[Wie sich auch die Zeit will wenden, enden]

Wie sich auch die Zeit will wenden, enden
Will sich nimmer doch die Ferne,
Freude mag der Mai mir spenden, senden
Möcht' Dir alles gerne, weil ich Freude mir erlerne,
Wenn Du mit gefaltnen Händen
Freudig hebst der Augen Sterne.
Alle Blumen mich nicht grüßen, süßen
Gruß nehm' ich von Deinem Munde.
Was nicht blühet Dir zu Füßen, büßen
Muß es bald zur Stunde, eher ich auch nicht gesunde,
Bis Du mir mit frohen Küssen
Bringest meines Frühlings Kunde.
Wen die Abendlüfte wehen, sehen
Mich die lieben Vöglein kleine
Traurig an der Linde stehen, spähen
Wen ich wohl so ernstlich meine, daß ich helle Tränen weine,
Wollen auch nicht schlafen gehen,
Denn sonst wär' ich ganz alleine.
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Vöglein euch mag's nicht gelingen, klingen
Darf es nur von ihrem Sange,
Wie des Maies Wonneschlingen, singen
Alles ein in neuem Zwange; aber daß ich Dein verlange
Und Du mein, mußt Du auch singen,
Ach das ist schon ewig lange.

Notes
Entstanden 1802. Erstdruck 1844.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Brentano, Clemens. [Wie sich auch die Zeit will wenden, enden]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-3F51-9