[229] 79. Das Mümmelchen.

Ein allemannisches Märlein von Aloys Schreiber.


Obe uf de Hornesgründe isch e' See, de mer de Mummelsee heißt; denn vor Zite hen Mümmele oder Seewible drin g'wuhnt. E' junger Hirt het mengmol in der Näh si Küeh un Schof g'hüet un e' Liedli g'sunge. 'S isch e' sufrer Bue g'si, mit gele, kruse Hore un eme G'sichtle wie Milch un Bluet. E' mol, gege Obed, do kummt e' Junfrau zu em, ime grüne G'wand, un über de Zöpfe het se en Schleier trage. D' Junfrau setzt si zu em Hirte un seit: »'S isch do guet lenze; 's Moos isch weich, un 's weiht e' küel Lüftli us de Tanne her.«

Der Hirt het nit 's Herz, ebbes z' antworte; so e' schüns Frauebild het er si Lebti nit g'sehne, un's wurd em fascht wunderli z' Sinn. Do gukt se en an mit ihre große, schwarze Aue un mit ihrem Mündle, wie Griese so roth, un seit: »Mögscht mer nit e' Liedle singe? do hobe hört mer niks as d'wilde Waldvögel.«

Em Hirt isch's just nit singerie g'si, aber er het do ang'fange:


»Es schwimmt e' Rösli, so wiß wie Schnee,

Gar lusti dört uf em schwarze See,

Doch gückelt numme e' Sternle runter,

So duckt's au gli si Köpfle unter.«


Witer het er nit singe künne; denn 's Mümmele het en ang'schaut mit eme Paar Aue, der Schnee uf de Gründe wär schu im Merze dervun g'schmolze. Wenn mer aber Fir zuem Strau thuet, so brennt's, un mit em Lösche isch's so e' Sach. Kurz un guet, der Hirt verplempert si in's Seewibel, un si isch au nit vun Stahl un Ise g'si.

Aber alles in Ehre! Se hen kurzwilt un Narrethei triebe, un am End isch der Hirt kek wore, un het em Mümmele e' Schmüzle gen, un se het em seldrum d' Aue nit uskrazt. Bim [230] Abschied aber het se zu em g'seit: »Wenn i au e' mol nit kumm, se blib mer vum See weg, un rief mer nit.«

E' Zit lang isch's so gange, un der Hirt het g'meint, der Himmel wer jetzt allewil klor bliebe, aber hinter em isch e' gar schwarze Wolk ufg'stiege. E' mol loßt si mi Mümmele zwin Tag mit keim Au mer sehne, un do isch's em Hirte winne un weh wore. Z'letscht kann er's nimm ushalte un lauft an de See: do guke en d' Seerösle an, as wenn se Mitlid mit em hätte; er merkt's aber nit und rieft d' Junfrau bim Namme. Uf eimol wurd 's Waßer unruehig, un us'm See kummt e' Zeterg'schrei, un er färbt si mit Bluet. De Hirte wandelt e' Grusen an – er lauft in d' Berri ni, wie wenn en e' Geischt jage thät, un vun de Zit an het me niks meh vun em g'sehne no g'hört.

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TextGrid Repository (2012). Colshorn, Carl und Theodor. Märchen und Sagen. Märchen und Sagen aus Hannover. 79. Das Mümmelchen. 79. Das Mümmelchen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-571E-C