380. Die Königstochter

In Oberhessen ist ein Berg gelegen, heißt der Christenberg, darauf stand vorzeiten ein Schloß, darin ein König wohnte, welcher nur eine einzige Tochter hatte, welche wundersam begabt war. Dieser König hatte einen Feind, welcher mit Heeresmacht kam und ihn in seinem Schlosse belagerte. Eines Tages blickte die Tochter hinaus, da sahe sie einen Wald sich gegen das Schloß bewegen und rief:


Vater, gebt Euch gefangen!

Der grüne Wald kommt gegangen!


Nun hieß aber auch der Feind des belagerten Königs Grünewald, und so hatte der Tochter Rede einen Doppelsinn. Da sie nun so klug und verständig war, sandte ihr Vater sie dem Feinde entgegen, damit sie mit ihm unterhandle. Und da unterhandelte sie, daß sie freien Abzug haben solle und mitnehmen, soviel sie auf einem Esel fortbringen könne. Darauf setzte sie ihren Vater auf den Esel, packte dem letztern auch noch nebenbei ein Ziemliches an Schätzen auf und zog von dannen, indem sie den Esel leitete. Als sie eine gute Strecke so fortgegangen war, war sie müde und der Esel noch mehr, da hielt sie an einer hübschen Stelle an und sprach: Hier wolle mer ruhen. Als sie nun geruht hatten und weiterkamen, erreichten sie durch Wildnisse das Gebirge und fanden einen Flecken. Da sagte die Tochter: Hier hat's Feld! – Und sind allda geblieben und haben sich ein Schloß gebaut und haben das Hatzfeld genannt, und von jenem Ort der Rast empfing das Dorf Wollmar den Namen.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2011). Bechstein, Ludwig. Sagen. Deutsches Sagenbuch. 380. Die Königstochter. 380. Die Königstochter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-2524-F