Reinhold Nauwerck und Barbara Witpahl

1643. 23. Wintermonat.


Ey noch eins, jhr Heyraht-Seiten!
Vor den lieben Newjahrs-Zeiten
Singet jhr mir doch nicht mehr.
Fort! jhr thut nichts vngebehten,
Was in diesen dreyen Städten
Tugend liebt, gibt euch Gehör.
Preussen wird nicht von euch schweigen,
Meiner wol-bespielten Geigen
Wartet keine Grabes-Noht,
Legt' ich mich gleich heute nieder.
Der Poeten weisen Lieder
Reissen durch Welt, Zeit vnd Todt.
[122]
Ich bin da hinauff gestiegen,
Wo kein Neid mir nach kan fliegen,
Vnd verlach' es allermeist,
Wenn sich Mißgunst lässet blicken,
Vnd wo hinter meinem Rücken
Ihr vergifftes Maul zerreisst.
Braut vnd Bräutgam, seyd gewogen!
Euch zu Ehren spielt mein Bogen
Fast ohn zuthun meiner Handt.
Baß ist nie mein Reym geflossen,
Durch vnd durch werd ich begossen
Durch Parnassus reichen Strandt.
Fernt mich von den Midas Kindern,
Die den Lauff der Tugend hindern,
Lasst auch die weit von mir seyn,
So der Heyraht gantz entsagen,
Dieß Volck kan ich nicht vertragen,
Habe nichts mit jhm gemein.
Was von Jungfern vnd Gesellen
Sich nicht wil entgegen stellen
Der vergunten Venus Zucht,
Vnd in Amors strengen Schulen
Vngestrafft vnd keusch zu buhlen
Unterricht vnd Vbung sucht,
Kompt! fasst, fertig euch zu wenden,
Bunt gepart, euch bey den Händen,
Merckt voraus auff mein Geheiß,
Braut und Bräutgam müsst jhr bitten,
Daß sie tretten in die Mitten,
Nachmals schliesset einen Kreyß!
Also! halt es deinen Gästen,
Liebster Bräutgam, ja zum besten,
Küss die Wangen deiner Braut!
Küss, es steht in deinen Mächten!
Tantzt jhr andern nach der Rechten,
Tantzt vnd singet vberlaut.
So, ergetz dich bester massen!
Küss, ein ander muß es lassen,
Doch kömpt aller Glück heran,
Niemand mag so elend leben,
Dem sein Theil nicht wird gegeben,
Das er künfftig küssen kan.
Bräutlein, küss den Bräutgam wieder,
Fort, nicht schlag die Augen nieder!
Niemand sieht es, mitler zeit
Wollen wir einmalchen trincken.
Recht so! jhr tantzt nach der Lincken
Vnd singt ferner allerseit:
Eins vmbs ander, nichts vergebens!
Zwar dem Leben deines Lebens
Ist von dir jetzt dieß geschehn;
Doch wenn ist dir der Muth kommen,
Daß du thust, du Bild der Frommen,
Was man nie von dir gesehn?
Harr, die Mutter sol es wissen!
Hat sie dich gelehret küssen,
Sie, der Spiegel aller Zucht?
Ach, du bist versetzet worden
In den kühnen Liebes-Orden,
Dieser Kuß ist dessen Frucht.
Bräutgam, nun wil dir gebühren
Mit der Braut den Tantz zu führen,
Nur weich aus dem Kreyse nicht,
Wir indessen wollen stehen
Vnd die Stimme dir erhöhen,
Die in Frewden also spricht:
Amor schafft dir tausent Schmertzen,
Hüpfft und tantzt in deinem Hertzen,
Man giebt deine Liebste dir
In die rechte Hand zu fassen,
Vnd du soltest vnterlassen
Einen Tantz zu thun mit jhr?
[123]
Tantz, das Wild in dicken Wäldern,
Heerd vnd Hirten auff den Feldern
Tantzen vmb die Sommer-Zeit:
Auch das Schuppen-Heer die Fische,
Das Gevögel im Gepüsche
Werden durch den Tantz erfrewt.
Tantzen nicht die Sonnen-Pferde
Gleichfals täglich vmb die Erde,
Nächtlich Mond vnd Sternelein?
Ja man sagt, diß grosse gantze
Werd' herumb geweltzt im Tantze,
Darumb tantzet jhr auch fein.
O es wollen alle Sachen,
Die du sinnen wirst vnd machen,
Richtig vnd im Tantze gehn!
So wird Vnfall, Angst vnd Leiden
Sich von deinem Hause scheiden,
Alles wird gewünschet stehn.
Bräutlein, nun führ du den Reyen,
Sonsten möchtet jhr euch zweyen,
Auff, wir stehn vnd singen dir:
Tantz, vnd laß dich frölich schawen,
Die zwar jetzt noch der Jungfrawen,
Aber bald der Frawen Zier.
Führen muß kein Frawen-Zimmer,
Doch führ jetzt vnd nachmals nimmer,
Frawen-Bildern stehet zu
Sich bescheiden führen lassen,
Keiner Herrschaft sich anmassen,
Sonst verkehrt sich Glück vnd Rhue.
Schaw, der Monde gibt gewonnen
Vnd weicht gern der grossen Sonnen,
Gold geht vber Silbers Schein,
Hasel-Strauch gibt nach der Eichen,
Frawen müssen Männern weichen,
Sol es anders richtig seyn.
Aber gnug, du wehrter Hauffen,
Lasst vns nun zusammen lauffen,
Jeder halte die er hat:
Keine Noht müss' Euch beleiden,
Tantzet euch in Fried vnd Frewden,
Auch die Nacht durch müd vnd sat.
Sucht der Bräutigam ab-zu-stehen
Vnd ist schläffrig, lasst jhn gehen!
Bräutchen bleib, du kanst nicht hie
Die Gespielen schon verlassen,
Bleib die Nacht noch, solcher massen
Kömpstu nicht mehr vnter sie.

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TextGrid Repository (2012). Dach, Simon. Gedichte. Weltliche Lieder. Hochzeitsgedichte. Reinhold Nauwerck und Barbara Witpahl. Reinhold Nauwerck und Barbara Witpahl. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-6426-8