Bei Christian Grafen von Stolbergs Tod zu St. Amand, in der Schlacht de la belle Alliance, den 19. Juni 1815

Der Krieg zog aus, zu kaufen
Ein ungewisses Los,
Und wirft zu ganzen Haufen
Dem Sieg die höchsten Güter in den Schoß.
In freudigem Vertrauen
Kränzt sich, wer übrig blieb,
Und ich muß niederschauen,
Denn Einer sank, er war den Besten lieb.
Du Spiegel aller Güte,
Du frommes Jugendblut,
Du sankst, du Adelsblüte,
Mein Stolberg, o wir waren dir so gut.
So stark, so frei, so tüchtig,
So kindlich, freudig, fromm,
[320]
So mutig und so züchtig,
Mein Stolberg war im Himmel recht willkomm.
Sagt! wer verdient zu siegen,
Wer gilt so hohen Preis,
Wenn solche Opfer liegen
Zu des Triumphes blut'gem Ehrengleis.
Drum horcht, ihr Siegesmeister,
Wenn man die Fahne schwingt,
Drin rauschen edle Geister,
Die keine Lügenkunst je wiederbringt.
Wißt, daß ein Tag muß kommen
In Volks-, in Gotteskraft,
Wo Rechnung wird genommen
Für alle, die der Sieg hat hingerafft.
Der Braunschweig ist gestorben,
Der hat sich ausgelöst
Rechtfertigung erworben,
Von allen Fürstenschulden sich entblößt.
Es stirbt durch Rosses Hufen
Kein Hälmlein in dem Feld,
Daß, der den Reuter gerufen,
Nicht werde drum in das Gericht gestellt.
Die Saaten sollt ihr hüten,
Die frommes Blut getränkt,
Dem Vaterland vergüten,
Das Leben, das der Opfernde ihm schenkt.
Nur darum ist gefallen
Stolberg aus freiem Mut,
Daß den Gerechten allen
Sein freies teutsches Leben komm zu gut.
[321]
Dies ist der letzte Willen
Bei jedes Helden Tod,
Und diesen zu erfüllen,
Das tut euch Fürsten, und dir Teutschland not.
Mit seines Vaters Segen
Und mit dem Kuß der Braut,
Und mit dem teutschen Degen
Hat seinen ganzen Schatz er Gott vertraut.
Der hat ihn hingenommen
Aus dieser wilden Welt,
Den Starken, Reinen, Frommen
Dort bessern Kampfes Siegern zugesellt.
So ihr den Sieg nicht ehret
Den solches Blut erkauft,
So ihr zum Bösen kehret
Den Sieg, den solcher Unschuld Blut getauft,
Dann sterbt für Volkes Taten,
Die ihr im Wappen tragt,
Den Tod der Diplomaten,
Die um verhaltnen Lohn solch Blut anklagt.
O Gott im Himmelreiche
Erleuchte unsre Herrn,
Daß unsre Ernde gleiche
Der Saat, dann fielen unsre Lieben gern.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Brentano, Clemens. Gedichte. Ausgewählte Gedichte. Bei Christian Grafen von Stolbergs Tod zu St. Amand. Bei Christian Grafen von Stolbergs Tod zu St. Amand. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-40AE-1