[Wie du sollst in Schönheit wallen]

Wie du sollst in Schönheit wallen
Und dem Herrn doch wohlgefallen?
Frag die Wiesenblümelein
Die nicht ihrer Schönheit denken,
Sich der Sonne heben, senken,
Einsam duften und allein,
Wo sie sproßten, in dem Garten
Ruhig auch den Tod erwarten
Ihrer Schönheit ew'gen Samen
Gottes Lüften gern vertrauen
Freudig sterben und nicht schauen
Wo der Herr sie aus will säen in Gottes Namen.
Nichts vergehet, nichts entstehet
Alles ist unendlich da
Doch die armen Augen taugen
Nur den Tod zu sehn.
Dichter, du sollst eingestehn,
Daß die Rose, die verblichen
Du der Sterblichkeit verglichen,
Eh' sie war, und da sie glühte,
Und nachdem sie längst verblühte,
Daß die Rose eh und je
Die ich hier erblassen seh',
Ewiglich in Gott florieret
Und wer dieses recht verstehet
Triumphieret:
Nichts vergehet, nichts entstehet,
Alles ist unendlich da!
28. Febr. 1815
im letzten Jahr der Poesie
und im ersten und schlechtesten der Architektur.

Notes
Erste Fassung, entstanden 1815. Erstdruck 1923. Zweite Fassung, entstanden 1815. Erstdruck 1875.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Brentano, Clemens. [Wie du sollst in Schönheit wallen]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-4105-6