch Herumtummeln der Pferde und Zertretung desselbenruiniren müssen; wiewohl hier die Ursache sich hören lässet, weil die Handlung des ausländischen Tobacks dürffte Schaden leiden.

In unsern teutschen Landen hat man zwar auch bißweilen von einigen schädlichen Feuers Brünsten gehöret, welche durch unvorsichtigen Gebrauch des Tobacks verursachet worden [167] doch sind dieselben GOtt Lob! niemahls so gefährlich gewesen, daß Obrigkeitliche Personen sich daher genöthiget gefunden, den Toback gäntzlich zu untersagen. GOtt wende fernerhin dergleichen und andere gefährliche Unglücks-Fälle in Gnaden von uns ab, und gönne uns den Genuß der zu unserm Unterhalt bestimmten zeitlichen Güter in guter Ruhe und Zufriedenheit! Er bewahre absonderlich unsere Sinne und Verstand, daß wir durch den Mißbrauch derselben unsere Gewissen nicht verletzen, und den brennenden Zorn des Allerhöchsten nicht anzünden, so werden wir den Ruhm unserer teutschen Nation auf unsere späte Nachkommen bringen, und denselben unverändert behalten biß an der Welt


ENDE! [168]

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2011). Anonym. Prosa. Das beliebte und gelobte Kraeutlein Toback. Das beliebte und gelobte Kraeutlein Toback. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-DF7B-6