[105] Der Frosch

Indem ich nun an diesem schönen Ort
Beständig neue Wunder sehe;
Erheb' ich mich von meinem Sitz', und gehe
Mit sanften Schritten weiter fort,
Worauf ich bald hernach,
In einem nah' gelegnen Bach,
Ein nicht unangenehm Gewächse
Geschwätziger und froher Frösche,
Mit ungemeinen Freuden, hörte,
Das, ob es gleich die Stille unterbrach,
Mich dennoch nicht in meinem Dencken stöhrte.
Ich dachte dem verwirreten Geschrey
Ein wenig nach,
Und fand, daß es nicht einerley,
Wohl aber sehr verschiedlich, sey.
Der eine quackt, viel hundert quarren.
Hier murret einer sanft, wenn dorten tausend knarren.
Wreckeckeckecks schreyt der, dort einer: merck' es, merck's.
Merk's, schrieen ihrer viel'. Ich stutzte. Ruffest du,
Sprach ich, o kleiner Frosch, dem Menschen: merck' es, zu?
Gewißlich, du hast recht: man macht so wenig Wercks
Von aller Pracht und Schönheit, so die Welt,
Zumahl im Frühling', in sich hält,
Von allen göttlichen Geschöpf- und Wunder-Wercken;
Daß wir nicht aufs Geschöpf, nicht auf den Schöpfer, mercken;
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Daß man kaum einst daran gedencket,
Sich ihrer nicht erfreut, noch weniger auf Den,
Der aller Dinge HERR, den Allgewaltigen,
Der alles Herrliche geschaffen und uns schencket,
Nebst einem frohen Danck, die frohe Seele lencket.
Ach! möchte man doch einst, daß dieses Sünde, fassen,
Und sich so gar vom Frosch daran erinnern lassen!
Aufs wenigste will ich, bist du gleich noch so klein,
Beredter Frosch, dein aufmercksamer Hörer,
Du sollst, so oft du ruff'st, mein Lehrer,
Dein merck's soll meine Lehre, seyn!

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TextGrid Repository (2012). Brockes, Barthold Heinrich. Gedichte. Irdisches Vergnügen in Gott. Der Frosch. Der Frosch. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-4416-2